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Späte Familie

Späte Familie

Titel: Späte Familie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zeruya Shalev
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es musst, dann tu’s, seine Stimme klingt noch immer amüsiert, aber schnell, ich habe noch was zu tun, und ich sage, ich habe Angst zu fragen, vielleicht hilfst du mir. Wovor hast du Angst, vor der Frage oder vor der Antwort, will er wissen, und ich sage, vor der Antwort natürlich, und er betrachtet mich mit seinen dunklen Augen, die immer größer aussehen, als sie wirklich sind, ich kann mir vorstellen, was dich bedrückt, sagt er, seine Zunge dehnt die Wortenden, die Antwort ist nein, ich wohne nicht mehr zu Hause, ich bin für immer weggegangen, in jener Nacht, und ich tauche vor lauter Erleichterung den Kopf unter Wasser, und als ich hochkomme, um Luft zu holen, ist er schon nicht mehr da, vom Fenster dringt mir trockene, kalte Luft entgegen, und ich beschimpfe mich, wie kannst du dich über das Leid einer anderen Frau freuen, einer Frau, die du sogar kennst, und über das Leid eines Jungen, den du sogar gern hast, und trotzdem wird mir schwindlig davon, dass ich es jetzt weiß, ich trockne mich schnell ab, schlüpfe in das lange schwarze Samtkleid, das in den letzten Jahren zu einem Hauskleid geworden ist, aus der Küche dringen Essensdüfte, die Geräusche von Gemüsehacken und Topfdeckeln,das Quietschen von Schuhen auf den Fliesen, das Summen eines anderen, der in der Wohnung umherläuft, Geräusche, die ich schon vergessen habe, und sie sind so einfach und beruhigend wie das Lächeln, das dir in einer fremden Stadt, in einer fremden Straße geschenkt wird.
    Ich verlasse das Schlafzimmer mit nassen Haaren und finde ihn in der Küche, wo er in dem brodelnden Topf rührt, sein Mantel hängt neben meinem über der Sessellehne, ich sehe sein zerbrechliches längliches Profil, die Wimpern, die sich über dem Topf senken, kann man sich so schnell verlieben, ohne Vorankündigung, und ich stelle mich neben ihn, sein Blick lässt mich erzittern, er streckt die Hand aus und nimmt eine Strähne meiner Haare, aus denen Wasser tropft, steckt sie sich in den Mund und saugt daran, sein Hemd ist ein bisschen offen, und ein Gewirr von Haaren zeigt sich, die so grau sind wie Rauch. Hast du Hunger, fragt er, meine Haare gleiten aus seinem Mund, essen wir? Und ich bin bezaubert von der Natürlichkeit, mit der er mich in meiner eigenen Wohnung bewirtet, als habe er gefühlt, dass es mir selbst noch nicht angenehm ist, hier einen fremden Mann zu bewirten, dass ich daran gewöhnt bin, hier einen Jungen aufzuziehen, eine kleine Familie zu versorgen, und ich halte meine Nase dankbar über den Topf, dem ein fremder und scharfer Geruch entströmt, anders als der, den ich erwartet habe, und ich betrachte erstaunt die vielen Pilze, die auf dem Wasser schwimmen, mit den Stielen nach oben, neben anderen, undefinierbaren Zutaten.
    Was ist da alles drin, frage ich, und er sagt, was spielt das für eine Rolle, Hauptsache, es schmeckt, ich koche nie nach Rezept, prahlt er, ich mag es, Gerichte zu erfinden, er gießt mir höflich Whisky aus der schon halb leeren Flasche in ein Glas, und ich frage mich, ob der Whisky im Suppentopf gelandet ist oder in seinem Magen, ich trinke schnell, um andiesem Abend nicht die einzig Nüchterne in der Wohnung zu sein, und betrachte ihn mit neu erwachtem Misstrauen, während er im Topf rührt, und dann decke ich den kleinen Tisch, ich bin nicht gewöhnt, für romantische Dinners aufzudecken, wir haben uns normalerweise mit drei Tellern und drei Löffeln begnügt, sogar ohne Messer, ohne Servietten, und jetzt suche ich Kerzen, wie es sich gehört, finde aber nur Schabbatlichter und zünde sie an, spreche sogar aus voller Absicht den Segensspruch, Gelobt seist Du, Ewiger, unser Gott, König der Welt, der uns durch Seine Gebote geheiligt und uns befohlen hat, das Schabbatlicht anzuzünden, obwohl heute ein Wochentag ist, weder Schabbat noch ein Feiertag.
    Als ich Butter aus dem Kühlschrank hole, entdecke ich, dass alle möglichen Dinge, die in den Fächern gelegen haben, verschwunden sind, die Thunfischpaste für Gilis Frühstücksbrot, eine Dose Tchina, und schon dreht sich mir der Magen um und ich frage, Oded, was hast du in die Suppe getan? Das verrate ich nie, sagt er, führt den Schöpflöffel an den Mund, schmatzt entzückt und sagt, so eine Suppe hast du noch nie gegessen, das verspreche ich dir, und schon sitzen wir am Tisch, aus dem natürlichen Stehen wird ein leicht verkrampftes,

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