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Späte Familie

Späte Familie

Titel: Späte Familie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zeruya Shalev
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meisten kenne ich, bei vielen war ich schon zu Hause und habe die Einrichtung bewundert. Da ist die schöne Keren, die bei der Schabbatfeier alle zu ihrer Party eingeladen hat, mit einem kurzen Kleid und nackten, braun gebrannten Beinen, ihr Mann läuft ihr nach, legt ihr den Arm um die Schultern, und sofort flackert Neid auf, sofort fangen die dürren Zweige an zu lodern, und da nähert sich Michal mit langsamen, lustlosen Schritten, ihr Gesicht hat in der letzten Zeit einen besorgten Ausdruck, aber wir sprechen kaum miteinander, Jotam hat vermutlich den Glauben an seinen zweifelhaften neuen Freund verloren, und Gili hat mit Leichtigkeit andere Freunde gefunden, ich lege den Kopf aufs Lenkrad, als würde ich ein bisschen dösen, und werfe einen unauffälligen Blick auf den Tumult, den ich gut kenne und der mir trotzdem an diesem Freitagmittag fremd vorkommt. Einer nach dem anderen kommen die Kinder durch das weit geöffnete Tor, aber Gilis Vater taucht nicht auf, wie üblich verspätet er sich, vielleicht hat er es auch vergessen, was für ein Glück, dass ich hier bin, aber wie kann ich ohne ihn meinen Plan ausführen? Zu meinem Erschrecken fahren immer mehr Autos weg, hoffentlich bleibe ich nicht allein zurück, denn dann werden sie mich bestimmt entdecken, ich schaue mich beunruhigt um, komm schon, wo steckst du, alle möglichen Sorgen schwirren mir durch den Kopf, und wenn er nicht allein ist, und wenn ich neben ihm die arme Ofra entdecke, fast einen Monat lang habe ich gewartet, volle vier Wochen sind seit unserer Trennung vergangen, vielleicht habe ich den Zeitpunkt verpasst, vielleicht war er auch zu früh da undsie sind längst in seiner Wohnung, und Gili hüpft barfuß auf dem neuen Bett herum, aber da ist er ja, das rote Auto kommt schnell näher und bleibt genau hinter mir stehen, fast hätte es Dinas Auto gerammt, er steigt schwerfällig aus und streckt sich, wirft einen Blick auf seine Uhr, fährt sich mit einer mir sehr vertrauten Bewegung über den Kopf, dort wachsen zu meinem Erstaunen braunblonde Stoppeln, die aussehen wie das Gras im Rabenpark. Vier Wochen habe ich ihn nicht gesehen, und mein Herz fliegt ihm entgegen, wie kostbar er ist und wie vertraut, er sieht gut aus, die Hose mit den tiefen Taschen hängt locker an seinem Körper, er scheint ein bisschen abgenommen zu haben, er sieht so jungenhaft aus wie damals, und er geht mit den gleichen vorsichtigen Schritten an mir vorbei, mit denen er damals durch das Ausgrabungsareal gegangen ist, seine große Gestalt schien die bloßgelegte Ausgrabungsstätte zu beschützen, und ich bürstete gründlich den Staub ab, schaute heimlich zu ihm hin und betete, dass er wieder zu mir kommen würde, dass er mir zuliebe die Sonnenbrille absetzen und mich Pariserin nennen würde.
    Da kommt er schon zurück, den Jungen auf den Schultern, natürlich hat er keine Minute an ein Gespräch mit der Lehrerin, mit einem Vater, einer Mutter vergeudet, pass auf, das Tor, hätte ich fast gerufen, als Gilis Kopf sich dem eisernen Rand nähert, aber er bückt sich gerade rechtzeitig, und ich spähe unter meinem Strohhut hervor, das sind meine beiden Männer, das ist meine ganze Familie, seine großen Hände umfassen die Knöchel des Jungen, bedecken seine Unterschenkel, Gilis Hände liegen auf seinem Kopf, spielen mit den neuen Grasstoppeln, und ich habe das Gefühl, dass er, wenn er meinen Sohn auf die Schultern nimmt, auch mich festhält, schließlich ist dies der Junge, den ich heute Morgen angezogen habe, es sind die Kleider, die ich für ihngewaschen habe, es ist der Ranzen, den ich für ihn gekauft habe, er gehört ganz mir, dieser Junge, und wenn er so auf deinen Schultern reitet, bin auch ich dort, neben ihm, fühlst du mein Gewicht nicht, denn ich gehöre dir auch noch und du mir, ich werde mich ganz selbstverständlich neben ihn in das rote Auto setzen, aber sofort erstarre ich, so nicht, ich darf nicht durch solche voreiligen Manöver alles gefährden, wie leicht könnte das mit einer tiefen Enttäuschung enden, ich muss auf den Abend warten, nach dem Plan vorgehen, und ich atme tief, bereite mich auf die Verfolgung vor, während sie einsteigen und sich anschnallen. Noch nie habe ich so etwas gemacht, was soll ich tun, wenn sich ein Auto zwischen uns schiebt und ich sie verliere, und was, wenn uns kein Auto trennt und er mich entdeckt, ich

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