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Sophie Scholl

Sophie Scholl

Titel: Sophie Scholl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Beuys
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fünfzehnjährige Sophie Scholl betrifft: Sie ist mit den wenigen Zeilen ihres Briefes sofort präsent und füllt den Raum; schnörkellos, geradeaus, mit einem sehr eigenen Ton, mit Witz und provokanter Ironie. Sie weiß, gegenüber Lisa Remppis kann sie sich diesen Ton erlauben, da gibt es keine Missverständnisse. Und sie grüßt die zwei Jahre jüngere Freundin mit ihrem vertrauten Spitznamen »Sofer«, manchmal auch »Soffer«, der nur Menschen in ihrer engsten Umgebung vorbehalten ist.
    Sophie Scholls Selbstbewusstsein, das aus diesem Brief spricht, bestätigt Susanne Hirzel, die gleichaltrige Ulmer Freundin, in ihrer Erinnerung an ein Erlebnis aus dieser Zeit. Sophie und Susanne trampen zum ersten Mal: »Als es Abend wurde, wollten wir in einem Dorf an der Iller übernachten. Wir sind schließlich einfach in eine Scheune reinmarschiert und haben uns dort ins Heu gelegt.« Als sie fast schon schliefen, öffnete ein Mann das Tor, rief »Schlaft auch gut, ihr Mädchen« und versteckte sich im Dunkeln. Eine Weile rührten sich die beiden nicht, voller Angst. Dann »stand Sophie auf, ging zum Tor, wo sie beim Eintreten einen Lichtschalter gesehen hatte, und knipste dort das Licht an. Sie war schneidiger als ich. Als wir wieder in unserem Heu versteckt waren, knarrte nach einiger Zeit das Scheunentor, weil sich der Mann davonmachte«. Für Susanne Hirzel ist ihre Freundin Sophie in diesen JM-Jahren schneidig, aber auch »humorvoll, gescheit, unternehmungslustig und ziemlich übermütig«.
    Und zugleich nicht weniger pflichtbewusst als ihre älteste Schwester. Sophie Scholl sagt die Reise zu Lisa ab, weil sie »mit den J. M. was machen muss«. Gemeint ist ihre Jungmädelgruppe – eine Scholl macht keine halben Sachen und erwartet, dass ihre beste Freundin das versteht. Der Brief an Lisa Remppis im Oktober 1936 ist der erste, der sich von Sophie Scholl erhalten hat und bis weit ins nächste Jahr der letzte.

IN BRAUNER UNIFORM AM ALTAR

Oktober 1936 bis April 1937
    Am 1. Dezember 1936 wurde per Gesetz »die gesamte deutsche Jugend innerhalb des Reichsgebietes in der Hitlerjugend zusammengefasst«. Das bedeutete, die HJ – und damit auch BDM und JM – wurde aus der Organisation der NSDAP gelöst und zur Staatsjugend erklärt. »Außer in Elternhaus und Schule« sollte die gesamte Jugend von nun an in der HJ »körperlich, geistig und sittlich im Geiste des Nationalsozialismus zum Dienst am Volk und zur Volksgemeinschaft« erzogen werden. Dienst am Volk, Volksgemeinschaft – das sprach den meisten Deutschen aus dem Herzen. Und die meisten Deutschen waren am Jahresübergang 1936/37 mehr denn je überzeugt, dass niemand mehr für das Volk und die Gemeinschaft der Deutschen getan und erreicht hatte als ihr Führer Adolf Hitler.
    Am 30. Januar 1937 war es vier Jahre her, dass der greise Präsident Hindenburg den tatendurstigen Vorsitzenden der NSDAP zum Reichskanzler ernannt hatte. Die Ulmer Kirchen riefen zu Gottesdiensten, und das »Ulmer Tagblatt« schrieb an diesem Festtag: »Vier Jahre der Erfüllung: In gläubiger Zuversicht feiert das deutsche Volk den Jahrestag der Machtübernahme.« Natürlich war alles Erreichte »des Führers Werk«. Und auf die deutsche Jugend war Verlass: »Dem Führer verschworen: die Ulmer Hitlerjugend steht geschlossen.« Sie stand nicht nur im Geiste hinter dem Führer, sondern wie immer bei solchen Anlässen in Reih und Glied auf dem Münsterplatz. Sophie Scholl wird mit ihren Söflinger Jungmädeln dabei gewesen sein.
    In Berlin kam der Reichstag zusammen, in dem seit dem Sommer 1933 nur Vertreter der NSDAP saßen. Adolf Hitler nutzte die Gelegenheit, einen »Rechenschaftsbericht« über vier Jahre Nationalsozialismus abzulegen. Er präsentierte sich als Friedenskanzler, nach außen wie nach innen: »Dies war vielleicht die erste neuere Revolution, bei der noch nicht einmal eine Fensterscheibe zertrümmert wurde.« Lediglich für »unbeherrschte Elemente«, so der Reichskanzler, gab es »Sicherheitsverwahrung, um sie im allgemeinen schon nach kurzer Zeit wieder in den Besitz der Freiheit zu setzen«. Hitler blieb seiner Strategie treu – zuerst die dreiste Lüge, um im gleichen Atemzug mit der ungeschminkten Wahrheit zu drohen, was die Zukunft im nationalsozialistischen Deutschland betraf: »Und von jedem Deutschen muss ich verlangen: Auch du musst gehorchen, sonst bist du niemals würdig, zu befehlen. Dazu werden wir unser Volk erziehen und über Eigensinn oder Dummheit des

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