Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Soucy, Gaetan

Soucy, Gaetan

Titel: Soucy, Gaetan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Trilogie der Vergebung 02 - Die Vergebung
Vom Netzwerk:
Träumerinnen eignet, die in wilder Einsamkeit aufwuchsen, mit der Fähigkeit zu kataklysmischen Leidenschaften. Bapaume streckte ihr eine schüchterne Hand entgegen, die sie ignorierte.
    »So legen Sie doch endlich ab!«, sagte sie ohne Liebenswürdigkeit.
    Und sie half ihm aus dem Mantel, den sie erhobenen Kopfes in ein anderes Zimmer brachte. »Ja«, dachte er. »Sie ist mir noch immer bös‘.«
    Er folgte Robert von Croft in das Speisezimmer. Jeder der beiden setzte sich an ein Ende des Tisches. Louis stützte die Ellbogen auf, die Beine gespreizt, mit gesenkter Stirn. Seit Wochen hatte er sich diese Szene ausgemalt. Er hatte Tag um Tag ein wenig Mut angehäuft, um sich ihr stellen zu können, wissend um seinen Mangel an Kühnheit, hoffend auf sein tägliches Bemühen, wie ein Armer, der sich Cent um Cent aufspart. Und jetzt, in dem Augenblick, da er ihn nötig hatte, fehlte ihm der Mumm, es war alles umsonst gewesen.
    Aber seine Schwäche brachte ihn gegen sich selbst auf,und getrieben vom dumpfen Verlangen, grob zu sich zu sein, gab er sich einen Ruck.
    »Ich bin gekommen, um mit Julia zu reden.«
    Von Croft hob die Augenbrauen.
    »Aber in welcher Sache? Julia ist schon verheiratet! …«
    Der Hinweis, der auf Überlegungen beruhte, die von den seinen meilenweit entfernt waren, verwirrte Bapaume.
    »Aber Monsieur, selbstverständlich handelt es sich nicht darum. Ich … ich muss mit ihr reden. Es ist eine persönliche Angelegenheit. Eine wichtige Angelegenheit für mich. Für sie vielleicht auch.«
    Geneviève kam mit Tellern beladen herein. Sie stellte sie schwerfällig auf dem Tisch ab, mit schroffen Bewegungen, in der Absicht zu lärmen.
    »Dann sind Sie ganz vergebens gekommen, werter Monsieur. Meine Schwester ist den ganzen Tag nicht da.«
    »Dabei hatte ich doch in meinem Brief …«
    »So ist das eben«, sagte sie mit einer Spur gezügelter Gereiztheit. »Julia wohnt nicht mehr hier, seit sie verheiratet ist. Maurice ist im Internat, da bleiben nur noch mein Vater und ich.«
    »Maurices Mutter ist also tot?«, dachte Bapaume.
    Geneviève verteilte auf dem Tisch einen Teller mit Speckstreifen, zwei Flaschen hellen Cidre sowie Pfannkuchen, die noch warm waren und einen Duft von Zimt und Äpfeln verströmten.
    »Machen Sie sich keine Sorgen, Monsieur Bapaume«, sagte von Croft und entkorkte eine Flasche, die er ihm anbot. »Julia kann jeden Moment zurück sein. Sie ist Hebamme, ich weiß nicht, ob Sie es wussten? Man hat sie mitten in der Nacht gerufen. Eine vielbeschäftigteFrau. Sie müsste eigentlich bald fertig sein. (Er lachte.) Die arme Mama hat fast keine Brust; das Kind wird ein Kämpfer.«
    Louis erinnerte sich an das Stöhnen, das er auf dem Weg durch das Dorf gehört hatte. Hatte er sich also doch nicht getäuscht? War es das? Ein Hindernis kam ihm plötzlich in den Sinn, das die Durchführung seines Vorhabens verkomplizieren konnte.
    »Und ihr Mann …?«
    Von Croft erhob eine Hand groß wie eine Bärentatze.
    »Ach, der! Immer auf Trab, kreuz und quer durchs Land! … Er ist in die Stadt gefahren. Wir erwarten ihn zum Neujahrstag zurück.«
    Von Croft wollte noch etwas hinzufügen, doch überkam ihn ein Hustenanfall. Er hustete wie ein Motor, der nicht anspringen will, und wurde rot. Bapaume wollte ihm zu Hilfe kommen, in einer Aufwallung von Fürsorge, doch der Alte bedeutete ihm, davon abzulassen. Schließlich beruhigte er sich wieder. Mit geschlossenen Augen lutschte von Croft einige Augenblicke das Ergebnis seiner Anstrengungen. Dann spuckte er es verdeckt hinter der Schulter in ein Rotztuch in der Größe eines Kopfkissenbezuges.
    »Tun Sie sich keinen Zwang an«, sagte er dann und wies auf die Speisen.
    Und machte sich selbst an einen Apfelpfannkuchen. Er hatte derart wackelige Zähne, dass er sie nach jedem Bissen mit den Fingern zurechtrücken musste. Er saugte einen großen Schluck aus seiner Cidreflasche. Von der Küche aus tat Geneviève ihre Laune kund, indem sie die Türen der Schränke zuschlug, mit der Hüfte die Stühlewegstieß. Von Croft verzog gutmütig das Gesicht, wie um zu sagen: »Lassen Sie nur, so ist sie halt, es wird schon wieder …«
    Bapaume nahm einen Keks, damit man glauben konnte, dass er berechtigterweise hier saß. Speisezimmer und Salon hatten sich verändert. In Louis’ Gedächtnis war ein Eindruck von Strenge und Nüchternheit, der ans Trostlose grenzte, haftengeblieben. Aber junge Mädchen waren seitdem wie ein Wirbelwind hier durchgezogen, die Wände

Weitere Kostenlose Bücher