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Soucy, Gaetan

Soucy, Gaetan

Titel: Soucy, Gaetan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Trilogie der Vergebung 02 - Die Vergebung
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geht.«
    »Ich denke, ich werde um einiges früher zurück sein.«
    Maurice lief sogleich zur Tür, gefolgt vom Oberleutnant.
    »Ich bin gleich da«, sagte Bapaume, der in das Zimmer hinaufging, um sein Gepäck zu holen.
    Die Hunde – Samoyeden – schüttelten sich, sobald sie den jungen von Croft sahen. Sie rieben sich aneinander, stupsten sich mit der Schnauze an, schnüffelten am Boden oder am Hinterteil des Nachbarn, wie es Brauch ist unter Kollegen. Chouinard war im Begriff, Kisten den Bahnsteig entlangzutragen. Seine Silhouette stach, tiefschwarz, vom funkelnd blauen Himmel ab. Keine einzige Wolke war zu sehen. Der Glanz des Schnees war von einer solchen Heftigkeit, dass es ebenso schmerzte, als stäche man sich mit dem Finger ins Auge.
    Maurice steckte die Hand in einen Kohleneimer und malte sich unter die Augen breite Striche. Der Offizier riet Bapaume, es ihm gleichzutun. Louis kam der Aufforderung nach, stellte aber keinen Unterschied fest, das Licht blendete ihn immer noch genauso stark wie zuvor. Er hatte weiche Knie, die Hunde erweckten in ihm eine kindliche Angst. Er machte einen Bogen, um nicht dicht an ihnen vorbeigehen zu müssen. Er setzte sich in den Schlitten. Der Offizier legte ihm eine Wolldecke auf den Schoß.
    Das Gespann bestand aus einem Dutzend Tieren. Maurice von Croft stellte den Koffer vor Louis’ Knie.
    »Ist das zu eng?«
    Die Sanftheit dieser Stimme, die er zum ersten Mal hörte, der edle Klang schienen Louis so einzig, dass er ihn bat, seine Worte zu wiederholen, um es noch einmal zu hören. Doch der Junge starrte ihn nur an.
    »Es wird schon gehen«, sagte Louis.
    Maurice stieg vorn auf den Schlitten.
    »Und denken Sie daran, Monsieur Bapaume! Acht Uhr! Aber ich warte auf jeden Fall!«
    Die Hunde stürzten los wie ausgehungerte Bestien, wenn man ihnen ein blutiges Stück Fleisch vor die Schnauze hielte. Chouinard stürmte mit, unter laut starkem Rufen. Er lief, was die Beine hergaben neben dem Schlitten her, bis er dem Takt nicht mehr folgen konnte.
    »Und bringen Sie mir eine Ansichtskarte aus Saint-Aldor mit!«, rief er, die Hände trichterförmig vor dem Mund.
    Dann griff er mit beiden Händen in den Schnee und warf ihn in die Luft. Im Fallen funkelten die Kristalle gegen den blauen Himmel, und Chouinard war so davon angetan, dass er zu lachen anfing. Das hatte der Oberleutnant Hurtubise gemeint, als er sagte, der Junge kenne die wahren Werte.
    * * *
    Der Schlitten erreichte das Tal, und sie umfuhren es am Waldrand entlang. Die Straße war nur ein winziger Streifen; kein Automobil hätte sie bewältigen können. Maurice musste unablässig mit einer Lenkstange den Lauf des Gespanns korrigieren, das vom Weg abzukommen drohte. Sie fuhren im Eiltempo. Einige tiefhängende Zweige peitschten seitlich gegen den Schlitten, schürften an den Flanken der Hunde entlang, die aber deshalb das Tempo nicht drosselten. Louis fühlte sich wie im Fall. Die Luft rauschte in seinen Ohren. Die Kälte, klirrend wie ein Schmiedehammer, biss ihm in die Wangen. Das Licht gleißte von allen Seiten, betäubend wie Schreie.
    Ein Gewehrschuss hallte über die Felder, und die gerillten Schneestreifen am Rande des Tales wurden rissig, bröckelten, brachen in breiten Schollen ein.
    »Wer schießt denn da? Ist es nicht schlecht für die Suche, wenn es Lawinen gibt?«
    »Weiß nicht.«
    Das Gespann schlug im Wald einen noch schmaleren Weg ein. Maurice mäßigte seine Tiere. Schnee fiel von den Zweigen, leicht und überfallartig, oder aber in dichten, mehlsackschweren Paketen. Louis hielt sich die Decke über den Kopf. Das Hecheln der Samoyeden erfüllte die Luft mit Dampf. Man konnte ihren markanten Atem riechen.
    Der Junge sagte die ganze Zeit kein Wort. Doch nun, da die Fahrt langsamer ging, wagte er zögerliche Blicke zu Bapaume, die dieser gern festgehalten hätte, durch eine Geste, durch ein Wort, doch flohen sie sogleich, wenn sie den seinen trafen. Sie waren zwei schüchterne Kinder, die sich auf dem Spielplatz von weitem beäugen, aber nicht wagen, ein Erkennungszeichen zu geben. Louis war nahe daran, sich eine Unannehmlichkeit herbeizusehnen. Dass sie sich im Wege irrten beispielsweise, oder dass der Schlitten in den Graben rutschte. Er wollte etwas mit dem Jungen teilen, und seien es widrige Umstände. Denn je näher er dem Ziel kam, desto mehr schien ihm sein Vorhaben an Dringlichkeit zu verlieren. Er hätte gerne für kurze Zeit Urlaub von sich selbst genommen, einen Hauch heimlichen

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