SOULMATE (German Edition)
zwinkerte mir dabei ständig zu. Ich fühlte mich unbehaglich, war obendrein so nervös, dass ich einen trockenen Mund bekam. Schließlich wusste ich ja nicht, ob er seiner Mutter etwas über uns erzählt hatte, ärgerte mich über meine grenzenlose Blödheit, vor allem aber über ihn, obwohl er eigentlich nichts Falsches getan hatte, fand seine Mutter dennoch sehr nett und, ja, auch sehr schön! Sie musste als junge Frau der reinste Knockout gewesen sein. Tom kam offensichtlich ganz nach ihr.
Ich wagte einen kurzen Blick zu Finn, konnte jedoch in seinem Gesicht nichts lesen. Ich versuchte unbeschwert zu lächeln, hatte auf einmal Puddingbeine, fand die ganze Situation immer anstrengender und hatte furchtbaren Schiss, Finn könnte merken, dass zwischen Tom und mir etwas gelaufen war. Oh, wie ich wünschte, ich könnte auf der Stelle diesen Fehltritt ungeschehen machen, einfach löschen, wie im Computer: delete und weg …
Einer der Kellner trat an uns heran und teilte Tom mit, dass jetzt ein Tisch frei geworden sei und sie ihm bitte folgen wollten.
Ich wünschte beiden noch einen schönen Abend, sagte, dass ich mich sehr gefreut hätte, Toms Mutter kennenzulernen, wünschte ihr alles Gute zum Geburtstag, fragte nicht, wie alt sie geworden war, obwohl man ihr eigentlich nur Komplimente machen konnte, wunderte mich, warum Toms Vater nicht dabei war, sagte Tom, wir könnten mal telefonieren … Halt! Wie bitte? Sagte Tom, wir könnten mal telefonieren? Warum um Himmels willen sagte ich so etwas? Natürlich erntete ich daraufhin noch ein verwegenes Zwinkern und ein selbstgefälliges, breites Grinsen und begab mich schließlich mit meinen Puddingbeinen und angestrengter Miene an meinen Platz zurück.
Ich setzte alles daran, mir Finn gegenüber bloß nichts anmerken zu lassen.
»Mir ist eingefallen, wo ich ihn schon mal gesehen habe«, sagte er, als ich endlich wieder auf meinem Stuhl saß.
»Die Silvesterparty! Er war umringt von Babes, scheint ein echter Frauentyp zu sein.«
Er sah mich musternd an.
Ich zuckte mit den Schultern, nahm einen Schluck Wein, um die Trockenheit in meiner Kehle wegzuspülen. »Er ist eigentlich ganz nett«, sagte ich, um einen sachlichen Ton bemüht, der mir allerdings nicht perfekt gelang, denn meine Hochachtung für Toms musikalisches Talent war zu groß.
»Er hat eine Band, spielt Leadgitarre, ist ein wirklich guter Gitarrist, du musst ihn mal spielen hören, er hat‘s echt drauf, schreibt auch die meisten Songs, gute Songs! Trotzdem scheint seine Band leider keine Zukunft zu haben, weil der Sänger … also, der ist dummerweise sehr unzuverlässig, lässt Gigs platzen, erscheint nicht zu wichtigen Treffen und so, und der Drummer und der Bassist sind ständig bekifft, so dass alles an Tom hängen bleibt. Es ist schrecklich schade um sein Talent, aber so ist es wahrscheinlich bei hunderten von Kellerbands. Es reicht nicht, gut zu sein, man braucht, ich weiß nicht, viel Disziplin und noch mehr Glück, schätz ich.«
Finn sah mich nachdenklich an, klemmte dann mit einer schnellen Bewegung die vorgefallenen Haarsträhnen hinter die Ohren. »Wie gut kennt ihr euch, du und dieser Tom?«
Oh Gott, bitte nicht diese Frage!
Ich bildete mir ein, einen verdächtigen Unterton in seiner Stimme wahrgenommen zu haben und schluckte. »Och, nicht sehr gut. Wir kennen uns fast nur vom Sehen her, meist von irgendwelchen Partys, Gigs oder Kneipenbesuchen. Man könnte unsere Bekanntschaft als ziemlich oberflächlich bezeichnen. Diese Tortillas schmecken sensationell, findest du nicht auch?«
»Hm.« Er gab sich unbeeindruckt.
Es ist beides , versuchte ich mich zu beruhigen, die Wahrheit und eine glatte, deprimierende Lüge .
Aber was hätte ich sagen sollen? Dass ich erst vor wenigen Tagen mit Tom geschlafen hatte? Und weshalb hatte ich das getan? Weil mein Verstand ausgesetzt hatte, weil ich schwach geworden war, weil ich gedacht hatte, Finn hätte nur mit mir gespielt, weil ich eine chaotische, unsichere Person war, weil ich …?
Er legte sein Besteck hin und wischte sich mit der Serviette über den Mund. »Valerie?«
Ich zögerte mit meiner Antwort. »Ja?«
»Ich finde, du bist ein guter Grund in Berlin zu bleiben.«
Ich sah ihn unverwandt an, als hätte er vom Wetter gesprochen, meine Füße zappelten vor Aufregung, ich brauchte einige Sekunden, um zu verarbeiten, dass das seine verspätete Antwort auf meine dringlichste Frage gewesen war.
»Finn, heißt das, du und ich … sind wir
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