Späte Reue: Josef Ackermann – eine Nahaufnahme (German Edition)
sich eine Handvoll Vertreter deutscher Spitzenunternehmen auf meine Einladung hin zur ersten Sitzung bei der Deutschen Bank in Frankfurt.
Unterstützt durch den renommierten Münchner Wirtschaftsethiker Professor Karl Homann und das Wittenberg-Zentrum für Globale Ethik unter der Leitung von Professor Andreas Suchanek erarbeitet die Gruppe ein »Leitbild für verantwortliches Handeln in der Wirtschaft«. Das von dem ehemaligen Außenminister Hans-Dietrich Genscher mitgegründete Zentrum beschäftigt sich mit den ethischen Voraussetzungen einer erfolgreichen Globalisierung.
Um die erwünschte Breitenwirkung zu entfalten, muss sich das Leitbild von Anfang an auf eine kritische Masse in der deutschen Wirtschaft stützen können. Die Abstimmungsarbeit zieht sich lange hin, und so dauert es mehr als zwei Jahre, bis das Manifest schließlich von Jürgen Strube zusammen mit Josef Ackermann und weiteren Wirtschaftsführern im Berliner Haus der Künste am Pariser Platz der Öffentlichkeit vorgestellt wird. Dafür haben über 20 Unternehmenschefs, darunter neben Josef Ackermann auch Martin Winterkorn von VW , Jürgen Hambrecht von der BASF und Franz Fehrenbach von Bosch, den ersten firmenübergreifenden Ethikkodex in Deutschland da bereits unterschrieben.
»Als Entscheider verpflichten wir uns zur erfolgs- und werteorientierten Führung«, heißt es in dem Dokument. »Verantwortliches Gewinnstreben heißt für uns, sowohl den langfristigen Unternehmenswert zu steigern als auch die hierfür notwendigen Voraussetzungen zu erhalten und zu stärken. Zu diesen zählen insbesondere der Rechtsstaat sowie der Ordnungsrahmen der Sozialen Marktwirtschaft mit den Prinzipien der unternehmerischen Freiheit und Sozialpartnerschaft; hinzu kommen der soziale Zusammenhalt, eine lebenswerte Umwelt sowie gesellschaftliches Vertrauen in die Wirtschaft, in Unternehmen und ihre Entscheider.«
Im April desselben Jahres hatte die Deutsche Bank schon ihren hauseigenen Ethikkodex in diesem Sinne aktualisiert. Das von Vorstand und Aufsichtsrat verabschiedete Dokument legt die Mindeststandards für das Verhalten aller Mitarbeiter untereinander, gegenüber Kunden, Geschäftspartnern und Wettbewerbern fest. Darin heißt es unter anderem: »Die Deutsche Bank fordert aufrichtiges und ethisch einwandfreies Verhalten bei allen geschäftlichen Aktivitäten.« Und: »Im Interesse unserer Kunden zu handeln ist wesentlicher Teil unseres Leitbilds und unserer Werte. Wir stellen Transparenz und Integrität in den Mittelpunkt unserer Geschäftstätigkeit.« Wie ernst es die Führung der Bank damit meint, zeigt eine Whistleblower-Klausel in der Einleitung zu der Mitarbeiter-Broschüre: »Die reine Lektüre des Kodex reicht jedoch nicht aus. Wir müssen auch konsequent handeln, wenn wir Verstöße gegen seine Bestimmungen vermuten oder beobachten … Die Deutsche Bank untersagt jegliche Benachteiligung von Mitarbeitern, die in gutem Glauben einen vermutlichen Verstoß durch andere melden.«
Schon lange hatte Josef Ackermann immer wieder auf die Bedeutung nicht nur rechtlich, sondern auch moralisch einwandfreien Verhaltens hingewiesen. »Kein Geschäft ist es wert, den guten Ruf der Bank aufs Spiel zu setzen«, hatte er auf der Hauptversammlung im Mai 2007 unter dem Eindruck der Siemens-Korruptionsaffäre gesagt. Für ethisch und rechtlich unkorrektes Verhalten gelte in seinem Hause das Prinzip »Null Toleranz«. Und der Zeit hatte er seinerzeit anvertraut: »Wenn wir nur ansatzweise Grauzonen zulassen, dann ist das nicht mehr kontrollierbar.«
Josef Ackermann meint, was er sagt. Und handelt entsprechend. Als im Mai 2009 die sogenannte Spitzelaffäre ihren Lauf nimmt, tut er alles, um die Vorgänge ohne Ansehen der Person aufklären zu lassen. Selbst auf die Gefahr hin, damit das Verhältnis zu seinem Aufsichtsratsvorsitzenden zu belasten.
Ein Musterbeispiel dafür, wie rigoros der Schweizer seine Überzeugungen gegen Freund und Feind vertreten kann, stellt die Korruptionsaffäre bei Siemens dar. Der langjährige Chef des Unternehmens, Heinrich von Pierer, war während des Mannesmann-Prozesses immer eine seiner verlässlichsten Stützen im Aufsichtsrat der Deutschen Bank gewesen. Dennoch hatte Ackermann in dem Schmiergeldskandal an der Seite von Aufsichtsratschef Gerhard Cromme, dem Gesamtbetriebsratsvorsitzenden Ralf Heckmann und Berthold Huber aus der IG -Metall-Spitze auf konsequente Aufklärung und Sanktionierung gedrängt.
Nun sind diese im eigenen Haus
Weitere Kostenlose Bücher