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Sonst kommt dich der Jäger holen

Sonst kommt dich der Jäger holen

Titel: Sonst kommt dich der Jäger holen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michaela Seul
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hat man gar nicht gemerkt, wie die das aus einem rausgekitzelt hat. Und dann war da eine Flasche Wein gestanden, für die Damen Pralinen. So war das. Da ist keiner krank gewesen, weil man seine Kollegen selbstverständlich nicht im Stich gelassen hat. Da hast du dich auch mit Fieber reingeschleppt.«
    »Vorbildlich!«
    »Ja, machen Sie sich nur lustig. Das war es. Vorbildlich, Herr Kommissar. Und gesundheitsfördernd. Weil das Fieber dann ganz schnell weg war. Weil man gar keine Zeit dafür gehabt hat. Man war stolz darauf, dazuzugehören. So war das damals.«
    »Und dann nicht mehr?«
    »Nein.«
    »Und daran war der Jensen schuld?«
    »Nicht allein, aber auch. Er hat die Alice Ludewig auf die Straße gesetzt, obwohl ihr nur noch wenige Monate gefehlt haben. Er hat ihre Verarmung billigend in Kauf genommen. Er hat langjährigen Lieferanten gekündigt, weil ihm ihr Verpackungsmaterial nicht gefallen hat. Er hat überall schlechte Stimmung gesät. Ich habe das mitgekriegt. Auch wenn ich nur selten im Betrieb war. Das merkt man doch gleich. Schon wenn man zur Tür reinkommt. Wie sie alle die Köpfe hängenließen. Da kannst du nicht erfolgreich arbeiten. Aber das müssen wir doch. Damit Puster Puster bleibt. Überhaupt diese Fusion. So ein Schmarrn! Zwei Firmen, die jede für sich bestens laufen und noch dazu Konkurrenten sind, zusammenlegen und jede weiterhin unter ihrem angestammten Namen firmieren lassen. Da holst du dir den Feind ins eigene Unternehmen! Wer denkt sich denn so was aus! Hirnrissig ist das! Da kommt kein vernünftiger Mensch drauf. Aber das haben die schon gewusst, dass mir das nicht schmeckt. Sie haben mich nicht zur Weihnachtsfeier eingeladen. Das erste Mal seit sechzig Jahren war ich nicht dabei!«
    … und die Welt ist nicht untergegangen, dachte Felix und sehnte sich nach frischer Luft. Rasch überschlug er die Zeitspanne. »An Weihnachten war die Fusion doch noch gar nicht durch?«
    »Das war alles von langer Hand vorbereitet. Denen geht es nur um den Profit. Die Welt wird nicht mehr angenehm für den Menschen gestaltet, sondern angenehm für die Sachzwänge. Die Interessen von Menschen, die spielen keine Rolle mehr. Dagegen muss man etwas unternehmen, da gehört ein Riegel vorgeschoben.«
    »Und das haben Sie gemacht, einen Riegel vorgeschoben«, sagte Felix und dachte: beziehungsweise entsichert.
    »Einer muss es tun. Den Jungen muss man den Weg zeigen. Wenn die immer nur hinter dem Geld herrennen, das sie sowieso nicht haben, wenn die immer nur neues Glump kaufen wollen, das sie gar nicht brauchen. Das macht doch nicht glücklich. Eine Puster, die haben Sie Ihr Leben lang! Der Mensch braucht einen Sinn, und ohne Arbeit findet sich der nicht. Schauen Sie sich um, das muss ich Ihnen doch nicht erzählen, in welcher Gesellschaft aus Feigheit, Dummheit, Ignoranz, Faulheit und Rücksichtslosigkeit wir leben.«
    »Wo haben Sie den Gerd Jensen kennengelernt?«, fragte Felix.
    »Ich war’s.«
    »Bitte was?«
    »Ich hab den erschossen.«
    Plötzlich sah Kreitmayer anders aus. Alles Rosige war wie weggeblasen, straff spannte sich eine nun fast graue Haut über sein Gesicht.
    »Sie behaupten, dass Sie Gerd Jensen«, Felix warf einen skeptischen Blick auf die Krücken, »erschossen haben?«
    »Was heißt hier, behaupten? Ja. Ja, das sage ich. Das gebe ich zu Protokoll. Das ist meine Aussage. Ich habe es getan.«
    »Und wie … haben Sie es getan?«, fragte Felix. Selbstverständlich würde er den Kreitmayer jetzt noch nicht damit konfrontieren, dass Einschusskanal und Winkel auf einen hohen Standpunkt des Täters hinwiesen. Erst mal abschöpfen, kommen lassen.
    »Ich werde ihn wohl nicht erwürgt haben! Wir sind eine Waffenschmiede. Erschossen natürlich.«
    »Und womit?«
    »Das muss ich Ihnen nicht sagen. Ihre Aufgabe ist es, das Puzzle zusammenzubringen. Sie sind Polizist, also müssen Sie jetzt die Spuren suchen, die es der Staatsanwaltschaft ermöglichen, mich anzuklagen. Ich werde doch wohl nicht Ihre Arbeit tun. Ich bin Ihnen ein großes Stück entgegengekommen, das auch Ihre Wegstrecke gewesen wäre, die Sie aber offensichtlich aus eigener Leistung nicht bewältigen konnten. Und jetzt sag ich nichts mehr. Ich bin in Rente. Sie werden bezahlt für Ihre Arbeit. Dazu gehört hoffentlich auch, dass Sie meine ehemaligen Kollegen darüber informieren, dass der Fall nun aufgeklärt ist. Vielleicht könnte Sepp aus der Büchsenmacherei meine Tomaten gießen, der kennt sich aus. Ich war neulich im

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