Soucy, Gaetan
Schwanz.
Louis brummte zusammenhanglose Sätze, während er die Maus befreite, Blutstropfen fielen auf seine nackten Zehen, er schlafwandelte. Er warf das Tier aufs Geratewohl in einen dunklen Winkel des Zimmers. Unter dem Wasserstrahl rieb er kräftig an der Falle, um jegliche Blutspritzer zu beseitigen. Dann schüttelte er sie trocken. Schließlich warf er sie, ehe er in die Wirrnis seines Traumes zurückkehrte, mit dem Gefühl der Pflichterfüllung achtlos in seinen Koffer.
DER SCHÖNHEITSFLECK
E r wurde durch das Heulen der Hunde geweckt. Er schaute auf die Uhr. Es war bereits nach zehn. Ob der Sohn der von Crofts schon da war? Warum hatte man ihn so lange schlafen lassen?
Die Sonne drang durch die Dachluke, ein Schwertstoß ins Halbdunkel. Louis versuchte einen Blick nach draußen, doch das Licht war so grell, dass er einen Schritt zurückwich, wie nach einer Ohrfeige. Es klopfte an der Tür. Er schlüpfte in seine Hose. Der Offizier war in Hemdsärmeln.
»Ich habe es nicht geschafft, Sie zu wecken. Ich hatte Angst, Sie seien krank. Sie haben geträumt, Sie haben von Stachelschweinen geredet. Wie fühlen Sie sich heute morgen?«
»Ich weiß noch nicht.«
»Der Sohn der von Crofts ist da.«
»Maurice?… Sagen Sie ihm bitte, er soll warten, ich mache eben meine Morgentoilette.«
Louis schloss die Tür und blieb mit der Hand am Türrahmen stehen. Sein Herz peitschte das Blut durch die Adern, dass es ihm in den Ohren sauste, in den Handgelenken pochte. Angst überfiel ihn.
Als er die Treppe hinunterstieg, sah er Maurice von Croft vor dem Feuer sitzen. Er trug einen dicken Mantel,der seine breiten Schultern noch betonte. Seine strohblonden Haare klebten ihm an den Schläfen, als habe er unter einer Mütze geschwitzt. Ein unerklärliches Gefühl erfasste Bapaume. »Dabei habe ich doch mit ihm gar nichts zu schaffen«, sagte er zu sich. »Mit ihm werde ich nichts zu tun haben.«
Der Junge erhob sich. Er hatte ein spitzes Gesicht mit kleinen, nervösen, fliehenden braunen Augen. Kaum, dass er ein ›Guten Tag‹ von sich gab. Er schien es eilig zu haben, seine Pflicht zu erfüllen. Er setzte eine mit Fuchs pelz gefütterte Ledermütze mit nach unten geschlagenen Ohrenschützern auf, die seine Wangen bedeckten. Von draußen drang das Bellen der Hunde herein.
»Jetzt schauen Sie sich diesen Trottel an«, sagte Hurtubise lachend.
Er stand am Fenster und beobachtete Chouinard, der sich vergnügte, mit Gesten und Grimassen die Tiere zu reizen.
Der Klapptisch war nahe dem Kamin aufgestellt worden. Ein kariertes Tischtuch, Speck, ein Laib Brot, Gerstensuppe, Marmelade und ein Stück Landbutter, Hurtu bise hatte an alles gedacht, gewiss bis hin zu Einzel hei ten, die sein Gast nicht einmal wahrnahm. Eine dam pfende Kaffeekanne verströmte ihren Duft, der sich mit jenem der Zedernscheite vermischte, die in der Feuerstelle zischten. Es stand außer Frage, ein Mahl zu verweigern, das mit einer derart liebevollen Sorgfalt bereitet war, und Bapaume fügte sich. Auch der junge von Croft nahm seinerseits schüchtern und zögerlich die Einladung des Oberleutnants an. Er bemächtigte sich gierig des Marmeladenglases und schmierte sich ein Brot.
»Noch nichts Neues«, erwiderte der Offizier auf Bapaumes Frage hin. »Die Suche geht weiter.«
Hurtubise stand ins Gesicht geschrieben, dass er schlecht geschlafen hatte. Zwar hatte er sich zu ihnen an den Tisch gesetzt, aber da er schon gefrühstückt habe, rauche er nur eine Zigarette. Bapaume mutmaßte, dass er sich wegen der Küsterstocher Gedanken machte (aus Mitgefühl, aber vielleicht auch, da er seine Männer geschickt hatte und der Ruf seiner Truppe sowie seine Kommandeursehre auf dem Spiel standen). Louis kaute appetitlos und versuchte, an etwas anderes zu denken, um nicht dem Widerwillen zu erliegen, den Nahrung am Morgen in ihm auslöste. Durch die Scheiben war beinahe nichts zu sehen, so sehr waren sie von Licht durchflutet.
Der tags zuvor gefundene Bär war gestopft worden: Er thronte auf dem Tresen, den Kopf an das Telefon gelehnt. Chouinard hatte ihm einen Hosenknopf an die Stelle des rechten Auges genäht, doch fehlte ihm noch immer ein Ohr. Louis gelang es nicht, sein Augenmerk davon zu lösen. Maurice von Croft aß sein Brot und beschmierte sich den Mund rundum mit Marmelade. Niemand sprach. Hurtubise strich gedankenversunken eine Ecke des Tischtuchs glatt.
Louis stand vom Tisch auf.
»Denken Sie daran, dass der letzte Zug heute Abend um acht Uhr
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