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Sophie Scholl

Sophie Scholl

Titel: Sophie Scholl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Beuys
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Robert Mohr, dass die Vernehmung zu Ende geht. Er stellt eine »Schlussfrage«: Ob sie nicht doch zu der Auffassung kommt, dass ihr Vorgehen ein »Verbrechen gegenüber der Gemeinschaft … insbesondere unserer im Osten schwer und hart kämpfenden Truppe« sei, »das die schärfste Verurteilung finden muss?« Sophie Scholls Antwort ist eindeutig: »Von meinem Standpunkt muss ich diese Frage verneinen. Ich bin nach wie vor der Meinung, das Beste getan zu haben, was ich gerade jetzt für mein Volk tun konnte. Ich bereue deshalb meine Handlungsweise nicht und will die Folgen, die mir aus meiner Handlungsweise erwachsen, auf mich nehmen.« Noch ein Satz fürs Protokoll – »Laut diktiert und auf nochmalige Nachlesung und Überprüfung verzichtet« –, dann unterschreibt Sophie Scholl und wird zurück in ihre Zelle gebracht.
    In der Zelle ist Sophie Scholl ganz für sich allein, es sei denn, sie redet mit Else Gebel. Sie befindet sich seit zwei Tagen auf einer Insel, isoliert, ungestört und völlig im Ungewissen, was draußen in der Welt vor sich geht. Sie nimmt nichts wahr von den hektischen Aktivitäten zwischen den politischen Akteuren in München und Berlin. In München drängt der nationalsozialistische Gauleiter Paul Giesler darauf, dass die Verhafteten umgehend vom höchsten deutschen Gericht, und zwar in München, abgeurteilt werden. Noch am Freitag erreicht er, dass Hans Scholl und Christoph Probst aus der Wehrmacht und damit der Militärgerichtsbarkeit entlassen werden. Der Weg ist frei für eine Verhandlung vor dem Volksgerichtshof, der für Hoch- und Landesverrat zuständig ist. Giesler bittet die Münchner Gestapo-Sonderkommission, »die Aburteilung in den nächsten Tagen hier und die Vollstreckung alsbald darauf vorzunehmen«. Der Gauleiter, bei dessen Rede vor Münchner Studenten am 13. Januar im Deutschen Museum ein skandalöser Tumult ausbrach, will ein Exempel statuieren. Giesler hat gute Verbindungen zu Martin Bormann, dem Leiter der Berliner Parteikanzlei und einer der mächtigsten Männer im nationalsozialistischen Machtapparat. Giesler erreicht sein Ziel: Der Prozess wird umgehend vor dem 1. Senat des Volksgerichtshofes unter seinem Präsidenten Roland Freisler verhandelt; das Gericht wird für die Verhandlung nach München kommen.
    Der Volksgerichtshof, mit dessen Gründung 1934 das politische Strafrecht im Deutschen Reich wesentlich erweitert und verschärft wurde, war ein Gericht von Hitlers Gnaden. Gegen seine Urteile gibt es keine Berufung und keine Revision. Der Jurist Roland Freisler, seit 1925 Mitglied der NSDAP, schrieb nach seiner Ernennung zum Präsidenten im Herbst 1942 an Adolf Hitler, »der Volksgerichtshof wird sich stets bemühen, so zu urteilen, wie er glaubt, dass Sie mein Führer, den Fall selbst beurteilen würden«. Nun endlich hatte der Neunundvierzigjährige in München einen spektakulären Fall, um sich als »politischer Soldat« Hitlers zu beweisen. Noch am Samstag, dem 20. Februar, zahlt das Rechnungsamt des Volksgerichtshofs in Berlin Abschlagzahlungen auf zwei Reisekostenvergütungen aus. Zum einen 250 Reichsmark »für eine Dienstreise nach München vom 20. bis voraussichtlich 22.2., an der teilnehmen Präsident Dr. Freisler, LGDirektor Stier, Just. Oberwachtmeister Kosemund«. Außerdem wurden »dem Reichsanwalt Weyersberg auf Ansuchen für eine Dienstreise von Berlin nach München und zurück vom 20. bis 22.2.43 als Abschlag RM 180 zugewiesen«. Freisler nahm den Schlafwagen über Nürnberg, der Reichsanwalt den über Regensburg.
    Zu diesem Zeitpunkt stand fest, es würde drei Angeklagte geben. Denn Christoph Probst, am Freitag bei seiner Studentenkompanie in Innsbruck verhaftet und ins Wittelsbacher Palais nach München überführt, legte am Samstag, dem 20., ein Geständnis ab. Ja, er habe den von Hans Scholl zerrissenen Entwurf für ein Flugblatt geschrieben, Ende Januar in einem Zustand »psychotischer Depression«. Seine Frau war nach der Geburt des dritten Kindes schwer erkrankt, und die ungünstige militärische Situation in Stalingrad habe ihm Angst gemacht, was die Zukunft seiner Kinder betraf. Er sei »in politischer Hinsicht uninteressiert, erkenne jedoch die Notwendigkeit der heutigen Regierungsform an«. Irgendwelche Kenntnisse über die Flugblatt-Aktionen oder gar eine Beteiligung wies er strikt von sich. Es konnte Probst außer dem Entwurf, den nur Hans Scholl gesehen hatte, nichts nachgewiesen werden. Als Sophie Scholl mit Hilfe von Else Gebels

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