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Sonst kommt dich der Jäger holen

Sonst kommt dich der Jäger holen

Titel: Sonst kommt dich der Jäger holen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michaela Seul
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Entscheidung auch leichter gefallen, denn damals wusste er zumindest eines: Dass er mit dieser Frau zusammen sein wollte, die noch eine andere war, als die, wie er sie heute sah. Fatalerweise hing das mit den Veränderungen zusammen, die er an ihr festgestellt hatte, seit sie Mutter war. In den ersten Monaten interessierte sie sich ausschließlich für Babythemen, war am liebsten zu Hause, hatte zu stricken begonnen und sich zu einer leidenschaftlichen Köchin gesunder, aber Felix zu wenig gewürzter Nahrung entwickelt. Und im Großen und Ganzen hatte sich danach nicht mehr viel geändert, obwohl Sinah jetzt schon ein Kindergartenkind war. Melanie, die früher einmal eine Sportskanone gewesen war, hatte seit der Geburt von Sinah nur noch einmal an einer sportähnlichen Veranstaltung teilgenommen: dem Rückbildungskurs. Ihre neuen Aktivitäten – Gründung einer Krabbelgruppe, Vorstand einer Elterninitiative für mehr Krippenplätze in München, inklusive politischer Vernetzung mit anderen Städten – fand er zwar richtig und wichtig, aber sie interessierten ihn nicht besonders. Da er zu Hause nichts vom Dienst erzählte, obwohl ihm das manchmal gutgetan hätte, aber Melanie wollte das nicht hören, hatten sie gar kein Gesprächsthema mehr. Daraus hatte sich im letzten Jahr ihrer Beziehung das große Hauptthema entwickelt: Du verstehst mich nicht. Felix hatte begonnen, zusätzlich zu seinem Krafttraining für den Münchner Marathon zu trainieren, manchmal mitten in der Nacht, wenn er es daheim nicht mehr aushielt und lang genug am Bett von Sinah gesessen und sie im Voraus um Verzeihung gebeten hatte für den Fall, dass er vielleicht irgendwann einmal ausziehen sollte. Und er hatte ihr versprochen, dass er dann zwar ein seltener, aber ein besserer Papa wäre, weil er nicht dauernd mit Mama streiten würde. Obwohl die Beziehung mit Melanie gescheitert war, würde er nichts rückgängig machen wollen, denn aus all diesem Unglück war das größte Glück seines Lebens erwachsen: Sinah.
    Er starrte auf das F & F , unter dem er Franza gespeichert hatte. Es bedeutete nicht Franza Fischer, sondern Franza und Flipper oder Flipper und Franza. Er musste sie anrufen. Er wollte sie nicht mit ihrer Sorge, schwanger zu sein, allein lassen. Und er wollte nichts damit zu tun haben. Nicht noch ein Problem. Er drückte die erste ihrer Nachrichten auf das Display und dann die folgenden; auf die Mailbox hatte sie ihm nicht gesprochen, kein gutes Zeichen, wie er befürchtete.
    Laika exhumieren lassen!
    Habe das rote Telefon aktiviert.
    Als Kind habe ich mir immer ein eigenes Pferd gewünscht. Jetzt weiß ich, wo ich reiten kann. Kommst du mit?
    Er las die Nachrichten mehrere Male. Dann grinste er. Er hatte keine Ahnung, was sie bedeuten sollten, doch sie gefielen ihm. Schwanger war sie demnach nicht. Sie hatte sich bestimmt etwas dabei gedacht, sie hatte sich wahrscheinlich sogar sehr viel dabei gedacht, das war das Faszinierende an ihr, wie sie sich die Dinge zurechtdachte, so was von schräg und unberechenbar, diese Frau. Und süß. Wie die kucken konnte mit ihren blauen Augen. Und ihr Lachen. Wenn die lachte, dann war alles so hell und leicht. Und außerdem war sie atemberaubend. Diese Beine mit den schlanken Fesseln. Ihre anmutigen und kraftvollen Bewegungen. Und ihr Mund mit dieser hingehauchten Zahnlücke zwischen den Vorderzähnen. Aber das alles kriegte man nicht umsonst. Ihr Vertrauen musste man sich erobern. Immer wieder aufs Neue. Verdammt hart im Nehmen war sie obendrein. Er spürte seine Oberschenkelmuskulatur heute noch. Und manchmal so weich, immer nur Sekundenbruchteile, keinen ganzen Atemzug, eher die Idee davon gönnte sie ihm, dann schloss sich die Schale wieder. Für jede Ahnung von Nähe musste er im Nachhinein büßen. Das reizte ihn. Und regte ihn auf. Er fand es albern. Und witzig. Franza Fischer war irgendwie von allem zu viel. Und zu wenig.
    Ich hätte mich mal melden sollen, dachte Felix. Zwei Tage war er praktisch untergetaucht. Aber das hatte ihm gutgetan. Er hatte es so gemacht wie früher. Am liebsten hätte er sich den Flipper dazu ausgeliehen, denn natürlich verstand er sich mit dem besser als mit seinem neurotischen Frauchen, die es hasste, wenn sie Frauchen genannt wurde. Franza war die Chefin , das war auch ein Problem, weil Chefinnen Felix magisch und magnetisch anzogen. Leider blieben sie das oft nicht. Sobald Gefühle ins Spiel kamen, wurden sie zu … Frauchen. Die hier nicht. Die würde Chefin

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