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Spademan: Thriller (German Edition)

Spademan: Thriller (German Edition)

Titel: Spademan: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam Sternbergh
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lustig, allerdings gab es keine Touristen mehr, die sie hätten kaufen können. Und kein Einheimischer wollte ein I-Survived-Times-Square-T-Shirt, solange er nicht wirklich sicher sein konnte, dass dem auch so war.
    Der Bürgermeister predigte Ruhe und Gelassenheit. Er selbst ging mit leuchtendem Beispiel voran, nahm mitten auf dem leeren Times Square Platz und verspeiste dort mit seiner Frau ein fünfgängiges Dinner. Mit allem Drum und Dran: Silberbesteck, Kerzen, weiß befrackte Kellner, Leinentischdecken, ein Violinist. Danach tupfte er sich den Mund mit einer Serviette ab, drehte sich zu den Fernsehkameras um und erklärte stolz, man solle die gute Nachricht in der ganzen Welt verbreiten.
    New York sei wieder geöffnet.
    Spielte aber alles keine Rolle. Die Touristen kehrten nie zurück. Die Stadt ließ sich schwer an den Mann bringen, selbst mit Drei-Nächte-zum-Preis-von-einer-Hotelsonderangeboten. Die Läden gingen den Bach runter. Sie hatten ihr Geschäft mit dem Verkauf von M&M s und I-Love-New-York-T-Shirts gemacht. Doch das Problem war, keiner hatte mehr Lust auf Süßigkeiten und niemand liebte mehr New York.
    Der Violinist erkrankte an einer seltenen Krebsart und starb darauffolgende Ostern. Der Bürgermeister schickte einen Assistenten zur Beerdigung.
    Die schmutzige Bombe tötete außerdem alle Hunde der Stadt. Und zwar ohne Ausnahme.
    Niemand konnte sich einen Reim darauf machen.
    Der Präsident kam. Hielt aus sicherer Distanz eine Ansprache. Erinnerte uns daran, dass Amerika sich immer wieder neu aufbaut. Sich von Tiefschlägen erholt. Zu neuer Größe emporschwingt.
    Dann schwang er sich selbst empor. In einem Helikopter.
    Ein paar Wochen später detonierte die erste Autobombe. In der Nähe der Vereinten Nationen.
    Die Menschen sahen es in den Nachrichten und hofften, dass nur ein defektes Taxi in Flammen aufgegangen war. Solche Sachen passierten manchmal.
    Die Menschen sahen es und hofften. Bis dann das zweite Taxi hochging und die Kamerateams in den Tod riss.
    Ein paar Tage darauf folgte ein weiteres. Und noch eines.
    In den nächsten Wochen explodierten weitere Autos.
    Nicht oft. Aber oft genug.
    Der Präsident hielt eine weitere Rede, diesmal im Oval Office. Er wählte dafür die Halbzeitpause eines wichtigen Footballspiels, während der er uns seine Beileidsbekundungen schickte und den Einsatz der Nationalgarde ankündigte. Er versicherte, das gesamte Land stände hinter uns und er würde alle Hebel in Bewegung setzen, um der Gerechtigkeit Genüge zu tun, dann verabschiedete er sich mit einem Gott schütze Amerika und einem Gott schütze New York, gerade rechtzeitig für den Kick-off zur zweiten Halbzeit.
    Jeden Tag bevor sie das Haus verließ, um sich eine weitere Reihe von lächelnd vorgetragenen Absagen anzuhören, stand sie einen Augenblick an der Eingangstür, die Hand auf dem ersten Türschloss, und atmete tief durch.
    Hinter der Tür lag der Feuerofen. Jeden Tag versicherten wir einander, dass wir nicht von ihm verschlungen werden würden. Dass er uns nicht verbrennen würde. Dass wir den Glauben nicht verlieren würden.
    Wie in dieser alten Geschichte aus der Sonntagsschule.
    Ich war Schadrach. Und sie Meschach.
    Und wir hofften immer noch auf einen Abed-Nego.
    Und jedes Mal wenn sie an der Tür innehielt, sagte meine Stella denselben merkwürdigen Satz.
    Murmelte ihn mehr zu sich selbst.
    Ich sehe dich auf der anderen Seite.
    Jeden Tag sagte sie das.
    Selbst an diesem letzten.
    Innerhalb eines Monats war der Times Square tot und verrottet, ohne jede Chance auf Wiederbelebung, und von dort breitete sich der Niedergang kreisförmig aus.
    Aber an diesem Punkt ging es bereits allen am Arsch vorbei. Nicht dass uns die Anschläge am Arsch vorbeigegangen wären. Schließlich waren wir immer noch schlachterprobte New Yorker. Wir schlugen mit den Schwertern an die Schilde. Wir versammelten uns in den Straßen, hielten Kerzen hoch, verlangten Gerechtigkeit. Forderten Rache. Wir wussten, wie so was funktioniert, wir hatten es früher schon getan. Wir hetzten die Braunhäutigen. Schlugen in unserer Ignoranz ein paar Sikhs zusammen. Ein paar Brasilianer. Wir erteilten brutalen Schwulenhassern die Lizenz, über dunkelhäutige Mitbürger herzufallen und sich an ihnen auszutoben. In unserem Groll machten wir keine Unterschiede.
    Es war nicht so, dass uns die Bombenanschläge nichts ausgemacht hätten. Uns kümmerte einfach nur die Stadt als solche herzlich wenig. Vor allem dieser Teil. Vor allem diese

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