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Späte Reue: Josef Ackermann – eine Nahaufnahme (German Edition)

Späte Reue: Josef Ackermann – eine Nahaufnahme (German Edition)

Titel: Späte Reue: Josef Ackermann – eine Nahaufnahme (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Baron
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Investmentbankern nicht die nötige Akzeptanz genieße, sowie für Deutschland-Chef Jürgen Fitschen. Mit über 60 Jahren erscheint der als zu alt. Finanzchef Krause sei erst zu kurz dabei und nicht ausreichend erprobt. Personal- und Infrastrukturchef Lamberti habe zu wenig öffentliches Profil und sich in den jüngsten Bonusrunden bei den Investmentbankern unbeliebt gemacht.
    Risikochef Bänziger, eigentlich ein logischer Kandidat, nachdem die Bank vergleichsweise sicher durch die Finanzkrise gekommen ist und Sicherheit jetzt überall großgeschrieben wird, haften ebenfalls Handicaps an: Mit ihm würde schon wieder ein Schweizer Chef der Deutschen Bank, daneben habe auch er bei den Investmentbankern kaum noch Freunde, seit er ihnen zusammen mit Vorstandschef Ackermann die Flügel gestutzt habe. Außerdem sei er wegen eines raubeinigen Managementstils berüchtigt und auch beim Aufsichtsratsvorsitzenden Clemens Börsig, zuvor als Finanz- und Risikochef sein Vorgesetzter, nicht wohlgelitten.
    Auch Börsig selbst, vor dem Wechsel an die Spitze des Kontrollgremiums im Vorstand für Finanzen zuständig, werden Ambitionen auf die Chefposition der Bank nachgesagt. In einem Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung hatte er einige Wochen zuvor auf die Frage nach diesbezüglichen Absichten auffällig ausweichend geantwortet.
    Mitte März beruft die Deutsche Bank Anshu Jain, Michael Cohrs, Rainer Neske und Jürgen Fitschen, die bisher nur im operativen Führungsgremium ( GEC ) vertreten waren, auch in den Vorstand. Die einen sehen den Schritt als Vorbereitung auf die anstehende Auswahl eines Ackermann-Nachfolgers, andere als Maßnahme des Aufsichtsratsvorsitzenden, mehr Macht zu gewinnen, weil er nun künftig auch die Vertreter der wichtigsten Geschäftssparten direkt kontrollieren kann. Wieder andere vermuten ein raffiniertes Manöver Börsigs, sich im neuen Vorstand den Rückhalt für eigene Pläne im Hinblick auf die Spitzenposition zu sichern.
    Am Dienstag, dem 28 . April 2009 , soll das Ergebnis für das erste Quartal des Jahres bekanntgegeben werden. Was bis zuletzt nur wenige wissen: Ackermann will an diesem Tag auch seinen vorzeitigen Abschied zur nächsten Hauptversammlung knapp einen Monat später verkünden. Der für Vorstandspersonalien zuständige vierköpfige Präsidialausschuss des Aufsichtsrats ist seit längerem eingeweiht und hat sich in den vergangenen Wochen darauf verständigt, dem gesamten Kontrollgremium, das am Tag zuvor zusammenkommt, Clemens Börsig als neuen Vorstands- und den früheren SAP -Chef Henning Kagermann als künftigen Aufsichtsratsvorsitzenden vorzuschlagen. Alles scheint sauber eingetütet. Ich mache mir schon meine Gedanken, wie es für mich selbst danach weitergeht.
    Doch bei dem üblichen Treffen der Arbeitnehmervertreter vor der entscheidenden Sitzung des gesamten Kontrollgremiums am Montag formiert sich plötzlich unerwarteter Widerstand gegen den Aufsichtsratsvorsitzenden. Seine Rückkehr ins Management erscheint einer Reihe von Arbeitnehmervertretern schon grundsätzlich problematisch. Hinzu kommen seit langem bestehende persönliche Animositäten gegenüber dem ruppigen Börsig sowie Bedenken hinsichtlich der Eignung von Kagermann als Oberaufseher einer internationalen Großbank – und nicht zuletzt eine irritierende Information, die kurzfristig an die Ohren einiger Kontrolleure gedrungen sein muss: Eine externe Detektei habe im Auftrag der Konzernsicherheit einen Aktionär ausgeforscht, der bei der Hauptversammlung durch kritische Fragen aufgefallen war. Die Aktion sei durch ein Gespräch Börsigs mit dem Leiter der Abteilung Investor Relations ausgelöst worden.
    Auch auf Seiten der Anteilseigner regen sich infolge der noch ungeklärten Ausforschungsaktion Zweifel. Eine einvernehmliche Entscheidung jedenfalls scheint aussichtslos.
    Damit ist die Operation gescheitert. Alles andere als ein einhelliges Votum kommt gerade in diesem Fall nicht in Frage. Der einzige Ausweg: Ackermann muss weitermachen. Börsig erhält den Auftrag, den Schweizer umzustimmen. Dem bleibt nichts anderes übrig, als der Bitte zu entsprechen. Ein Nein hätte die Bank in schwerste Turbulenzen gestürzt, ein derart kurzfristiger Rückzug ohne Nachfolgeregelung seinen Ruf schwer beschädigt. Fahnenflucht ist für einen Offizier der Schweizer Armee keine Option.
    Am Montagnachmittag beschließt das Kontrollgremium der Bank auf seiner Sitzung einstimmig, den Vertrag des amtierenden

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