Späte Familie
sehen, und da reiÃt seinem Vater die Geduld, er schimpft, du hast genug genörgelt, geh jetzt ins Bett, und Schluss, und wie zu Hause zeigt das Schimpfen Wirkung, schnell herrscht wieder Stille in der Wohnung, eine geladene, bedrohliche Stille, die das Gesagte in einem neuen Licht erscheinen lässt: eine Frau, die du nicht kennst, sie geht gleich wieder, die Worte beunruhigen mich, als sagten sie die Zukunft voraus. Das ist es, was er plant, ich habe die Grausamkeit in seiner Stimme gehört, seine Schadenfreude mir gegenüber, die ganzen Jahre war er eifersüchtig auf die Beziehung zwischen Gili und mir, und jetzt hat er vor, ihn mit Geschenken und Fürsorge an sichzu binden, bis er mich vergisst. Und ich habe das Gefühl, dass die Aufgabe, die ich mir gestellt habe, von Minute zu Minute lebenswichtiger wird, schlieÃlich habe ich den Riss verursacht, und nun muss ich den Schaden in dieser Nacht auch wieder beheben.
Bald wird leise an die Tür geklopft, ich mache sie vorsichtig auf, verlasse erschöpft mein Gefängnis, meine Haare und meine Kleidung haben sich mit dem Geruch des Desinfektionsmittels voll gesogen, er legt den Finger auf den Mund und wirft mir einen anklagenden Blick zu, dass ich ja keinen Ton von mir gebe, und ich gehe auf Zehenspitzen zu meinem Platz am Tisch zurück, betrachte mit schwerem Herzen Gilis Teller, von meiner Rede sind auch nur noch kalte Reste geblieben, aber ich habe keine andere Wahl.
Amnon, hör zu, flüstere ich und versuche, edelmütig alles zu ignorieren, was hier passiert ist, du hast keine Ahnung, wie sehr ich bedauere, was ich getan habe, mir ist jetzt klar, dass es ein Fehler war, ich möchte, dass du wieder nach Hause kommst, dass wir wieder eine Familie sind, du hast Recht gehabt, ich war nicht fähig, das zu schätzen, was ich hatte, ich habe nicht verstanden, was ich tue, ich flehe dich an, mir zu verzeihen, ich bin sicher, du wirst es nicht bereuen, wir haben so viel zu gewinnen, es ist doch kein Zustand, dass ich mich vor meinem Sohn verstecken muss, dass ich mich zweimal die Woche von ihm trennen muss, aber sofort ermahne ich mich selbst, mich auf uns zu konzentrieren und nicht auf Gili, er ist schlieÃlich daran interessiert, Teil eines Paares zu sein, nicht nur Vater, das ist es, was er in all den Jahren immer wieder gesagt hat. Einen Moment lang schweige ich und schaue ihn an, er hat sein Gesicht nicht zu mir gewandt, sondern zu dem groÃen Fenster, das auf das beleuchtete Kloster hinausgeht, die gerade, wohlgeformte Nase, die schmalen Lippen, die blauen Augen sind auf dasalte Gebäude gerichtet, als käme meine Stimme von dort, und ich lege vorsichtig meine Hand auf seine, Amnon, du fehlst mir, ich möchte mein Leben mit dir verbringen, meine schmale Hand mit den abgekauten Fingernägeln ist zu klein, um seine kräftigen Finger zu bedecken, und dennoch, mit welcher Zartheit hat er damals die Tonscherben gehalten. Zu meinem Erschrecken zieht er seine Hand mit einer scharfen Bewegung zurück, als beschmutzte ich ihn, und sagt hart, ohne mich anzusehen, hör zu, Ella, du hast Glück, dass ich rücksichtsvoller mit dir umgehen werde als du mit mir, als ich versucht habe, dich zu überreden, mit dieser Trennung noch zu warten, du hast mich aus dem Weg geräumt, als wäre ich ein ärgerliches Hindernis, eine Gesundheitsgefährdung, ein Stein des AnstoÃes, ich werde das mit dir nicht tun, denn du warst meine Frau, die Mutter meines Sohnes wirst du immer bleiben, aber ich möchte dir eine Frage stellen, wer denkst du, dass du bist, für wen hältst du dich?
Ich verstehe diese Frage nicht, antworte ich, inzwischen weià ich, dass dieses Gespräch nicht so ablaufen wird, wie ich es mir vorgestellt habe, und er sagt, ich verstehe nicht, was dieser Besuch soll, glaubst du wirklich, dass ich irgendein Schokoladensoldat in einem deiner Spielchen bin? Dass du mich vor- und zurückschieben kannst, wie es dir gerade passt? Als du mich aus deinem Leben entfernt hast, hast du nicht an mich gedacht, und auch jetzt, da du versuchst, mich zurückzuholen, denkst du nicht an mich, sondern nur an dich selbst.
Ich protestiere, wirklich, Amnon, heuchle doch nicht, keiner trennt sich seinem Partner zuliebe und keiner kommt zurück seinem Partner zuliebe, im Eheleben geht es doch nicht um Wohltaten, und er sagt, ich spreche nicht von Wohltaten, sondern von einem Minimum an Rücksichtnahme, vonder
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