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Späte Reue: Josef Ackermann – eine Nahaufnahme (German Edition)

Späte Reue: Josef Ackermann – eine Nahaufnahme (German Edition)

Titel: Späte Reue: Josef Ackermann – eine Nahaufnahme (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Baron
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dem gesamten Bankensektor« ergeben, Deutschland würde auch »als Finanzplatz schweren Schaden erleiden, wenn ausgerechnet wir als Erste eine Bank an die Wand fahren ließen«. BaFin-Chef Sanio habe sogar vor der »größten Finanzkrise seit der Wirtschaftsdepression in den dreißiger Jahren« des vorigen Jahrhunderts gewarnt, wenn die IKB umfalle.
    Um das zu verhindern, übernimmt Großaktionär KfW Liquiditätsgarantien in Höhe von über acht Milliarden Euro für die Düsseldorfer. Hinzu kommen 2 , 5 Milliarden Euro Kapitalhilfe aus einem frisch aufgelegten Rettungsfonds, zu dem auch private Banken, Landesbanken, Sparkassen und Genossenschaftsbanken eine Milliarde beisteuern. IKB -Chef Ortseifen muss mit sofortiger Wirkung die Bank verlassen. Für ihn kommt Günther Bräunig aus dem Vorstand der KfW.
    Doch das sollte nur der Anfang sein. Der zunehmende Wertverfall der Papiere ihrer Zweckgesellschaften macht die IKB zu einem Fass ohne Boden. Sie reißt auch ihr Mutterhaus tief in die Verlustzone, dessen Chefin tritt entnervt zurück. Am Ende wird die Düsseldorfer Bank, »Heuschrecken« hin oder her, an den amerikanischen Finanzinvestor Lone Star verscherbelt. Und selbst dafür muss der Staat noch einmal Hunderte von Millionen Euro drauflegen. Summa summarum verschlingt die vermeintliche Biedermann-Bank am Ende fast elf Milliarden Euro, mehr als neun davon aus der Steuerkasse.
    Dass es so schlimm kommen würde, ahnt allerdings noch niemand, als die Nachricht von der Stützungsaktion Ende Juli bekannt wird. Dennoch schlägt sie ein wie eine Bombe. Wenn selbst eine kleine und allem äußeren Anschein nach grundsolide Spezialbank wie die IKB für die langfristige Finanzierung gehobener mittelständischer Firmen aus der deutschen Provinz, außerhalb der Bilanz und ohne dass die Kontrollgremien Alarm schlugen, sich mit CDO s im Milliarden-Umfang so überheben konnte, wie mag es dann woanders aussehen? Wer ist als Nächster an der Reihe? Wie viel Risiko schlummert unerkannt in außerbilanziellen Zweckgesellschaften? Wie aussagekräftig sind Bankbilanzen eigentlich noch? Und was ist von Ratings zu halten, wenn die IKB bis zum Schluss nur eine Stufe schlechter als die Deutsche Bank eingestuft wurde?
    Die auch von Josef Ackermann geteilte Annahme, dass das Finanzsystem durch Verbriefung sicherer geworden sei und jeder nur so viele Risiken aufnehme, wie er tragen kann, hatte einen schweren Schlag bekommen. Misstrauen hält zunehmend Einzug in die Bankenwelt, die doch wie keine andere Branche auf Vertrauen angewiesen ist.
    Schon damals, ein Jahr vor der Pleite von Lehman Brothers, hätte die große Finanzkrise ausbrechen können. Für die meisten Akteure wäre sie zu diesem Zeitpunkt völlig überraschend gekommen. Dass der große Knall erst ein Jahr später erfolgt und so manches Geldhaus dadurch wertvolle Zeit gewinnt und seine Verwundbarkeit reduzieren kann, ist nicht zuletzt der Aufmerksamkeit der Deutschen Bank und dem Alarmruf ihres Chefs bei der BaFin zu verdanken. Und natürlich, nicht zu vergessen, dem deutschen Steuerzahler.
    Statt Lob dafür zu ernten, wird dem Schweizer und seinem Institut jedoch vorgeworfen, am Niedergang der Mittelstandsbank mitschuldig zu sein. Die Frankfurter hätten der IKB eine Menge der Papiere angedreht, deren Wert kurz darauf so dramatisch verfallen sei – und zwar als sie selbst bereits auf einen Preisverfall gesetzt hätten.
    Als Beleg dient den Kritikern unter anderem das Buch »The Big Short« des amerikanischen Finanzjournalisten Michael Lewis. Darin gibt dieser einen Dialog zwischen dem Chef- CDO -Händler der Deutschen Bank, Greg Lippmann, und dem Hedgefonds-Manager Steve Eisman wieder, die beide schon 2006 den Einsturz des Marktes für strukturierte Hypothekenpapiere erwarten. Eisman fragt Lippmann im Sommer jenes Jahres, wer denn den »Schrott« immer noch abnehme. Lippmanns Antwort: »Düsseldorf. Dumme Deutsche. Sie nehmen Ratingagenturen ernst. Sie glauben an die Regeln.«
    Kaum etwas beschreibt die Einstellung zu Kunden, die in der Bankenbranche damals um sich gegriffen hatte, besser als diese Episode: Ein Teil der Bank verkauft Produkte, die ein anderer Teil für Müll hält und gegen die er massiv wettet. Das Argument, dies sei gängige Praxis und nicht illegal gewesen, die Wette auf Baisse müsse als Absicherung (im Fachjargon »Hedge«) für die vielen anderen Geschäfte betrachtet werden, die auf eine positive Marktentwicklung setzten und mit denen man am Ende ja

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