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Sophie Scholl

Sophie Scholl

Titel: Sophie Scholl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Beuys
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wusste nach seiner Festnahme in der Franz-Joseph-Straße und den anderthalb Tagen in der Zelle vom Wittelsbacher Palais, dass Hans und Sophie Scholl verhaftet und im Gestapo-Gefängnis waren. Er ist nach Ulm zurückgefahren, hat über seine Rückkehr – ein Telefonat mit Inge Scholl liegt nahe – informiert, ist aber nicht in der Wohnung am Münsterplatz aufgetaucht. Auch er schafft es nicht, die Familie, die ihm seit Jahren näher ist als seine eigenen Eltern, mit dem zu konfrontieren, was er weiß. Kann es sein, dass Otl Aicher allein sein muss, um seine mögliche Verwicklung in das Drama zu bedenken, zu betrauern? Weil er bei Hans und Sophie Scholl eine Reaktion ausgelöst hat, die mit seiner Übermittlung der verschlüsselten Botschaft von Hans Hirzel zusammenhängt? Er habe das Code-Wort am Mittwochabend nicht per Telefon an Hans Scholl weitergegeben, das ist seine Erinnerung viele Jahre später. Doch ist vielleicht sein Brief an Carl Muth vom 10. Oktober 1943 näher an der Wahrheit? Nur acht Monate nach der Katastrophe hatte er dem Freund in Bezug auf Sophie Scholl geschrieben: »Ich weiß auch, wie ich selbst in diesen Tod verflochten bin. Sie hat mir in Bad Hall alles dargelegt, ohne dass ich auch nur im Entferntesten hätte auf diese Dummheit schließen können.«
    20. Februar, Samstag – In Ulm gibt es eine große, gute Überraschung: Werner Scholl steht vor der Tür; er hat völlig unerwartet ein paar Tage Heimaturlaub von der russischen Front bekommen. Die Freude wird sich mit viel Bitterkeit gemischt haben. Denn ob vor oder nach seiner Ankunft: An diesem Tag wird Traute Lafrenz die Wahrheit erzählt haben – warum Hans und Sophie Scholl nicht mit ihr nach Ulm fahren konnten. Es muss ein Schock gewesen sein. Irgendwann haben die Eltern beschlossen, ihre Tochter Elisabeth, die seit gestern bei Familie Scheringer mit ihren sieben Kindern auf dem Dürrnhof arbeitete, vorläufig nicht zu informieren. Die Scholls und Traute Lafrenz werden viel miteinander geredet und versucht haben, sich gegenseitig zu stützen. Auch überlegen, was sie tun können – nach München fahren? Die Freunde von Sophie und Hans dort anrufen? Carl Muth um Rat fragen? Sie mussten bedenken, dass Menschen außerhalb der Familie, die sie jetzt kontaktierten, in Verdacht geraten würden. Alle bleiben vorläufig in Ulm und sprechen mit niemandem sonst.
    In München wurde Sophie Scholl an diesem Samstag zu einem weiteren Verhör aus der Zelle geholt. Hans Scholl war schon am Freitag wieder vernommen worden und hatte gestanden, auch für die »Flugblätter der Weißen Rose« vom Sommer 1942 verantwortlich zu sein. Robert Mohr hatte in diesem Zusammenhang weitere Fragen an Sophie Scholl. Sie bestreitet, »sowohl mit der Abfassung, der Herstellung oder Verbreitung dieser Schrift auch nur das Geringste zu tun zu haben«. Robert Mohr geht es vor allem darum, ihr möglichst mehr und neue Fakten über Schmorell, Graf und weitere Mittäter zu entlocken. Aber Sophie Scholl bleibt bei ihren vorherigen Aussagen. Sie versucht weiterhin, die aktive Beteiligung von Graf und Schmorell zu verschleiern, und nennt auch keine weiteren Namen im Umkreis ihrer heimlichen Aktivitäten. Nein, die Geschwister hätten das alles alleine machen können. Nein, es gab keine Geldgeber; mal hätten sie geringe Beträge bei Schmorell oder Probst geliehen, sonst alles Nötige für die Flugblätter und deren Versand mit eigenem Geld gekauft.
    Weil das wenig glaubwürdig klingt, gibt Sophie Scholl schließlich zu Protokoll, dass ihr Fritz Hartnagel im Jahre 1942 einen Betrag von insgesamt 300 Reichsmark zur freien Verfügung gestellt habe. Natürlich ohne im Geringsten zu ahnen, was sie damit anstellen würde. Ausführlich nennt sie seinen Rang in der Wehrmacht, seinen Einsatz und seine Erfrierungen in Stalingrad. Zweifellos in der Hoffnung, ihn damit vor Nachfragen und Verdächtigungen zu schützen. Sie beginnt ihre Einlassung über Fritz Hartnagel, dessen Name in der Befragung bisher nicht gefallen ist, mit der Aussage: »Seit 8 oder 9 Jahren bin ich mit Fritz Hartnagel, 26 Jahre alt, aus Ulm, bekannt.« War das nicht genug über ihre Beziehung für die Gestapo-Akten? Nein, Sophie Scholl möchte mehr aktenkundig machen und erklärt Robert Mohr: »Mit Hartnagel verbindet mich seit 1937 ein Liebesverhältnis, und wir hatten auch die Absicht, uns später einmal zu heiraten.« Die Liebeserklärung aus den Gestapo-Akten klingt wie ein Vermächtnis.
    Endlich signalisiert

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