Spademan: Thriller (German Edition)

Ihre Versuchungen gehen nur Sie etwas an. Schon klar. Was ich eigentlich sagen wollte: Ich bin immer davon ausgegangen, dass es eine Geschichte über die Versuchung ist. Ich dachte immer, die eigentliche Sünde besteht nicht darin, in Versuchung geführt zu werden, sondern der Versuchung nachzugeben. Als wäre es Letzteres, was Gott nicht verzeiht. Aber ich habe mich getäuscht.
    Das ist nicht die Botschaft?
    Nein.
    Was dann?
    Es ist eine Geschichte über den Zorn. Es ist überhaupt kein Gleichnis.
    Nein?
    Nein. Es ist eine Warnung.
    Mark fuhr mit seiner Geschichte fort.
    In vorderster Front fiel Urija in einem Pfeilregen, den die Bogenschützen von den hohen Zinnen der Stadt abfeuerten. Und der Befehlshaber der Armee ließ den König über den Verlauf des Kampfes genau unterrichten und erwartete, diesen am Boden zerstört zu finden. Richtig? Aber König David schickte folgende Botschaft zurück an den Befehlshaber:
    Nimm die Sache nicht so schwer, denn das Schwert frisst mal so und mal so!
    Ich unterbreche ihn.
    Und was haben David und Batseba die ganze Zeit über getan?
    Sie haben gevögelt. Entschuldigen Sie bitte meine Ausdrucksweise.
    Schon in Ordnung.
    Also, König David ist das perfekte Verbrechen gelungen. Niemand verdächtigt ihn, und selbst wenn, würde niemand wagen, etwas zu sagen. Denn David ist der König. In den Augen der Welt trifft ihn keine Schuld. Höchstens in seinem eigenen Herzen. Oder in den Augen Gottes. Und wissen Sie, wie der letzte Vers dieser Bibelstelle lautet?
    Nein.
    Doch Jahwe missfiel sehr, was David getan hatte.
    Klar, verstehe. Das war zu erwarten.
    Mark hämmert mit der Faust auf seine Handfläche wie auf eine Kanzel.
    Doch Jahwe. Missfiel sehr. Was David. Getan hatte. Das ist die eigentliche Botschaft dieser Geschichte. Es geht hier nicht um Versuchung. Es geht vor allem um Rache. Und um Zorn. Es geht darin um Gott, der auf einen herabblickt, der sieht, was man getan hat, und der sehr unzufrieden ist.
    Klar doch.
    Und wissen Sie auch, was geschieht, wenn Gott unzufrieden mit einem ist?
    Nein.
    Man endet in New York, sitzt vor einer Bibliothek und bittet einen Wildfremden darum, dass er einem das Licht ausbläst.

15
    Mark. Persephone. Persephone. Mark.
    Wir stehen zu dritt an einer Straßenecke in Chinatown. Mark vermeidet nach Möglichkeit die Sonne, er steckt immer noch halb in einem Traum.
    Er streckt Persephone eine Hand hin.
    Schön, dich kennenzulernen.
    Vier Buchstaben sind auf seine Fingerknöchel tätowiert.
    DAMN.
    Als ich Mark kennengelernt hatte, kam er sozusagen frisch von einer Farm aus Minnesota und war ganz sicher nicht der Typ, der ständig mit neuen Tattoos aufkreuzte. Andererseits war er auch nicht der Typ, der sich eine Woche am Stück einstöpselte. Er war noch nie in einem Bett gewesen, bevor er nach New York kam.
    Trotzdem kann ich mir die Frage nicht verkneifen.
    Das hast du letztes Mal noch nicht gehabt.
    Er dreht die Hand, die Knöchel nach oben.
    Was? Das hier? Stimmt. Gefällt’s dir?
    Er ballt die Faust. Ein Buchstabe auf jedem Finger.
    DAMN.
    Er hebt die linke Hand. Ballt sie zur Faust.
    ABLE.
    Er hält beide Fäuste nebeneinander.
    DAMNABLE. Verdammenswert.
    Sehr hübsch.
    Er dreht die Fäuste um, sodass er sie selbst bewundern kann.
    Nicht wahr? Ich hab mir neulich Die Nacht des Jägers ausgeliehen, und der Film hat mich inspiriert. Ich hab auch noch ein drittes Tattoo. Wollt ihr es sehen?
    Kommt darauf an, wo es ist.
    Er zieht sein Poloshirt hoch. Er ist immer noch ziemlich muskulös, trotz der langen Bettaufenthalte.
    Persephones Neugier ist geweckt.
    Mark dreht sich um. Auf seinem Rücken steht etwas in Blockschrift.
    IRULE.
    Ich sage ihm, dass ich das nicht kapiere.
    Er spannt die Rückenmuskeln an. Seine Schulterblätter breiten sich aus wie Flügel. Die Buchstaben trennen sich.
    I RULE. Ich herrsche.
    Nett. Sehr subtil.
    Er dreht sich um.
    Das ist mehr so eine Limno-Geschichte. Wenn du mal eingestöpselt warst, verstehst du’s.
    Persephone meldet sich zu Wort.
    Also, mir gefällt es.
    Mark streift sein Hemd wieder über.
    Sollen wir zu mir gehen?
    Persephone erklärt, dass sie noch ein paar Sachen besorgen will, wenn wir schon mal hier sind. Sie deutet auf ihre Beine, die immer noch ohne Hosen sind.
    Ich zähle zwei Scheine ab. Als wäre ich ihr Dad oder so.
    Sie lächelt und verschwindet in einem Laden.
    Mark zieht ein Handy heraus und ruft einen Wagen, der herangleitet, noch bevor er das Handy wieder eingesteckt hat.
    Mark meldet den