Soul Beach 1 - Frostiges Paradies (German Edition)
weiß es.«
Und ich weiß, dass es nichts bringt, weiter darüber zu diskutieren, also verabschieden wir uns auf die gewohnte Weise.
»Komm bald wieder, Florrie. Du fehlst mir jetzt schon.«
Ich logge mich aus und bereue es sofort. Am liebsten würde ich noch mal zurückgehen und ihr doch alles erzählen. Ist mir egal, wenn sie sich über mich lustig macht. Doch als ich es versuche, lässt sich die Seite nicht öffnen.
An Soul Beach werden Wartungsarbeiten durchgeführt. Bitte versuchen Sie es später noch einmal.
Vielleicht befreien virtuelle Reinigungskräfte gerade den virtuellen Sand von virtuellem Müll. Oder vielleicht spielt sich das Ganze sowieso nur in meiner Fantasie ab, sodass die Homepage, wenn ich nicht dort bin, gar nicht existiert.
Ich trete ans Fenster. Das Gewitter ist weitergezogen, aber in der Ferne, Richtung Londoner Zentrum, blitzt es noch immer und der Himmel ist backsteinrot. Meine eigene Welt wirkt viel unrealistischer als der Strand.
Ich frage mich, ob es wohl leichter wäre, wenn ich immer dort sein könnte. Bei Meggie. Bei Danny.
Ich schüttele den Kopf, sowohl um das benommene Gefühl vom Brandy als auch die dummen Gedanken loszuwerden. Da fällt mir das herzförmige Post-it auf meinem Schreibtisch ins Auge.
Darauf steht sein Name: Danny Cross. Natürlich kann es sein, dass er kein bisschen realer ist als der Strand oder der Weihnachtsmann. Ich würde ihn gern googeln, aber so was machen doch nur total beschränkte Mädels, die in den süßen, wuschelhaarigen Sänger aus irgendeiner dämlichen Fernsehshow verknallt sind.
Genau wie es Millionen von Menschen weltweit bei Meggie gemacht haben.
Dann muss ich an Tim denken. Wahrscheinlich ist er jetzt schon wieder zurück in seiner Wohnung. Tobt das Gewitter mittlerweile über seinem Stadtteil? Kann er schlafen? Denkt er an Meggie, an Mum und Dad, an mich? Es kommt mir so vor, als wäre es schon Wochen her, dass Fran uns die Neuigkeit überbrachte, dabei sind seitdem gerade mal ein paar Stunden vergangen. Ich gehe auf die Website der Daily Mail, dann auf die der Sun und der BBC-Nachrichten, aber nirgends steht etwas darüber, dass er freigelassen wurde.
Und dann, bevor mir bewusst wird, was ich da tue, tippen meine Finger schon Danny Cross in das Suchfeld bei Google. Dahinter erscheinen Vorschläge, als die Suchmaschine zu erraten versucht, was ich als Nächstes eingeben will. Danny Cross Sohn von Vincent Cross, Danny Cross Cross Enterprises, Danny Cross Flugzeug, Danny Cross Unfall.
Und dann Danny Cross tot .
Meine Kehle fühlt sich plötzlich so eng an, als hätte mir jemand einen Schal um den Hals gebunden und zöge ihn nun kräftig zu. Er ist real. Und er ist tot.
Als ich wieder einigermaßen atmen kann, fühle ich mich wie benommen. Ich wähle Danny Cross tot und eine Reihe von Links erscheinen sowie der Vorschlag, die Suche auf Bilder oder Nachrichten zu begrenzen.
Ich klicke direkt auf den ersten Link, der mich zur Website eines amerikanischen Fernsehsenders führt, auf der die Schlagzeile Industriellensohn nach Absturz in Wüste tot vermutet prangt. Bevor ich weiterlesen kann, springt mir das Foto ins Auge.
Jetzt wird mir klar, warum Danny mir so bekannt vorkam. Ich habe dieses Foto schon mal gesehen.
Dieser Danny hier trägt einen Smoking mit weißem Hemd und schwarzer Fliege, die lose von seinem Kragen baumelt. Seine Kleider könnten sich kaum mehr von denen unterscheiden, die der Danny am Strand trägt, aber das Lächeln ist dasselbe. Selbstbewusst, aber nicht arrogant. Intelligent, aber herausfordernd. Die Augen jedoch sind anders. Genauso grün, aber ohne die Sehnsucht darin, die mich beim ersten Mal, als er mich am Strand ansah, so gefesselt hat.
Ich erinnere mich, dass dieses Foto durch alle Zeitungen ging, aber die Details der Geschichte sind mir abhandengekommen. Damals war das Thema Tod für mich noch nicht sonderlich interessant. Jetzt überfliege ich den Artikel: Privatjet, unterwegs zu einer Familienfeier, Hubschrauber-Suchtrupps, Geschäft des Vaters wächst trotz Wirtschaftskrise, einer von Amerikas begehrtesten Junggesellen, kurz vor dem Studienbeginn in Yale.
Ich fühle mich wie betäubt. Ich weiß nicht, was ich erwartet hatte. Oder möglicherweise doch. Vielleicht hatte ich nie erwartet, überhaupt einen Danny Cross zu finden, ganz zu schweigen von einem, dessen digital reproduzierten Augen mich nun anfunkeln. Das macht das Ganze so …
Real.
Es macht Soul Beach so real. Erst jetzt begreife ich,
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