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Sophie Scholl

Sophie Scholl

Titel: Sophie Scholl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Beuys
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vervollkommnet, besonders ob ihrer Härte, die über alles noch einen Schimmer von großem Wert legte, der Schimmer von einem großen Beginnen, da nicht viel solchen Wert besitzt, dass sich die Mühe dieser Fahrt lohnt.« Was folgt, ist die Schilderung einer heroischen Fahrt: von Regen durchnässt, vorbei an steilen Abgründen, dazu bald im Dunkeln und ohne Licht, »wie auf einem wilden Gaul, so sauste ich durch die Kurven«. Das schafft nur ein Teufelskerl wie der fast zwanzigjährige Aicher und findet auch noch Vergnügen daran: »Vor lauter wildgewordener Lust fing ich noch die tollsten Lieder an in die Nacht hinauszuschreien, damit mich der Teufel vom Roche du Diable nicht aufhalte.« In vier Stunden bewältigt er die rund siebzig Kilometer.
    Angekommen, gab es eine unangenehme Überraschung: »Am Kasernentor wurde mir dann gleich eröffnet, dass die ganze Batterie wegkommt nach dem Osten …« Otl Aichers erster Gedanke gilt seinem Lieblingsprojekt: »Es ist jetzt also so weit, dass du die Umschläge zum ›Windlicht‹ beschriften musst oder gar bemalen, sofern es geht.« Offenbar hatte Sophie Scholl für diesen Fall ihre Zustimmung gegeben, Otl Aichers Arbeit zu übernehmen. Aicher ist das jedoch nicht genug: »Damit du jetzt schon ein wenig die Formen in Deine Bewegung bekommst, schick ich Dir ein Blatt mit Buchstaben mit.« Und weiter geht es mit Anforderungen: »Vielleicht kannst Du auch jetzt so nebenher mal eine Skizze für einen Umschlag machen, etwa eine Vignette zum Münsterbau für das Münsterheft usw.« Sophie Scholl, die nicht weiß, wie sie mit ihrer Arbeit in Blumberg über die Runden kommen soll, muss Schriften und Skizzen üben – für ein dünnes Heft, das an ein halbes Dutzend Freunde verschickt und höchstwahrscheinlich von der Gestapo mitgelesen wird. Ach ja, das ist immer noch nicht alles: »Und dann vergiss auch den Brief über die Musik nicht!« Eine Reaktion von Sophie Scholl auf diesen Brief gibt es nicht. Auch über die Stunden in Münster hat sich von ihrer Seite nichts erhalten. Ein großes Beginnen: wozu?
    Inge Scholl, Otl Aicher in Liebe und Freundschaft verbunden, kennt seinen Brief an Sophie nicht, dennoch ist sie aufgeschreckt. Am 18. März schreibt sie in ihr Tagebuch: »Von Sofie erhielt ich einen Brief mit einem Bild Otl’s, das er mir vor längerer Zeit auch gesandt hat. Sie schrieb mir, sie wolle es mir schenken, falls ich es noch nicht besitze. Ich muss sagen, ich habe es nicht gerade mit klaren Gefühlen aufgenommen. Mein Stolz regte sich und vielleicht auch etwas anderes. Von Sofie war es jedenfalls lieb und großartig. Ich werde es ihr wieder senden und dasselbe, das ich besitze, möglichst gut aus meiner greifbaren Nähe tun.« Einen Tag danach bekommt Sophie Scholl einen Brief von ihrer Schwester: »Es ist zu lieb von Dir, dass Du mir das Bild von Otl schenken wolltest. Doch nun besitze ich es schon und will es Dir gleich wieder zurückgeben. Ich freu mich für Dich und für Otl (und für mich!), dass der Sonntag in Münster so schön war.« Sie war zur gleichen Zeit spazieren, ihre Gedanken seien zu den beiden gewandert, und in Gedanken an sie habe sie sich über den blauen Himmel gefreut.
    Dass Otl Aicher wahrscheinlich nach Russland muss, habe sie so bedrückt, »dass mir ganz schwindelig wird«. Aber man bekomme das rechte Verhältnis zum Schmerz und zur Angst, »wenn wir uns an Gott klammern. An Gott klammern aber nenne ich die letzte und mühevollste Möglichkeit des Willens, alles andere muss die Gnade tun.« Dann macht sich Inge Scholl Gedanken über ihre schwesterliche Beziehung. Sie sei froh, wenn Sophie wieder in Ulm ist: »Wir wollen dann eben uns üben, unsere Eigenarten zu tragen und in die Liebe einzuschließen, unsere Unarten uns aber gegenseitig abzubitten.« Sie fürchte »solche Dinge« zwischen ihr und Sophie – »und das ist doch lächerlich!« Dieser Absatz steht ziemlich unvermittelt am Ende des Briefes, der mit einem Ereignis beginnt, dass Inge Scholls Gefühle verletzt hat – primär durch Otl Aicher. Das aber kann sie nicht ansprechen.
    Vielleicht suchen sich in diesem Brief Gefühle eines diffusen Unbehagens ein Ventil, das unbewusst auch Sophie Scholl einschließt. Inge Scholl weiß, wie sehr Otl Aicher ihre jüngste, kluge, gut aussehende Schwester schätzt. Und nun haben die beiden »einen Sonntag« – der tatsächlich einen Abend und eine Nacht umfasste, auch das weiß Inge Scholl – zusammen verbracht. Der Verweis auf ein

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