Soul Screamers 1 - Mit ganzer Seele
reingerissen.“
Ich lachte lauthals, und meine Wut schmolz dahin wie Sophies Make-up an einem heißen Sommertag. Sie tat mir schon fast wieder leid. Trotzdem würde ich ihr mein neues Wissen beim nächsten Mal, wenn sie vor meinen Augen mit Nash flirtete, genussvoll unter die Nase zu reiben.
Der Innenhof der Schule war lang, rechteckig und an drei Seiten von Gebäudetrakten eingerahmt. Am Ende der einen langen Seite lag der Eingang zur Cafeteria. Zu den Sportplätzen an der Rückseite des Campus hin war der Innenhof offen.
Emma hatte einen windgeschützten Tisch am anderen Ende des Hofs ergattert, zwischen dem Sprachen- und dem Wissenschaftstrakt. Ich setzte mich ihr gegenüber auf die Bank, Nash neben mich. Unsere Oberschenkel berührten sich, und diese Berührung wärmte mich von innen heraus, sodass ich die kühle Brise kaum mehr am Rücken spürte.
„Was ist denn mit dem Tanzteam los?“, fragte Emma, als ich gerade von meinem Pizzastück abbiss. „Die sind ja so am Hüpfen und Rumkreischen, als hätte ihnen jemand Juckpulver in die Trikots gekippt.“
Ich prustete los und verschluckte mich fast an einem Stück Peperoni. „Sie haben am Samstag einen Wettbewerb gewonnen. Sophie ist seitdem unausstehlich!“
„Und wie lange hält das wohl an?“
Ich schluckte das Stück Pizza hinunter, bevor ich antwortete. „Nächsten Monat finden die Landesmeisterschaften statt. Dagibt es dann entweder noch mehr Gekreische oder jede Menge Tränen. Danach ist erst mal Ruhe bis Mai, wenn das neue Team zusammengestellt wird.“ Egal ob Erfolg oder Misserfolg, ich bedauerte das Ende der Wettkampfsaison jedes Mal genauso sehr wie Sophie. Während der Wettkampfmonate verbrachte sie einen Großteil ihrer Freizeit beim Tanztraining, und in dieser Zeit hatte ich zu Hause meine Ruhe, was ich sehr genoss.
So verwöhnt und arrogant Sophie auch war, eines musste man ihr lassen: Sie widmete sich dem Team wirklich mit Herz und Seele, war immer pünktlich und zollte den anderen Tänzerinnen mehr Respekt, als sie mir gegenüber je gezeigt hatte. Diese Hingabe war aber auch das Einzige, das ich in über dreizehn Jahren als Beweis dafür gefunden hatte, dass in Sophies unverschämt grazilen Körper auch so etwas wie Verantwortungsbewusstsein steckte.
Abgesehen davon nahmen ihre Teamkolleginnen sie immer bereitwillig mit, die meisten hatten einen Führerschein. Waren die Landesmeisterschaften erst vorbei, ging Sophie wieder täglich zum Ballettunterricht. Mir schwante, dass ihre Eltern, jetzt da ich ein Auto hatte, von mir erwarteten, dass ich sie hinfuhr und wieder abholte. Als wüsste ich nichts Besseres mit meiner Zeit – oder dem Benzingeld – anzufangen!
„Dann kann ich nur hoffen, dass wir bis dahin alle taub sind.“ Feierlich hob Emma ihre Wasserflasche. Nash und ich stießen mit unseren Cola-Dosen darauf an. „Also …“ Sie schraubte die Wasserflasche wieder zu. „Habt ihr schon was Neues über das Mädchen aus Arlington gehört?“
Nashs Blick verfinsterte sich, und die Farbe seiner Augen wechselte von Grün ins Bräunliche.
„Ja.“ Ich warf den Rest der Pizza auf den Teller und nahm den roten Apfel vom Tablett, der schon einige Druckstellen hatte. „Sie hieß Alyson Baker, und es ist genauso abgelaufen, wie Jimmy gesagt hat. Sie ist einfach tot umgefallen, niemand weiß, woran sie gestorben ist.“
„Hatte sie getrunken?“, fragte Emma. Sie hatte wahrscheinlichHeidi Anderson im Hinterkopf.
„Nein. Und Drogen waren auch nicht im Spiel.“ Nash gestikulierte mit einem Stück Pizzarand. „Anscheinend gibt es keinen Zusammenhang zum ersten Mädchen, stimmt’s?“, fuhr er fort und warf mir dabei einen fragenden Blick zu. „Den Tod dieses Mädchen hast du schließlich nicht vorausgesagt. Du hast sie auch noch nie gesehen, oder?“
Ich nickte und biss in den Apfel. Nash hatte recht.
Und trotzdem gab es eine offensichtliche Verbindung zwischen den beiden Mädchen: Beide waren ohne ersichtlichen Grund gestorben. Das war nicht nur mir klar, sondern auch Emma und dem ortsansässigen Nachrichtensender. Nur Nash schien dieses Detail zu übersehen, oder es nicht wahrhaben zu wollen.
Emma fuchtelte mit der Plastikgabel in Nashs Richtung. Obwohl sie skeptisch das Gesicht verzog, sah sie immer noch wunderschön aus. „Du findest es also gar nicht komisch, dass zwei Mädchen in zwei Tagen gestorben sind?“
Nash seufzte und spielte mit der Lasche seiner Coladose. „Das habe ich nie behauptet, aber ihr zwei seid ja
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