Sorge dich nicht - lebe
ein.
Als ich aufwachte, wusste ich nicht, wo ich war. Ich war zu Tode erschrocken. Vor mir standen zwei kleine Kinder, die wohl hereingekommen waren, um den Christbaum zu betrachten. Das eine Kind, ein kleines Mädchen, wies auf mich und sagte: ‹Ob die der Weihnachtsmann gebracht hat?› Die Kinder erschraken, als sie merkten, dass ich wach war. Ich sagte, dass ich ihnen nichts tun würde. Sie waren sehr schäbig angezogen. Ich fragte sie, wo ihre Eltern seien. ‹Wir haben keine Eltern›, erwiderten sie. Vor mir standen zwei kleine Waisen, die viel schlimmer dran waren, als ich es je im Leben gewesen war. Ich schämte mich wegen meines Kummers und meines Selbstmitleids. Ich zeigte ihnen den Weihnachtsbaum und ging mit ihnen in einen Drugstore, wo ich ihnen etwas zu trinken kaufte, Süßigkeiten und ein paar Geschenke. Meine Einsamkeit war wie durch Zauberei verschwunden. Die beiden kleinen Kinder schenkten mir ein Gefühl von echtem Glück, wie ich es seit Monaten nicht mehr gespürt hatte. Ich vergaß meine Probleme völlig. Während ich mich mit ihnen unterhielt, wurde mir bewusst, wie gut ich es gehabt hatte. Ich dankte Gott, dass die Weihnachtsfeste meiner Kindheit erhellt gewesen waren von elterlicher Liebe und Zärtlichkeit. Jene beiden kleinen Waisen taten viel mehr für mich als ich für sie. Diese Erfahrung zeigte mir wieder einmal, wie wichtig es ist, andere Menschen glücklich zu machen, damit man selbst glücklich wird. Ich entdeckte, dass Glück ansteckend ist. Wenn wir geben, bekommen wir etwas wieder. Ich half andern und schenkte ihnen meine Liebe und konnte dadurch Ängste und Kummer und Selbstmitleid besiegen. Ich fühlte mich wie ein neuer Mensch. Und ich war auch ein neuer Mensch – nicht nur damals, sondern ich bin es in all den Jahren danach geblieben.»
Glück ist ansteckend. Wenn wir geben, bekommen wir etwas wieder.
Ich könnte ein Buch füllen mit Geschichten von Leuten, die ihre eigenen Probleme vergaßen und gesund und glücklich wurden.
Nehmen wir zum Beispiel den Fall von Margaret Tayler Yates, einer der beliebtesten Frauen der amerikanischen Marine.
Margaret Tayler Yates ist Schriftstellerin, aber keiner ihrer Kriminalromane ist auch nur halb so spannend wie ihre Erlebnisse an jenem schicksalhaften Morgen, als die Japaner Pearl Harbor angriffen. Margaret Tayler Yates war seit mehr als einem Jahr krank gewesen – sie hatte ein schwaches Herz. Von vierundzwanzig Stunden täglich verbrachte sie zweiundzwanzig im Bett. Der längste Ausflug, den sie zu unternehmen wagte, war ein Spaziergang in den Garten, um sich ein wenig zu sonnen. Und selbst da musste sie sich noch beim Gehen auf den Arm des Dienstmädchens stützen. Sie gestand mir später, dass sie damals gedacht hatte, für den Rest ihres Lebens bettlägrig bleiben zu müssen. Doch es kam anders.
«In Sekunden war alles ein einziges Durcheinander, ein Chaos», erzählte mir Margaret Tayler Yates. «Eine Bombe fiel so nahe bei unserem Haus, dass der Luftdruck mich aus dem Bett warf. Armeelastwagen rasten hinaus nach Hickam Field, zu den Scofield Barracks und zum Luftstützpunkt Kaneohe Bay, um Frauen und Kinder der Armee- und Marineangehörigen zu holen und in Schulen unterzubringen. Von dort aus rief das Rote Kreuz die Leute an, die Platz hatten, um Flüchtlinge aufzunehmen. Die Mitarbeiter des Roten Kreuzes wussten, dass neben meinem Bett ein Telefon stand, und baten mich, die Informationszentrale zu spielen. Ich notierte also alle Nachrichten über den Aufenthalt der Zivilangehörigen, und alle Soldaten und Offiziere wurden vom Roten Kreuz angewiesen, mich anzurufen, wenn sie über ihre Familien etwas erfahren wollten.
Sobald ich herausgefunden hatte, dass es meinem Mann, Commander Robert Raleigh Yates, gut ging, bemühte ich mich, den Frauen Mut zuzusprechen, die nicht wussten, ob ihre Männer gefallen waren oder nicht, und ich versuchte, die Frauen zu trösten, deren Männer man getötet hatte – und es waren viele. 2117 Soldaten und Offiziere der Marine und des Marinecorps starben, und 960 wurden als vermisst gemeldet.
Erst beantwortete ich jene Telefonanrufe, während ich im Bett lag. Dann setzte ich mich dazu auf, und schließlich hatte ich so viel zu tun und war so aufgeregt, dass ich meine Schwächlichkeit völlig vergaß, aus dem Bett kletterte und mich an einen Tisch setzte. Ich half andern, die viel schlimmer dran waren als ich, und vergaß mich dadurch völlig. Und ich habe mich nie wieder ins Bett gelegt,
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