Sorry, Ihr Hotel ist abgebrannt
wird zur Horrorfahrt.
Der 45-jährige John Heald, der bei Carnival für Unterhaltung und Kommunikation an Bord verantwortlich ist, versucht, in dieser brenzligen Situation seine Gäste bei Laune zu halten. Seit 2007 ist der Brite mit dem schrägen Humor bei US-amerikanischen Kreuzfahrern bekannt für seinen amüsanten und oft anzüglich geschriebenen Internet-Blog – und auch in diesen dramatischen Tagen der Havarie bekommt er von seinem Chef in Miami keinen Maulkorb verpasst.
Seitenlang und detailliert berichtet er von den Entscheidungen der Offiziere, darunter auch von Erlebnissen, die so manchem Marketing-Profi Kopfschmerzen bereitet hätten. Etwa als der Kapitän (»Claudio ist ein attraktiver Mann, als Italiener hat er sowieso das große Los gezogen«) aus Frust über die verzweifelte Lage einen Stuhl zerschlägt. »Auf der Brücke herrscht Stille.« Als Cupisti dann zum Telefon greift und Befehle erteilt, »wird uns klar, warum es keine gute Zeit ist, Teil des Brückenmobiliars zu sein«: Denn es gibt keine Hoffnung, die Stromversorgung an Bord wieder aufzubauen und mit eigener Kraft die Fahrt fortzusetzen. Schlepper werden bei der Küstenwache angefordert, das US-Militär eilt mit einem Flugzeugträger und Lebensmitteln zu Hilfe.
Inzwischen vertreiben sich die Passagiere die Zeit mit Singen und Kartenspielen, denn auch der Pool ist wegen versagender Chlorpumpen nicht mehr nutzbar. Seine eigene Lage sieht Heald selbstironisch: »Auch normalerweise dufte ich nicht wie eine Rose«, schreibt der Brite, »aber da die Wäscherei nicht funktioniert und ich nur zwei Unterhosen besitze, rieche ich nun wie Paris an einem heißen Sommertag. Paris, die Stadt, nicht Paris, die … Person.« Der korpulente Kreuzfahrtdirektor ruft über die Bordsprecher aus: »Wenn irgendjemand Unterhosen mit zwei oder mehr X auf dem Etikett hat – kann ich welche ausleihen? Ob für Männer oder Frauen – egal!« Fünf mitfühlende Gäste hinterlassen daraufhin Slips an der Rezeption, einer stammt sogar von einer Frau: »Wer hätte gedacht, dass es G-Strings in dieser Größe gibt?«, kommentiert Heald in seinem Blog.
Nach drei Tagen, am Donnerstagmorgen, wird die immer noch manövrierunfähige »Carnival Splendor« in den Hafen im kalifornischen San Diego geschleppt. Keiner der Gäste oder Crewmitglieder ist verletzt, das havarierte Schiff aber wird noch monatelang wegen Reparaturen auf seinen nächsten Einsatz warten. »Es war wie Camping auf See«, sagt eine Passagierin vor der Fernsehkamera, »und ich hasse Camping.« John Heald bloggt: »Eins ist sicher: Niemand an Bord wird jemals wieder ein Sandwich essen wollen.« Der Kommunikationsprofi erhält von seinen Gästen großes Lob für seine ruhigen Ansagen. Sein Sinn für Humor habe viel dazu beigetragen, die Ängste der Passagiere zu zerstreuen.
Doch nicht nur bei Carnival Cruises, dem größten Kreuzfahrtveranstalter der Welt, hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass eine Portion Humor bei Gästen gut ankommt. Auch die Reederei-Vertreter, die uns einige der folgenden Anekdoten geschickt haben, können den Alltag auf ihren Schiffen mit einem Augenzwinkern sehen – ganz zu schweigen von den vielen Kapitänen und Crewmitgliedern, die die oft seltsamen Fragen ihrer Gäste parieren müssen.
Am zweiten Tag einer Kreuzfahrt mit der »MSC Orchestra« fragte eine ältere Dame ihren Reiseleiter, wo sie denn ein zweites Kopfkissen finden könne? Er gab ihr den Hinweis, im Schrank nachzusehen. Am nächsten Tag beschwerte sich die Frau bei ihm, sie wünsche ein anderes Kopfkissen. Eins, das nicht so hart sei wie das orangefarbene, auf dem sie die ganze Nacht geschlafen habe. Die Kreuzfahrerin hatte nicht bemerkt, dass sie auf der Rettungsweste gelegen hatte.
MSC Kreuzfahrten, München
Kapitäne auf Passagierschiffen klagen bisweilen darüber, sie seien unfreiwillig befördert worden – »vom Master zum Showmaster«. So ganz unrecht haben sie damit nicht, müssen sie doch auf jede Frage eine schlagfertige Antwort wissen. Wie etwa der Kapitän der »Aida Blu«, dessen nautische Fragestunde mit dem Problem begann, warum das Schiff kein Kabelfernsehen habe. Oder jener Kapitän, der auf die Frage, warum die Beleuchtung auf den Außendecks den ganzen Tag brenne, antwortete: »Das ist für den Fall, dass wir durch einen Tunnel fahren!« Der »Hanseatic«-Kapitän wurde mit einer recht persönlichen Frage konfrontiert: »Stimmt es eigentlich, dass ein Seemann in jedem Hafen eine Freundin
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