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Soucy, Gaetan

Soucy, Gaetan

Titel: Soucy, Gaetan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Trilogie der Vergebung 02 - Die Vergebung
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Dein Werk! Ich habe den Brief von Olivier Messiaen noch einmal gelesen. Hast Du recht verstan den, was er bedeutet, welch Geste der Verbundenheit, welch Ermutigung, nicht aufzugeben, er ist? Ich finde keine Worte, die Verzweiflung auszudrücken, die ich an dem Morgen verspürte, da Du in mein Zimmer kamst, mit gezeichnetem Gesicht, als hättest Du die ganze Nacht nicht geschlafen. Und ich weiß – nein! keine Lügen! –, ich weiß, dass Du getrunken hattest. Ich werde nie Deinen Blick vergessen (der mich mied, der mich floh), als Du zu mir sagtest: › Ich habe mein Oratorium aufgegeben …‹ Dabei wusstest Du genau, dass ich seit Monaten mein Überleben nur noch dieser Musik verdankte. Hast Du denn vergessen, dass es um nicht mehr und nicht weniger als darum ging, mich zu retten? Hast Du denn Dein Versprechen vergessen? Sollen die anderen darüber lachen, auch wenn meine Wahrheit seltsam ist, so ist sie doch meine Wahrheit, und ich sage es noch einmal, ich brauche diese Musik, um zu leben. Begreifst Du das? Nicht allein, um meinem Leben einen Sinn zu geben. Sondern um zu atmen, Louis, ja, um zu atmen.
    Ich werde die Gotteslästerung begehen zu behaupten, dass ich weiß, wie Er darüber denkt. Er spricht, wie ich spreche, Dir zu befehlen – nein! nicht zu befehlen, denn trotz allem, was uns an Schrecklichem widerfahren ist, müssen wir glauben, dass Gott keine Gewalt antut –, um Dich zu bitten, ja, inständig zu bitten, von dem VERBRECHEN abzulassen, dieses Werk nicht zu vollenden. Komm zurück, Liebster, ich flehe Dich an. Lass alle von Crofts der Welt, solange noch Zeit ist. Ich werde Dich immer lieben, was auch geschieht. Aber beeile Dich! Meine Finger sind eisig. An den Fenstern ist Raureif. Fast spüre ich mein Herz in der Brust nicht mehr schlagen.
    Deine Frau vor Gott,
    Françoise
    Louis hatte das Licht gelöscht. Zuvor hatte er noch in einem Fotoalbum der Streitkräfte geblättert, das der Oberleutnant im Zimmer liegengelassen hatte. Jetzt saß er auf dem Tintenlöscher des Sekretärs und betrachtete ein letztes Mal die Nacht, ehe er sich schlafen legte. Die Tränen liefen von allein, ganz ruhig, ohne Schluchzen. Nicht er weinte. Einem Teil von sich, der ihm fremd geworden war, gestattete Louis es noch, überbordend, Tränen zu vergießen. Doch sich selbst gewährte er dieses Recht nicht mehr. Sein Herz war vor Scham geschwollen. Er hatte sich des Lebens auf der ganzen Linie als unwürdig erwiesen.
    Die Wolken überzogen den Himmel mit einer faszinierenden Geschwindigkeit, wie in einem Gruselfilm. Bald war vom Schnee nur noch eine graue Starre zu sehen, und die Landschaft verlor sich in der Dunkelheit. Einzig ein Ring des Firmaments blieb noch am Horizont, blau wie ein Bluterguss, in dem ein letzter Stern glitzerte wie ein Spiegelsplitter in der Sonne. Louis dachte an die Küsterstochter. Was fühlte sie wohl, wenn sie noch vondieser Welt war? In dem Moment, da die Frau vielleicht die Hoffnung auf Rettung aufgab, sah sie, wie der Himmel sich über ihr schloss wie über der zappelnden Fliege der wachsende Schatten der Spinne, und der fiebrige Stern, der mit der Stärke dessen brannte, das nicht sterben will, war wie ein furchtbarer, stummer Schrei.
    Louis zog den Vorhang zu und legte den Kopf auf das Kissen. Der Stern war noch immer durch den Spitzenstoff des Vorhangs zu sehen. Er schloss die Lider, und es schien ihm, dass er noch immer diesen Stern sah, er dachte an die junge Märchenprinzessin, der es nicht gelingt, die Blutflecken von ihrer Hand zu entfernen.
    Namenloses Dasein breitete sich in der Finsternis um Louis aus, langsam wie Rauch, und ein Gefühl von streifenden Berührungen, von Geflüster an seinem Ohr. Seine Schultern wurden taub. Er machte konfuse Anstrengungen, als wollte er den Kopf über Wasser halten. Die Zeit, befreit von jeder Uhr, fiel auseinander. Plötzlich bemerkte Louis in völliger Verzweiflung, dass er der Küsterstochter Françoises Gesichtszüge verlieh, aber es war zu spät, das bleierne Gewicht des Schlafes um den Hals, versank er wie ein Stein im Sog des Traumes.
    Ein Peitschenknall ließ ihn hochschrecken, und Louis stieß sich den Schädel an der schrägen Decke. Es folgte ein zitterndes Klappern, das nach Kastagnetten klang. Dann Stille. Es schien, als sei es unter dem Sekretär gewesen. Mit noch benebeltem Geist zündete er die Lampe an und beugte sich vor.
    Eine Maus verendete gerade, den Hals in einer Falle gefangen. Ihr Bein zuckte noch. Er griff sie am

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