SOULMATE (German Edition)
einen auf scheinheilig, Lenny.«
Wir lachten alle, na ja, fast alle, denn Finn verzog lediglich den Mundwinkel zum Ansatz eines Lächelns. Lenny kicherte spitzbübisch, köpfte eine weitere Weinflasche und goss unsere Gläser randvoll.
»Ich weiß, aber ich mein es, wie ich es sage«, sagte er jetzt mit einer ernsteren Miene, die jedoch, kaum dass er seinen Satz beendet hatte, von einem verräterischen Schmunzeln wieder vertrieben wurde.
»Ich werde mein Versprechen diesmal halten. Ich mach eine coole Ausbildung zu irgendwas Coolem, wirklich, und ich zahl auch irgendwann eine vernünftige Miete an unsere liebsten Eltern, nicht, dass sie es nötig hätten, aber eben aus Prinzip. Was haltet ihr davon, hm? Die Oliven schmecken übrigens oberlecker.« Er steckte sich eine schwarze Olive in den Mund und kaute darauf herum, während er weiterredete. »Außerdem such ich mir einen Nebenjob, so einen Wochenendjob, damit ich mir neue Garderobe zulegen kann. Weißt du noch, Valerie?«
Ich nickte ihm ungeduldig zu.
Es war zwar schön, wie wir zusammensaßen und plauderten, aber ich wollte bald wieder mit Finn allein sein …
»Jungs, wollen wir jetzt mal die wichtigen Dinge besprechen?«, fing ich an zu drängeln.
Finn, der entspannt neben mir auf seinem Stuhl saß, die Beine unter dem Tisch lang ausgestreckt, das Weinglas dicht an seinem Mund, stimmte meiner Bemerkung erfreulicherweise mit einem einem klaren Kopfnicken zu.
»Wie lange wollt ihr überhaupt weg sein?«, fragte er anschließend.
»Circa drei Monate, ist im Moment so unser Plan, drei, höchstens vier Monate, mehr nicht«, antwortete Patrick.
Dann kam Lenny endlich zum eigentlichen Punkt. »Du kannst natürlich weiter in der Wohnung bleiben, falls du keine neuen Pläne hast. Wir haben nie darüber gesprochen, wie lange du noch in Berlin abhängen willst. Das wäre jetzt der richtige Zeitpunkt dafür.«
Finn senkte den Blick, trank erst mal einen großen Schluck aus seinem Glas, das Lenny sofort auffüllte. Offensichtlich war das heute Abend die nur ihm obliegende Aufgabe. Er trug wieder sein ‚The Black Sheep‘-Fan-Shirt und eine verkehrt herum gedrehte Baseballmütze.
Finn sah in die Runde. »Also, ich denke schon, dass ich mit Sicherheit noch mindestens ein viertel Jahr hier bin …«, sagte er mit fester Stimme.
Mit einem kurzen, undurchsichtigen Seitenblick spähte er zu mir und griff nebenbei nach ein paar Erdnüssen.
Mir krampfte das Herz zusammen!
Ich wollte so etwas nicht hören, wie konnte er so etwas sagen? Sagen, dass er noch ein viertel Jahr hier sein würde … ein viertel Jahr! Drei Monate! Statt zu sagen, er werde vermutlich gar nicht mehr woanders hingehen, denn es hänge von mir, Valerie, ab, wo er wie lang bleibe oder irgendetwas in der Art.
Schlagartig ging‘s mir schlecht.
Ich versuchte unter diesem zentnerschweren Felsen, der ohne jegliche Vorwarnung auf mich heruntergestürzt war, wieder herauszukriechen und den Schmerz, der mich aus dem Hinterhalt ganz plötzlich angefallen hatte durch tiefes, gleichmäßiges Atmen und hastige Schlucke Wein unter Kontrolle zu bringen. Gleichzeitig wollte ich mir ja nichts anmerken lassen.
Und ich ließ mir nichts anmerken, ließ mir absolut nichts, gar nichts, anmerken, ha! Ein kühles Lächeln auf den Lippen griff ich ebenfalls nach einer Handvoll Erdnüsse, die ich mir ungeschickt in den Mund stopfte.
Seht her, mir geht‘s gut Leute, mir geht‘s prima …
Lenny hustete gekünstelt, stand auf und öffnete alle Fenster, ließ wohltuend frische, eiskalte Luft herein, da wir übrigen drei schon einige Zigaretten gequalmt hatten, und wandte sich zu Finn: »Also gut, Mann, ist ja alles bestens, denn, dann könntest du dich um meine Pflanzen kümmern, wenn das für dich kein Problem ist.«
Patrick konnte sich seinen üblichen Spruch natürlich nicht verkneifen: »Lenny, zum zehntausendsten Mal, du hast keine … Pflanzen , so wie andere Leute Pflanzen haben: einen Benjamini hier, eine Yuccapalme dort, vielleicht noch ein paar nette kleine Topfpflänzchen auf dem Küchensims, nein, du … du hast den ‚Botanischen Garten‘ in deiner Zwei-Zimmer-Bude! Das ist nicht normal. Ständig hat man das Gefühl, dass von irgendwo eine Schlange hervorgekrochen kommt oder ein Affe einen anspringen will.«
Finn lächelte daraufhin auf diese unwiderstehliche, seine Grübchen in voller Herrlichkeit präsentierende süße Art und Weise, dass ich allein deshalb wieder zur Beherrschung zurückfand und
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