Sophies größte Sehnsucht
streckte sich gähnend, legte sich auf den Boden und schlief übergangslos ein. Lucy dagegen wirkte topfit. Mit roten Wangen kam sie endlich an den Tisch.
„Wasch dir bitte noch die Hände!“, befahl Lark seiner Tochter und wandte sich dann Sophie zu. „Jetzt haben wir die Bescherung“, raunte er ihr zu, während er ihr Wein nachschenkte. „Sie hat mich gebeten, Sie zu fragen, ob wir ihn nicht behalten können.“
Sophie seufzte. Daran hatte sie auch schon gedacht. „Und ihm würde es hier wahrscheinlich auch besser gefallen als bei mir in der Stadt.“
„Das heißt, wir können ihn behalten?“, rief Lucy hinter ihr.
Da hatte sie wohl etwas zu laut gesprochen.
Lark verzog das Gesicht, bedeutete Lucy, sich hinzusetzen und brachte den dampfenden Braten auf den Tisch.
„Nein, das heißt, Sophie hat nur laut gedacht. Nicht wahr?“, sagte er zu Sophie gewandt.
„Richtig. Ich meine …“
Lucy schaute sie flehend an. „Ich hab doch bald Geburtstag. Und ich hab mir von Daddy ein Hundebaby gewünscht, genauso eins wie deins. Er ist soooo süß.“
Ihre überschäumende Freude war ansteckend, und normalerweise hätte Sophie Lucys Gesellschaft genossen. Aber sie fühlte sich zu dem Vater viel zu sehr hingezogen, und jeder Moment mit den beiden erinnerte sie daran, was sie selbst nicht haben konnte. Nicht mit ihm und mit niemand anderem.
„Ich hoffe, es schmeckt so gut, wie es aussieht“, bemerkte Lark, als er aufstand, um das Huhn zu tranchieren.
„Bestimmt, Daddy.“
„Dann lasst es euch schmecken. Sophie, teilen Sie die Beilagen aus?“
Die ganze Szene war so vertraut, so heimelig. Als ihre Blicke sich über dem Braten trafen, wünschte Sophie sich von ganzem Herzen, sie wäre die Mutter dieses wundervollen kleinen Mädchens und Lark ihr Mann. Dann würde diese kleine Familie sie glücklich machen, statt ihr das Herz zu brechen.
Schnell senkte sie den Blick, damit niemand ihre Tränen sah.
10. KAPITEL
„Ich hoffe, es schmeckt euch?“ Ein bisschen stolz war Lark auf seine Kochkünste schon.
Lucy lächelte nur zufrieden und schob gleich wieder einen Bissen in ihren bereits vollen Mund.
„Das Huhn ist perfekt“, lobte Sophie.
„Der Truthahn“, korrigierte er und zwinkerte Sophie zu, als Lucy gerade nicht hinsah.
Jetzt lächelte sie endlich. Darauf hatte er schon die ganze Zeit vergeblich gewartet. Dieses sanfte Lächeln, mit dem sie ihn jedes Mal wieder überraschte.
„Natürlich. Der Truthahn.“
„Und jetzt muss ich wohl zugeben, dass das der einzige Teil des Festessens ist, den ich nicht selbst gemacht habe.“
Sie brach in Lachen aus, und der melodische Klang stimmte ihn fröhlich.
„Alles andere schmeckt aber auch fantastisch“, sagte sie tröstend.
Volltreffer. Seine Tochter war glücklich – wenn auch vielleicht hauptsächlich wegen des Hündchens – und für sie hatte er das Festessen ja organisiert. Und Sophie schien es wenigstens zu schmecken. Jetzt musste er lachen, und Lucy lachte mit ihm. Ihm fiel ein Stein vom Herzen.
„Um ganz ehrlich zu sein“, fuhr er fort, „ist nicht nur der Vogel gekauft, sondern auch die Füllung. Ich habe das alles nur fachmännisch aufgewärmt.“
Ermutigt, dass sie endlich wieder lachte und sich zu entspannen schien, berichtete er weiter. „Die Cranberrysoße ist auch aus der Flasche, und das Kartoffelpüree gab es vorgefertigt. Aber ich wollte ja, dass ihr das Essen genießt, und da war das die bessere Alternative.“
„Mom hat auch immer alles im Supermarkt gekauft“, warf Lucy ein.
Lark verzog das Gesicht. „Ja, das hat sie. Aber Mom ist in Kalifornien“, fügte er schnell hinzu „Und irgendwann kommt sie dich sicher hier besuchen.“
„Ja, vielleicht.“
„Lucy und ich haben uns letztens darüber unterhalten“, sagte Sophie. „Ich habe ihr erzählt, dass ich dasselbe erlebt habe und dass es etwas ganz Besonderes ist, wenn man nur einen Vater oder nur eine Mutter hat.“
Am liebsten wäre er aufgesprungen und hätte sie geküsst. Das war der Trost, den Lucy brauchte. Und er ebenso.
Jetzt verstand er auch die besondere Stimmung, die die beiden umgeben hatte, als er von seinem Pferdekauf nach Hause kam. Offensichtlich hatte Lucy sich Sophie anvertraut. Das machte ihn unerwartet glücklich.
Doch jetzt war von der schönen Vertrautheit der beiden nicht mehr viel zu spüren. Im Gegenteil, Lucys Anblick schien Sophie von Minute zu Minute trauriger zu machen.
Im Stillen hatte er gehofft, sie würden sich vielleicht
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