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Spademan: Thriller (German Edition)

Spademan: Thriller (German Edition)

Titel: Spademan: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam Sternbergh
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Bauernbursche kassiert das Teppichmesser ein, das er in meinem Stiefel findet. Eigentlich habe ich es dort nur zu Testzwecken hineingesteckt.
    Milgram entlässt seinen Schläger.
    Jetzt sind wir beide allein auf der Rückbank.
    Er klopft zweimal gegen die dunkle Glasscheibe.
    Wir fahren los.
    Milgram deutet auf Manhattan.
    Ich weiß, so eine Unterredung in einer Limousine ist ein ziemliches Klischee. Aber es ist ruhig, man ist ungestört, und man hat die großartige Gelegenheit, die Stadt zu betrachten.
    Die Skyline zieht vorüber. Eigentlich zieht sie nicht vorüber. Wir fahren an ihr vorüber.
    Fantastischer Anblick, nicht wahr? Und das nach alldem, was geschehen ist? Die Stadt hat immer noch Größe, finden Sie nicht?
    Ich ziehe diese Seite des Flusses vor.
    Nun, warum auch nicht? Von hier aus kann man den Sonnenaufgang über New York betrachten. Die auf der anderen Seite sehen nur den Sonnenuntergang über New Jersey. Leider hat Pastor Harrow keinen Sinn für die Reize dieser Stadt. Er betrachtet sie als Sündenpfuhl, als eine Art neues Sodom. Aber mir gefällt sie trotzdem. Wirklich. New York. Die größte Konzentration menschlichen Potenzials in der Geschichte. So konzentriert, dass man anfangen musste, die Menschen übereinanderzustapeln. Eine Insel, so dicht bevölkert, dass nur noch der Ausweg nach oben blieb.
    Ja, klar, nur ist sie jetzt längst nicht mehr so bevölkert.
    Ich bin positiv überrascht, dass Sie all die Jahre über geblieben sind. Nach allem, was hier geschehen ist. So viele Menschen sind geflüchtet.
    Nicht alle.
    Nein. Aber die meisten. Und viele von denen, die geblieben sind, haben sich einfach aus dem Leben ausgeklinkt, haben sich in ihre metallischen Kokons verkrochen. Tja – sehen Sie sich diese Frau an. Merkwürdig.
    Eine Joggerin kommt am Ufer entlanggekeucht, zieht weiße Dampfwolken hinter sich her wie eine Lokomotive. Ich gebe zu, es ist ein merkwürdiger Anblick. Ich habe seit Jahren keinen Jogger mehr gesehen.
    Also, das ist doch ein Zeichen der Hoffnung, oder etwa nicht? Die Menschen wagen sich nach draußen. Benutzen wieder ihren Körper. Und genau darum geht es bei unserer Kampagne, Mr. Spademan. Um New York. Um die Wiedererweckung.
    Soweit ich weiß, haben Sie noch andere Geschäfte zu erledigen, während Sie in der Stadt sind.
    Er fährt unbeirrt fort. Ein typischer Verkäufer. Weiß genau, wann er einhaken und wann er eine Bemerkung einfach ignorieren muss.
    Es ist eine zündende Idee, nicht wahr? Eine Wiedergeburt. Und ganz bestimmt für jemanden wie Sie. Nach allem, was Sie durchgemacht haben. Ich meine, Sie wissen schon, die ganzen Erinnerungen, das Gefühl der Reue. Ich stelle mir vor, so etwas kann auch eine Art toxischer Wolke bilden, eine andere Art von radioaktiver Verseuchung.
    Milgram trägt einen marineblauen Anzug. Dazu eine perfekt geknotete rote Krawatte. Eine Politikeruniform. Er schnippt etwas vom Aufschlag seines Jacketts, irgendein Stäubchen, das nur er selbst sehen kann. Er trägt eine Krawattennadel. Ein winziges silbernes Kreuz. Er rückt es zurecht, bevor er sich wieder mir zuwendet.
    Sie werden sich doch sicher von Zeit zu Zeit fragen, was geschehen wäre, wenn Ihre Frau diesen einen Zug verpasst hätte? Oder wenn ihr Schauspiellehrer sich krankgemeldet und den Schauspielkurs abgesagt hätte? Oder wenn ihr Ehemann – und das alles sind natürlich reine Hypothesen, schon klar – sie für einen weiteren Abschiedskuss zurück an die Eingangstür ihres Apartments gerufen hätte? Sodass sie fünf Minuten später losgegangen wäre. Diese quälenden Fragen des Timings –
    Milgram, ich unterbreche Sie an dieser Stelle –
    Ich will damit nur sagen, manchmal fühlt sich alles so zufällig an, so sinnlos. Und nicht mehr und nicht weniger wollen wir mit unserer Kampagne erreichen, Mr. Spademan. Wieder Sinn in das Leben der Menschen zu bringen. Ordnung.
    Persephone hat mir erzählt, worin Ihre Tätigkeit sonst noch so besteht. Zum Beispiel, was Sie ihrer Freundin angetan haben.
    Rachel? Ja. Ein schwieriges Mädchen.
    Milgram blickt aus dem Fenster wie ein schüchterner kleiner Junge, den man bei einer Lüge ertappt hat.
    Ich gehe davon aus, dass sie jetzt an einem glücklicheren Ort weilt.
    Ich bin mir sicher, dass Sie nur zu gerne davon ausgehen. Aber lassen Sie mich Ihre Verkaufsrede kurz unterbrechen, Milgram. Sie, ich und Harrow, wir alle sind ein bisschen krank. Einige von uns noch ein wenig kränker als andere. Und ich kann mir nicht vorstellen, dass

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