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Sophia oder Krieg auf See

Sophia oder Krieg auf See

Titel: Sophia oder Krieg auf See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Braband
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als freien Mann stürmisch.
    Corin sah man die Zurückhaltung an. Aber ein Lächeln konnte er sich ob der vielen Hände, die ihm auf die Schultern schlugen, nicht verkneifen.
    »Wie war noch mal dein Name, Junge?«, raunte Claas deutlich leiser als sonst und wuschelte mit seiner rechten Pranke durch Corins Haare. »Corin«. Claas packte den Jungen bei den Schultern und schüttelte ihn freundschaftlich. »Ich vergesse niemals, wenn mir jemand das Leben gerettet hat, Corin«, sagte Claas in eindringlichem Ton. Dann hob er einen Arm und adressierte die gesamte Meute. »Willkommen in der Familie, Corin!«. Die Familie war außer sich vor Begeisterung und Corin befiel die Sorge, noch eine weitere Hand, und seine Schultern würden einfach abreißen und auf den Boden fallen.
    Johan fing wieder an zu fiedeln und Corin wurde zur Feuerstelle bugsiert.
    Weiter hinten, im Dunkeln, stand Broklas, der die Szenerie genau beobachtet hatte. »So fängt es immer an«, murmelte er leise vor sich hin und hob besorgt die Augenbrauen.
    »So fängt es immer an«.

    77 Das Bier hatte meist deutlich weniger Alkohol als heute und war deshalb Grundnahrungsmittel noch vor dem viel zu schmutzigen Süßwasser.

15 Dreieinhalb Tage später kam Gotland in Sicht.
    Mit wachsender Begeisterung hatte sich Corin die Zeit als Hilfskraft für Broklas‘ Forschungen vertrieben.
    Er hatte zwar immer noch nicht verstanden, was der Wissenschaftler eigentlich trieb, aber die Sterne faszinierten ihn. Und mit den Sternen hatte Broklas eine ganze Menge getrieben. Mit einer runden, reich verzierten Metallscheibe, auf der einige Kreise, Wellen und Unmengen von Zahlen eingraviert waren, konnte man die Höhe einzelner Sterne über dem Horizont messen. Broklas nannte das handliche Gerät einen Astrolab 78 und gab auch auf beharrliche Nachfragen von Corin, woher denn das ungemein wertvoll aussehende Stück gekommen war, partout keine Auskunft.
    Das geheimnisvolle Gerät in Broklas’ Kasten war ein Nachbau dieses kleinen Astrolabs, hatte jedoch einige weitere Vorrichtungen um Himmelobjekte noch exakter anpeilen zu können. Es trug nicht gerade zur Verbesserung seiner Stimmung bei, dass Broklas seinen größeren Nachbau während der Fahrt nach Gotland nicht aufbauen und nutzen durfte. Claas hatte vermutlich Angst sich der Lächerlichkeit Preis zu geben, hätten befreundete Piraten von den aufwändigen Experimenten des Wissenschaftlers an Bord des Raben Wind bekommen.
    Broklas hatte ein großes Buch, in das er die maximale Horizonthöhe von bestimmten Sternen eintrug. Diese Höhe in Grad nannte er Zenithdurchgang und war zugleich ein Maß für die geografische Breite an der man sich auf der Erdkugel befand. Corin wusste ohnehin schon, dass die Erde keine Scheibe 79 war – aber was Broklas so alles an Zahlenkunststückchen mit Sonne, Mond und Sternen drauf hatte, war einfach unglaublich.
    »Das ist sie also«, knurrte Broklas als er auf den Hafen von Visby blickte, und schlug das große Buch zu. »Die Hauptstadt von Gotland. Einst selbst mächtige Hansestadt der Kaufmannsliga, jetzt nur noch…«. Er fand keinen befriedigenden Superlativ, der die Verkommenheit und das Chaos an diesem Ort adäquat wiedergab und winkte deshalb nur abwertend mit einer Hand.
    Corin reckte sich über die Reling, ganz so, als ob er das Ziel damit ein wenig deutlicher erkennen könnte. Die neue Hose und Weste aus Leder, die Corin aus dem Beutelager des Raben bekommen hatte, knarzten angestrengt. »Was ist aus den Einwohnern geworden?«. »Die hatten keine bessere Wahl als sich zu arrangieren«, wusste Broklas zu berichten.
    Der Hafen Visbys war von einem flachen, schützenden Steinwall umgeben. An den hölzernen Kaimauern, Piers und Stegen lagen rund zwei dutzend Segelschiffe, von der kleinen Kogge 80 bis zum dreimastigen Holk 81 in der Größe des Roten Raben.
    Und überall waren Piraten. Das Geschrei und Gejohle war selbst aus der Entfernung nicht zu überhören. Die Seeräuber gingen allen nur erdenklichen sinnhaften und sinnlosen Tätigkeiten nach, manche waren dabei Schiffe zu entladen, andere nahmen Reparaturen vor, die meisten jedoch amüsierten sich einfach nur prächtig.
    Vom Hafen aus führten mehrere Tore durch die gewaltige Festungsmauer hinein in die Stadt. Corin sah mächtige Gebäude hinter den Wallanlagen und einer der Kirchtürme trug ein protziges, goldenes Kreuz auf der Spitze, welches so auffällig das Sonnenlicht reflektierte, dass Corin hätte schwören können, die

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