SOULMATE (German Edition)
oder … na ja, ich könnte auch sagen, ich fühl mich nirgends zuhause, je nachdem, ist so bei mir, überall und nirgends, macht das Sinn für dich? Ich fühl mich hier in Berlin genauso heimisch wie in New York oder London oder Dublin, verstehst du?«
Ich nickte skeptisch.
Er steckte sich eines der Empenadas in den Mund und ließ den Blick durch das Lokal wandern, während er mit angespannter Stirn kaute.
Er hat viele Worte benutzt und dennoch auf die Frage nicht geantwortet , dachte ich mir, spürte Hitze aufsteigen und diese verhasste, in der Magengrube beginnende Unruhe. Nein, ich würde es jetzt nicht dabei belassen.
Ich wollte meine Frage gerade erneut stellen, als ich voller Schreck Tom, ja genau, Tom Nowak, in Begleitung einer deutlich älteren, elegant gekleideten Frau mit hochgesteckten, schwarzen Haaren in das Lokal treten sah.
Ich war völlig fassungslos, wollte meinen Augen nicht trauen, blinzelte wie verrückt, als hätte das, was ich sah, etwas mit meinem Sehvermögen zu tun. Das konnte doch nicht wahr sein, ausgerechnet hier und jetzt musste Tom auftauchen. Ich versuchte, mich hinter meinem Weinglas zu verstecken, drehte den Kopf zur Wand, was ein lächerlich nutzloser Versuch war, unentdeckt zu bleiben.
Finn merkte sofort, dass etwas nicht stimmte, und musterte mich irritiert.
»Valerie, was bist du auf einmal so nervös?«
Es hatte keinen Zweck, Tom hatte mich längst entdeckt und kam schon mit entschlossenen Schritten auf uns zu.
Er sah aus, wie er meistens aussah: draufgängerisch und selbstsicher und … viel zu gut … auf diese - wie Alice einmal treffend bemerkt hatte - exzessive Art, die andere vor den Kopf stößt. Seine Haare waren im Nacken zusammengebunden, und er war komplett in Schwarz gekleidet, natürlich mit einem Haufen Accessoires wie mehrerer Lederband Halskettchen mit geheimnisvollen Amuletten dran und Ringen an fast allen Fingern. Sein schwarzer Gürtel mit einer silbrig glänzenden Totenkopfschnalle war der absolute Hingucker.
»Hey, wer sagt‘s denn, was für ein Zufall! Hi, Valerie, Berlin ist doch ein Dorf, was?«
»Hi, Tom, äh ... was machst du denn hier?«, kam es mühevoll aus meinem Mund.
Ich war völlig aus dem Konzept, blickte angespannt zu Finn, der zwischen Tom und mir hin und her sah und den weiteren Verlauf unserer Begegnung mit großem Interesse verfolgte.
Toms außergewöhnliche Begleitung hatte sich derweil an den langen Tresen gesetzt und trank, nach dem bunten Papierschirmchen zu urteilen, einen Cocktail.
Sie ist deutlich älter , dachte ich verwundert, hätte nicht gedacht, dass Tom auch auf reife Frauen steht .
Die Frau beobachtete uns von ihrem Platz aus, während sie durch zwei Strohhalme ihren Drink schlürfte.
Ich wusste, ich hatte wenigstens die Etikette zu wahren.
»Finn, ähm, das ist Tom, ein Freund von Patrick und … auch Lenny.«
Finn nickte nur mit einem angedeuteten Lächeln und streckte Tom eine Hand entgegen. Tom schien zuerst etwas zögerlich, nahm aber den angebotenen Handschlag mit einem konsternierten Seitenblick zu mir an.
»Lass mich raten: Finn aus New York, richtig? Hey, freut mich, hab schon von dir gehört«, sagte er mit einem gespielt heiteren Tonfall, der viel zu übertrieben klang. »Seid ihr noch ein Weilchen hier?«
Ich räusperte mich, ohne auf seine Frage zu antworten und hob das Kinn.
»Wer ist die attraktive Dame, mit der du gekommen bist, Tom?«, fragte ich mit einem ungehaltenen Tonfall und hoffte, dass er den Wink verstehen und gehen würde.
»Die Hübsche da drüben?« Tom schnalzte frech mit der Zunge. »Oh ... das ist meine Mama! Sie hat heute Geburtstag, hab sie zur Feier des Tages zum Essen eingeladen, ganz der brave Sohn, der ich bin. Die machen hier übrigens die besten Enchiladas. Habt ihr etwa keine Enchiladas bestellt?«
Er deutete mit der Hand auf unsere Speisen, machte dann eine auffordernde Kopfbewegung. »Valerie, komm, ich stell dich meiner Mutter vor.«
Er sah mich mit seinen großen, kohlrabenschwarzen Augen auffordernd an. Ich war in der Bredouille: Ich musste der Höflichkeit wegen Toms Bitte nachkommen, obwohl ich Finn gegenüber gerne so tun wollte, als wären Tom und ich nur flüchtig miteinander bekannt.
Auf meine Bemerkung hin, dass ich gleich wieder zurück sein würde, sagte Finn nicht etwa »Ja, natürlich, kein Problem« oder etwas in der Art, sondern schwieg mit einer unbewegten Miene.
Tom stellte mich seiner Mutter als eine gute, alte Freundin vor und
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