Sorge dich nicht - lebe
sechs praktizierende Katholiken.
Unter allen meinen Patienten jenseits der Lebensmitte, das heißt jenseits fünfunddreißig, ist nicht ein einziger, dessen endgültiges Problem nicht das der religiösen Einstellung wäre. Ja, jeder krankt in letzter Linie daran, dass er das verloren hat, was lebendige Religionen ihren Gläubigen zu allen Zeiten gegeben haben, und keiner ist wirklich geheilt, der seine religiöse Einstellung nicht wieder erreicht, was mit Konfession oder Zugehörigkeit zu einer Kirche natürlich nichts zu tun hat.»
William James schrieb ungefähr das Gleiche. «Der Glaube ist eine der Kräfte, durch die der Mensch lebt, und sein totales Fehlen bedeutet Zusammenbruch.»
«Der Glaube ist eine der Kräfte, durch die der Mensch lebt, und sein totales Fehlen bedeutet Zusammenbruch.»
Der verstorbene Mahatma Gandhi, der größte indische Führer seit Buddha, wäre zusammengebrochen, wenn er nicht im Gebet immer wieder Kraft und Mut gefunden hätte. Woher ich es weiß? Weil Gandhi es selbst erzählte. «Ohne zu beten», schrieb er, «wäre ich schon längst wahnsinnig.»
Tausende von Menschen könnten sicherlich Ähnliches erzählen. Mein eigener Vater – nun, ich habe Ihnen bereits geschildert, dass mein eigener Vater sich ertränkt haben würde, wenn meine Mutter nicht an Gott geglaubt und gebetet hätte. Vermutlich hätten Tausende von gequälten Seelen, die jetzt in unseren Irrenanstalten Zuflucht gefunden haben, gerettet werden können, wenn sie eine höhere Macht um Hilfe gebeten hätten, statt ihren Lebenskampf allein ausfechten zu wollen.
Wenn wir uns aufgerieben und die Grenzen unserer Kraft erreicht haben, dann wenden sich viele von uns in ihrer Verzweiflung an Gott – «Im Schützenloch sitzen keine Atheisten», heißt es in einem Sprichwort –, doch warum so lange warten? Warum unsere Kraftreserven nicht jeden Tag wieder neu auffüllen? Warum auch nur bis Sonntag warten? Seit Jahren habe ich die Gewohnheit, an Wochennachmittagen in leere Kirchen zu gehen. Wenn ich das Gefühl habe, zu nervös und gehetzt zu sein, um ein paar Minuten an geistige Dinge zu denken, sage ich zu mir selbst: «Augenblick mal, Dale Carnegie, Augenblick mal! Warum diese Hektik, warum diese Eile, mein Lieber? Du solltest eine Pause machen und dich ein wenig besinnen.» In solchen Zeiten besuche ich die nächste Kirche, die offen ist. Obwohl ich protestantisch bin, gehe ich oft am Nachmittag in die St. Patrick’s Cathedral in der Fifth Avenue und mache mir klar, dass ich in dreißig Jahren tot bin, die großen geistigen Wahrheiten, die alle Kirchen lehren, aber ewig sind. Ich schließe die Augen und bete. Es beruhigt meine Nerven, wie ich festgestellt habe, es besänftigt meinen Körper und klärt meinen Geist und hilft mir, alles im richtigen Zusammenhang zu sehen. Darf ich Ihnen empfehlen, mir dies nachzutun?
Während der sechs Jahre, in denen ich an diesem Buch schrieb, habe ich Hunderte von Beispielen und Fallstudien darüber gesammelt, wie Männer und Frauen durch das Gebet mit ihren Ängsten und Sorgen fertig geworden sind. Mein Archiv quillt fast über davon. Nehmen wir als ein typisches Beispiel die Geschichte eines mutlosen und verzweifelten Buchvertreters. Er heißt John R. Anthony und stammt aus Houston in Texas. Er hat sie mir persönlich erzählt.
«Vor zweiundzwanzig Jahren löste ich meine Anwaltskanzlei auf und wurde Generalvertreter eines amerikanischen juristischen Verlags. Meine Spezialität war der Verkauf einer Gesetzessammlung an Rechtsanwälte – Bücher, die fast unentbehrlich sind.
Ich war für meine Arbeit gut und gründlich ausgebildet worden und kannte alle richtigen Verkaufsgespräche und überzeugenden Antworten auf die erdenklichsten Zweifel und Einwände. Ehe ich einen Interessenten aufsuchte, machte ich mich mit seinem Ruf als Anwalt vertraut, der Art seiner Praxis, seinen politischen Ansichten und mit seinen Hobbys. Während des Verkaufsgesprächs nützte ich meine Informationen geschickt aus. Und trotzdem stimmte etwas nicht. Ich konnte einfach keine Aufträge bekommen.
Meine Zuversicht sank. Tage und Wochen vergingen, und ich verdoppelte und verdreifachte meine Bemühungen. Trotzdem machte ich nicht genug Abschlüsse, um meine Ausgaben bezahlen zu können. Ein Gefühl der Angst und Unsicherheit breitete sich in mir aus. Ich fürchtete mich davor, Leute zu besuchen. Ehe ich ein Anwaltsbüro betrat, wurde mein Unbehagen jedes Mal so heftig, dass ich wie ein Verrückter im
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