Späte Heimkehr
Kauf von Schermaschinen. Sein Verhältnis zur Großstadt war gespalten, und er hatte das Leben auf dem Land während dieser Zeit schmerzlich vermisst. An jedem Feiertag und an verlängerten Wochenenden setzte er sich an der Central Station in die überfüllte Eisenbahn und fuhr heim nach Amba. Mrs. Anderson bereitete ihm jedes Mal eines seiner Lieblingsgerichte zu. Vor dem Essen trank er mit seinem Vater einen Sherry und besprach geschäftliche Angelegenheiten, bevor er dann seinen Platz an der langen Tafel aus Palisanderholz einnahm. Seine Mutter freute sich, ihn zu sehen, das wusste er, aber abgesehen von ein paar oberflächlichen Fragen zeigte sie kein sonderliches Interesse an seinem Leben in Sydney und schien ganz einfach davon auszugehen, dass es ihm dort gut ging und dass er glücklich war. Nach einiger Zeit gab er den Versuch auf, sie zu überreden, ihn in der Stadt zu besuchen, um einen Einkaufsbummel zu machen oder ins Theater zu gehen. Solange er in Sydney gewohnt hatte, waren seine Eltern nur zweimal gemeinsam dort gewesen. Einmal war sein Vater allein gekommen, weil er einen Termin beim Anwalt hatte, und sie hatten im Australia Hotel zu Mittag gegessen. Das Treffen war wenig erfreulich verlaufen. Phillip beschwerte sich über den Service, die Qualität des Essens und die Preise, und auf Barneys Angebot, die Rechnung zu übernehmen, hatte er nur barsch erwidert, er hoffe, das sei kein Beispiel dafür, wie leichtfertig er in Sydney sein Geld verschleudere.
Aber das städtische Leben hatte auch positive Seiten gehabt. Sydney war in den Jahren nach dem Krieg eine faszinierende Stadt. Immer mehr Einwanderer kamen nach Australien, viele von ihnen Heimatlose aus europäischen Flüchtlingslagern. Wenn Barney im Hafenviertel zu tun hatte, beobachtete er oft, wie die riesigen Dampfer, auf deren Decks sich unzählige Passagiere drängten, von Schleppern hereingezogen wurden. Er betrachtete die Reisenden und versuchte sich vorzustellen, was das für ein Gefühl war, in einem Land anzukommen, das so fremd war und so anders als die Heimat. Während manche der Menschen optimistisch und voller Erwartungen zu sein schienen, war anderen das erlittene Leid und das Grauen immer noch von den Gesichtern abzulesen.
Im Büro oder an den Wochenenden am Strand und auf Partys lernte Barney einige gleichaltrige Neuankömmlinge aus Großbritannien und dem übrigen Europa kennen. Wegen ihres ungewöhnlichen Akzents und ihres fremdartigen Aussehens fand er die Mädchen vor allem sehr attraktiv. Aber es war nicht einfach, sich mit ihnen anzufreunden, weil sie sich häufig reserviert verhielten und sich offenbar nicht an ein Land gewöhnen konnten, in dem junge Männer sie am glutheißen Strand stundenlang alleine sitzen ließen, um sich in einem gefährlich aussehenden Ozean zu vergnügen. Ebenso wenig konnten sie sich dafür begeistern, dass ihre Gefährten sich nur mit einem Proviantbeutel ausgerüstet in die Wildnis aufmachten und auf Buschwanderung gingen.
Mit den australischen Mädchen war es einfacher, aber obwohl er sich mit vielen gut anfreundete und eine Menge Spaß hatte, blieben seine Beziehungen locker. Es war auch keine Frau darunter, mit der er sich eine Ehe hätte vorstellen können. Sydney boomte in jenen stürmischen Jahren nach dem Krieg, und die Menschen berauschten sich an den materiellen Genüssen, die das Leben in Friedenszeiten bot. Es war höchst unwahrscheinlich, dass eine dieser jungen Frauen sich damit zufrieden geben würde, Grenzzäune mit ihm abzureiten. Obwohl Amba ein herrlicher Besitz war und ein großes Vermögen darstellte, würde Barney ein relativ bescheidenes – wenn auch komfortables – Leben führen, bis er eines Tages den Platz seines Vaters einnahm. Anders als die Mädchen aus der Stadt, die an seiner ländlichen Herkunft ohnehin meist nicht interessiert waren, verstanden die Töchter der anderen Schafzüchter, was ein solcher Besitz bedeutete.
Er war froh gewesen, die Stadt hinter sich lassen zu können und in seine geliebte Heimat zurückzukehren, in die Weite New Englands, von der 5000 Morgen Land zu Amba gehörten. Die Farm selbst, die greifbaren Tatsachen, die ihr Recht, auf diesem Grund und Boden zu leben, verankerten, bedeuteten ihm weniger als das Land an sich, das Gefühl, dort hinzugehören.
Die Landschaft, die sich vor ihm ausbreitete, ihre Felsen und Bäume, Hügel und Wasserläufe, kannte er wie seine Westentasche. Obwohl er nur wenig über die Aborigines wusste, da in
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