Späte Reue: Josef Ackermann – eine Nahaufnahme (German Edition)
bekanntlich selbst Milliarden verloren habe, kann die meisten Menschen nicht überzeugen. Sie betrachten ein solches Verhalten, zumindest im Nachhinein, als »unethisch und unverantwortlich«, wie es EU -Binnenkommissar Michel Barnier formuliert.
Im Falle der IKB verurteilen auch Josef Ackermann und die Deutsche Bank Lippmanns Sprache und die darin zum Ausdruck gebrachte Einstellung gegenüber Kunden. Sie verteidigen sich aber in der Sache damit, dass es im eigenen Hause nun einmal unterschiedliche Markteinschätzungen gegeben habe. Diese seien auch nach außen deutlich geworden. Im Übrigen habe es sich bei der IKB um professionelle Geschäftspartner gehandelt. Von diesen dürfe man erwarten, dass sie wissen, was sie tun, und die von ihnen eingegangenen Risiken verstehen. Tatsächlich schwärmt die US -Investmentbank Morgan Stanley in einer Investoren-Präsentation für Rhinebridge vom Januar 2007 geradezu von einem »erfahrenen Vermögensverwalter« mit »überlegenen Analyseinstrumenten« und einer »führenden Einrichtung zur Evaluierung und Überwachung von CDO s«.
Gleichwohl schließt die Deutsche Bank mit den auf der britischen Kanalinsel Jersey beheimateten IKB -Fondsgesellschaften, auch Loreley-Gesellschaften genannt, Jahre später, im Februar 2012 , einen Vergleich. Indirekt bekommen die KfW und damit der deutsche Steuerzahler auf diesem Wege einen dreistelligen Millionenbetrag zurück. Josef Ackermann macht wenige Monate vor seinem Abschied Hausputz und will eine hässliche gerichtliche Auseinandersetzung vermeiden, bei der auf der anderen Seite letztlich der deutsche Staat steht.
Im Oktober zuvor hatten die Loreley-Gesellschaften der IKB gegen die Deutsche Bank in New York eine Betrugsklage eingereicht und Schadenersatzforderungen in Höhe von fast 570 Millionen US -Dollar plus Zinsen aus Anteilen an sechs CDO s geltend gemacht, die ihnen in den Jahren 2006 und 2007 verkauft worden waren. Die fraglichen CDO s seien »zum Scheitern bestimmt – ja dafür gebaut« gewesen, so der Vorwurf der Kläger. Teilweise habe die Deutsche Bank dabei auch besonders riskante Papiere aus dem eigenen Bestand zu überhöhten Preisen abgeladen und überhaupt bewusst falsche bzw. irreführende Angaben gemacht – hinsichtlich der Qualität der CDO s wie der Identität und Interessenlage derer, die bei der Auswahl des Inhalts mitgewirkt haben. So sei nicht nur etwa verschwiegen worden, dass ihr Chefhändler Lippmann die Produkte weithin für Schrott gehalten habe, sondern auch die Mitwirkung des Groß-Investors John A. Paulson. Der habe teilweise die Kreditpakete ausgesucht, die in zwei CDO s mit dem Namen START eingeflossen waren, um dann mit CDS auf deren Wertverfall zu wetten und daran zu verdienen.
Die Kläger stützen sich dabei auch auf eine Studie zur » CDO -Maschine« der Deutschen Bank, die der Ständige Unterausschuss für Untersuchungen des US -Senats im Rahmen eines Reports über die Finanzkrise Mitte April 2011 veröffentlicht hatte. Der Bericht basiert auf Zeugenaussagen und internen E-Mails. Er kommt zu dem Schluss, das Geldinstitut habe »minderwertige Produkte« verkauft und »in hohem Maße zur Finanzkrise beigetragen«.
Dort ist allerdings auch nachzulesen, dass Lippmann in der Deutschen Bank nur eine Minderheitsposition vertreten hat. So hätten die Bank und ein mit ihr verbundener Londoner Hedgefonds namens Winchester Capital noch Ende März 2007 mit Eigenhandelspositionen in Hypothekenpapieren von über 25 Milliarden Dollar auf weiter steigende Preise gesetzt. Bis weit ins Jahr 2007 hinein, so CDO -Chefhändler Lippmann vor dem Untersuchungsausschuss, habe er Anshu Jain, das für das weltweite Handelsgeschäft zuständige GEC -Mitglied, sowie dessen Schulfreund Rajeev Misra, den Leiter des weltweiten Kredithandels, wiederholt vor einem Zusammenbruch des Marktes gewarnt und dazu geraten, die sogenannten Long-Positionen der Bank abzubauen. Vergeblich. Er sei schon froh gewesen, seine eigenen Short-Positionen aufrechterhalten zu dürfen.
Diese betragen im März des Jahres insgesamt an die fünf Milliarden Dollar. Am Ende bringen sie der Bank 1 , 5 Milliarden Dollar an Gewinn und tragen so wesentlich mit dazu bei, die über sechs Milliarden Dollar Verluste aus den Long-Positionen der Bank zu verringern, die durch den Preisverfall auf den Märkten 2007 und 2008 anfallen.
Am 1 . Februar 2007 bittet Lippmann laut Senatsbericht einen Kunden darum, mit seinen E-Mails an ihn diskret umzugehen. Er wolle
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