SOULMATE (German Edition)
dass sie Überraschungen nicht sehr schätzten. Aber sie würden ihn mögen, schließlich war er … ein echter Hottie, aber holla! Und hatte auch noch was in der Birne.
»Wow, Jesus!«
Finn war mächtig beeindruckt, als wir vor den Toren der Villa meiner Eltern standen.
»Was für eine Hütte! Ist sie nicht etwas zu klein für zwei Personen?« Er blinzelte frech zu mir rüber. Mir war es wie immer ein wenig peinlich, dass meine Eltern in einer so protzigen Villa wohnten, aber so war es nun mal. Wenigstens hatten sie sich ihr Hab und Gut mit viel Fleiß und harter Arbeit verdient. Und einem mir unverständlichen Ehrgeiz.
»Komm, wir bitten mal um Einlass.« Ich zog ihn an der Hand zur Freisprechanlage und drückte auf die Klingel.
Während wir auf Antwort warteten, küssten und neckten wir uns unentwegt.
Dann fragte uns die metallisch klingende Stimme meines Vaters, wer da sei, und ich antwortete: »Ich bin‘s Paps, ich habe noch jemanden mitgebracht.« Ich wollte meine Eltern nicht erst vor der Haustür vor vollendete Tatsachen stellen, sie würden noch genug zum Staunen haben.
Es dauerte ein paar Sekunden, bevor sich die Gittertür nach einem Summton aufdrücken ließ. Ich war mir sicher, dass mein Vater nach der erhaltenen Information meine Mutter schnell vorgewarnt hatte und sie nun unser Ankommen auf dem Monitor der Videoüberwachungsanlage verfolgten. Mit eindeutiger Gestik signalisierte ich Finn, dass wir jetzt den etwa zwanzig Meter langen Weg zum Haus ganz brav nebeneinanderher gehen würden, doch er machte sich einen Spaß daraus, immer wieder nach meiner Hand zu greifen, und jedes Mal zog ich sie lachend und schimpfend weg und ermahnte ihn schließlich so heftig, bis er nur noch breit grinsend, die Hände hinten dem Rücken verschränkt neben mir herlief und ich in mich hineingackerte wie ein kleines Mädchen.
Mein Vater öffnete uns die massive Haustür mit einer militärisch straffen Körperhaltung und einer freundlichen Mimik. Ich stellte ihm Finn mit Namen und als »einen Freund» von Patrick und mir vor. Er hieß ihn mit einem kräftigen Händedruck Willkommen und mich umarmte er ganz innig, bevor er uns schließlich in die gute Stube hereinbat.
Er hatte es zu überspielen versucht, doch ich konnte in seinen Augen deutlich die große Verwunderung über meinen mitgebrachten Gast erkennen. Meine Eltern hatten mich schon lange nicht mehr mit männlicher Begleitung gesehen, die nicht mein bester Freund Patrick oder sein Bruder Lenny war.
Wir traten in den angenehm warmen Flur und legten unsere Sachen ab. Mein Paps bat uns höflich, aber bestimmt, auch unsere Schuhe auszuziehen und deutete auf die ultradünnen Filzpantoffeln auf dem Schuhschrank. Folgsam zogen wir sie über unsere Füße.
Meine Mutter kam uns mit wedelnden Armen fröhlich entgegen und umarmte zuerst mich, dann Finn und machte Kussgeräusche, ohne wirklich zu küssen. »Kommt rein, kommt rein«, rief sie schrill, während sie Finn in Sekundenbruchteilen mit ihrem Röntgenblick einzuschätzen versuchte.
»Draußen ist Eiseskälte oder? Valerie! Das ist ja eine schöne Überraschung, dass du noch einen Gast mitgebracht hast.«
Sie lächelte mich an und strich mir dabei ganz kurz mit den Fingerrücken über die Wange. Ihr Blick blieb einige Sekunden zu lang an mir haften und fragte mich, warum hast du uns nicht Bescheid gesagt, dass du nicht allein kommen wirst ?
Finn legte alles in sein Lächeln, seine Geheimwaffe, wie ich mir vorstellen konnte, und strahlte meine Mutter an.
»Mama, das ist Finn Flanagan, ein Freund aus New York«, sagte ich. Ich glaube, ich sagte das gleich vorne weg, um meine Mutter möglichst schnell gnädig zu stimmen, denn sie hasste Überraschungen, aber sie liebte New York. New Yorker unterschieden sich für sie von den übrigen Amerikanern: Sie seien weltoffener, toleranter und gebildeter, glaubte sie. Die, die sie kennengelernt hatte, waren es wohl, und meine Mutter hat zudem eine gewisse Neigung zur übereilten Verallgemeinerung … Das macht das Leben für sie weniger kompliziert, denke ich.
»Oh, das ist ja schön«, trällerte sie. »New York ist eine ungeheuer faszinierende Stadt! Eine meiner Lieblingsmetropolen. Ich habe dort sehr interessante Menschen kennen gelernt. Sehr erfreut, Ihre Bekanntschaft zu machen.«
Finn erschien mir nun doch ein wenig eingeschüchtert, denn er bekam außer einem knappen »Freut mich auch sehr« nicht mehr heraus, versuchte aber, einen guten ersten Eindruck
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