Soul Screamers: Sophie (German Edition)
gelblicher Flüssigkeit fiel sie zu Boden. Aber anstatt die Tür aufzuschieben, schloss Luca sie wieder und drehte sich zu mir um. Er blickte mich mit seinen braunen Augen ruhig und ernst an. „Sophie, ich habe keine Ahnung, was sich auf der anderen Seite der Tür befindet. Es könnte ein leerer Pausenhof sein, oder aber eine Todesfalle voller Monster, die darauf warten, uns langsam zu verschlingen, während wir uns die Seele aus dem Leib schreien.“
„Wie die Jury bei den Regionalmeisterschaften. Schon verstanden.“
„Nein.“ Luca sah mich stirnrunzelnd an und schloss die Hand fester um die Türklinke. „Das hier ist nicht irgendein blöder Tanzwettbewerb, Sophie. Das hier ist das wahre Leben, und wenn du einen falschen Schritt tust, verlierst du keine Punkte, sondern dein Leben. Mit Blutspritzern, Schmerzen, Geschrei und allem, was sonst noch dazugehört. Hast du das verstanden?“
Ich nickte langsam, und die Panik schlug über mir zusammen wie eine riesige Welle, in der ich zu ertrinken drohte. Doch das lag eher an dem Ausdruck in Lucas Augen als an dem, was er gesagt hatte. Er hatte Angst. Und wenn er Angst hatte, hatte auch ich Grund dazu. Aber ich hatte noch nie darüber nachgedacht, was es bedeutete, um sein Überleben kämpfen zu müssen. Es war einfach nie nötig gewesen. „Und wie sieht unser Plan aus?“
Luca atmete aus und wirkte ein wenig erleichtert darüber, dass ich ihn ernst nahm. „Vorsichtig zutreten. Augen offen halten. Wegrennen, falls es sein muss. Wir bleiben zusammen, und wir bleiben ruhig. Da draußen gibt es Kreaturen, die deine Angst riechen können. Überleben lässt es sich hier am ehesten, wenn wir unsere Gefühle im Griff behalten und dafür sorgen, dass diese Biester uns gar nicht erst zu Gesicht bekommen.“
Ich schluckte den Kloß in meinem Hals herunter und wäre fast daran erstickt. „Versuchst du, mir Angst zu machen?“
„Ja. Aber nur, damit wir beide eine Überlebenschance haben.“
Mir wurde schwindelig, und der Raum um uns herum schien leicht zur Seite zu kippen. Das war der Augenblick, in dem die Realität bei mir ankam. Und zwar mit voller Wucht. Ich hatte es nur so weit geschafft, ohne auszuticken, weil sich das Ganze angefühlt hatte wie ein superseltsamer Traum, aus dem ich jeden Augenblick aufwachen würde. Zu Hause in meinem Bett vielleicht, oder auch auf dem Boden des Schulkorridors, weil mich eine Klassenzimmertür k.o. geschlagen hatte.
Mein Verstand hatte die ganze Zeit über gewusst, dass das hier real war. Aber weil sich dieser Ort nicht real anfühlte , hatte ich auch die Konsequenzen nicht für real gehalten. Bis ich innehielt, um ernsthaft über die Möglichkeit meines eigenen Todes nachzudenken.
„Ich will nicht sterben. Ich will nach Hause“, sagte ich, und ich hasste es, wie schwach sich die Wahrheit anfühlte. Wie erbärmlich sie klang. Doch Luca lachte nicht über meine Ängste. Wie auch, wo ihm doch genau dieselben Gefühle ins Gesicht geschrieben standen.
„Ich auch. Bist du bereit?“
„Nicht mal ansatzweise. Lass uns gehen.“ Ich straffte meinen Handschuh, und Luca nickte. Dann drückte er die Tür auf, und ich folgte ihm auf den Pausenhof, der fast genauso aussah wie in unserer Welt. Die einzigen bemerkenswerten Unterschiede waren das Fehlen der hölzernen Picknicktische und die Ranken des Crimson Creeper, die sich vom Dach der Schule aus an den beiden Seitenwänden herabschlängelten.
Vor Erleichterung atmete ich tief durch. „Du hast recht, wirklich sehr beängstigend“, sagte ich und nahm die drei Betonstufen nach unten zur Rasenfläche, die hier dunkler war als in unserer Welt und einen leichten Olivton hatte. Vielleicht war das Innere der Schule ja der gruseligste Teil der Unterwelt. Vielleicht hatten wir das Schlimmste schon hinter uns.
Luca warf mir für meinen Sarkasmus einen tadelnden Blick zu. „Dass du die Bedrohung nicht sehen kannst, heißt nicht, dass sie nicht da ist.“
„Wie mit heimlichen Lauschern auf dem Mädchenklo. Wirklich, hier ist es genau so wie auf der Highschool.“
„Wenn das stimmt, bin ich mir nicht mehr so sicher, ob ich wirklich auf deine Schule gehen will“, sagte er und stampfte die Stufen herunter, während er sich aufmerksam nach neuen Gefahren umsah.
„Okay, und was jetzt?“, fragte ich, während ich ihm über den Hof folgte, den ich in Gedanken mit den fehlenden Tischen ausstattete. Und plötzlich erschien mir die Stille geradezu zerbrechlich. Falsch. Da war kein
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