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Sorry

Titel: Sorry Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zoran Drvenkar
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Grenzen der Realität verschwimmen, als wäre alles nur eine Illusion. Dein Leben, diese Welt. Du blinzelst, der Vorhang löst sich wieder auf, und du fragst leise:
    – Klinge ich tot für dich?
    – Nein, antwortet Kris Marrer, aber - - -
    – Klinge ich wie ein verdammter Toter? brüllst du ihn plötzlich an.
    Schweigen, dann aus dem Schweigen heraus, vorsichtig: – Ich sagte doch nein.
    – Danke, erwiderst du beherrscht und versuchst, deine Atmung zu kontrollieren. Du bist am Leben.
    Ja.
    Alles ist gut.
    Ich weiß.
    Wiederhole es.
    Ich bin am Leben. Alles ist gut.
    Besser?
    Besser .
    – Wieso glaubt deine Mutter, du seist tot? will Kris Marrer wissen.
    Du sinkst zurück. Es wird schlimmer und schlimmer. Du spürst den Schweiß auf der Innenseite deiner Hände. Als hätte jemand alle Poren geöffnet. Naß. Deine Stimme ist ein Zischen.
    – Ihr seid bei meiner Mutter gewesen?
    – Die Werbeagentur hat uns - - -
    – W IE KONNTET IHR ZU MEINER M UTTER GEHEN ? S EID IHR DENN VOLLKOMMEN BESCHEUERT ?
    Du kannst nicht mehr still sitzen. Dir wird die Ironie der Tatsache bewußt, daß Frauke dir denselben Vorwurf gemacht hat. Wie konntest du nur so dumm sein? Die Brüder hätten nie in die Werbeagentur gehen dürfen. Du hast dich so sicher gefühlt. Was bist du nur für ein Idiot! Einen Moment lang freust du dich, im nächsten Moment hast du die Hosen voll.
    Reiß dich zusammen.
    Du stehst auf und schließt die Tür zu deinem Büro.
    Du weißt nicht, was du als nächstes tun sollst.
    Du weißt es nicht.
    – Wie konntet ihr nur zu meiner Mutter gehen? wiederholst du leise und setzt dich wieder.
    Kris Marrer antwortet dir nicht, ein Rascheln erklingt, dann ist der jüngere Bruder wieder am Hörer.
    – Hör mal zu, du kranker Wichser. Was denkst du, mit wem du hier redest? will er wissen. Sei froh, daß wir dich nicht gefunden haben, denn wenn wir dich finden - - -
    – Wolf, sagt Kris. Gib mir das Handy.
    – Ich will wissen, was er Frauke - - -
    – Wolf, gib mir das Scheißhandy!
    Rascheln, Fluchen, Kris Marrer ist wieder am Apparat.
    – Meybach? Bist du noch da? Es tut mir leid, wir alle gehen seit Fraukes Tod ein wenig auf dem Zahnfleisch.
    – Es ist vorbei, sagst du. Habt ihr das nicht kapiert?
    – Doch, aber wir - - -
    – Du glaubst mir nicht. Du denkst, daß ich ein degeneriertes Gehirn bin, das durch die Gegend wandert und Leute umbringt. Das ist euer Problem und nicht meines. Denkt, was ihr wollt. Ich werde jetzt verschwinden, und ihr werdet jetzt verschwinden. Ihr werdet nicht mehr an Lars Meybach denken. Wir existieren nicht mehr füreinander.
    Stille.
    – So einfach?
    – So einfach. Ihr habt für mich gearbeitet, ich habe euch dafür bezahlt. Mehr Aufträge gibt es nicht. Deswegen trennen wir uns jetzt im Frieden. Wenn ihr daran denken solltet, mich weiter zu suchen, wenn ich einen von euch auch nur in der Nähe meiner Eltern sehe, dann bezahlen eure Familien dafür. Das ist mein Ernst. Was ich bisher getan habe, hatte nichts mit euch zu tun. Ihr wollt nicht, daß es etwas mit euch zu tun hat. Sag es.
    – Wir wollen nicht, daß es etwas mit uns zu tun hat.
    – Gib mir jetzt deinen Bruder.
    Rascheln, tiefes Einatmen.
    – Was ist?
    – Ich will es dir sagen, wie ich es deinem Bruder gesagt habe.
    Ich hatte nichts mit dem Tod eurer Freundin zu tun. Es war ein Unfall.
    – Und wieso sollte ich einem Irren glauben?
    – Wenn ich irre wäre, würde keiner von euch jetzt mehr am Leben sein. Ich bin einer der Guten. Merk dir das. Und sag deinem Bruder, daß ich noch immer auf die Datei warte.
    Du unterbrichst die Verbindung und bist sehr zufrieden mit deinen letzten Worten. Ich bin einer der Guten. Du kannst noch immer nicht fassen, was diese zwei Brüder angestellt haben. Wie konnte das nur passieren?
    Es klopft an deiner Tür. Einer deiner Kollegen steckt den Kopf rein.
    – Alles okay? fragt er.
    – Alles okay, sagst du und hebst den Daumen, obwohl dir der Schweiß auf der Stirn steht und dein Atem viel zu schnell geht.
     
    Die Datei kommt am selben Abend per Mail. Du löschst sie, ohne reinzuhören. Es ist definitiv vorbei. Du löschst auch den Mailaccount, bevor du das Notebook schließt und dich umsiehst. Die Wohnung hat sich verändert, als würde sie ein Eigenleben führen. Die Spiegel sind enthüllt, die Dunkelheit ist dem Licht gewichen. Du gehst wie ein freier Mann durch die Zimmer. Morgen wirst du die Wohnung auflösen und alle Verbindungen kappen. Du hast deinen Tribut gezahlt; auch wenn

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