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Späte Reue: Josef Ackermann – eine Nahaufnahme (German Edition)

Späte Reue: Josef Ackermann – eine Nahaufnahme (German Edition)

Titel: Späte Reue: Josef Ackermann – eine Nahaufnahme (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Baron
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gefordert. In einer Nachbesprechung der Hauptversammlung Anfang Juli 2006 hatte Clemens Börsig den Chef der Abteilung Investor Relations ( IR ) gefragt, was man eigentlich über den Aktionär Michael Bohndorf wisse; sei der vielleicht dem Kirch-Lager zuzurechnen? Der Rechtsanwalt, der ganze fünf Deutsche-Bank-Aktien in einem Depot bei der Hamburger Sparkasse sein Eigen nennt, war dem Aufsichtsratsvorsitzenden und Versammlungsleiter auf dem Aktionärstreffen unangenehm aufgefallen. Bohndorf hatte heftige Kritik an den 17 Millionen Euro Abgeltungsleistungen für Börsig bei dessen Wechsel aus dem Vorstand an die Spitze des Kontrollgremiums geübt.
    Der IR -Chef versteht die Frage des Oberaufsehers, der als Vorstandsmitglied für Finanzen bis vor kurzem noch sein direkter Vorgesetzter war, als Auftrag, mehr über den Aktionär in Erfahrung zu bringen. Er wendet sich an den Deutschland-Chef der Abteilung Konzernsicherheit. Dieser vergibt ein Mandat an ein unabhängiges Detektivbüro, das selbst wiederum Subunternehmer einsetzt.
    Die Detektive mieten für eine Zeitlang inkognito unter anderem Bohndorfs kleine Finca in den Bergen von Ibiza an, um dessen »Lebensverhältnisse«, »privates Umfeld« und »persönliche Schwächen und Vorlieben« auszuforschen. Der so Ausgespähte behauptet später zudem, die Bank habe eine »gutaussehende Brasilianerin« namens Adriana als Lockvogel auf ihn angesetzt, wofür sich allerdings keinerlei Belege finden lassen.
    Die spektakulären Spitzelaffären bei Bahn und Telekom schrecken 2008 / 2009 die gesamte deutsche Wirtschaft auf. Der Konzernsicherheit der Deutschen Bank kommen nachträglich Bedenken über die Aktion drei Jahre zuvor. Sie meldet den Vorgang nach oben.
    Als Ackermann davon erfährt, stößt er zusammen mit dem Prüfungsausschuss-Vorsitzenden, Arcandor-Chef Karl-Gerhard Eick, sofort eine unabhängige Untersuchung durch die Rechtsanwaltskanzlei Cleary Gottlieb Steen & Hamilton an. Die Bank informiert die BaFin und die hessische Datenschutzbehörde und danach auch selbst die Öffentlichkeit. »So viel freiwillige und breitgestreute Transparenz« habe es »in der 140 -jährigen Geschichte der Bank wohl kaum jemals gegeben«, wundert sich der Spiegel .
    Die Untersuchung von Cleary Gottlieb soll zehn Jahre zurückgehen und auch mögliche andere fragwürdige Fälle dieser Art unter die Lupe nehmen. Dabei stellt sich heraus, dass in dieser Zeitspanne nach einem Informationsleck auch ein Journalist sowie ein Vertreter der Arbeitnehmer im Aufsichtsrat ausgeforscht worden waren. Weiterhin kommt zum Vorschein, dass ein Dienstleister bei einer Übung der Sicherheitsabteilung, die den Schutz der Führungsmannschaft der Bank überprüfen sollte, zu weit gegangen war und dabei unter anderem an einem Privatauto der Familie des Vorstandsmitglieds Hermann-Josef Lamberti einen Peilsender angebracht hatte.
    Mitte Juli 2009 legen die Anwälte von Cleary Gottlieb bereits ihren Bericht vor. Einige Tage darauf gibt die Bank die wesentlichen Ergebnisse bekannt: Allen Ausspähaktionen, insgesamt vier über einen Zeitraum von zehn Jahren, hätten ursprünglich »legitime Absichten« zugrunde gelegen, »im Verlaufe ihrer Ausführung« sei es dann jedoch zu »rechtlich bedenklichen Aktivitäten durch die beauftragten Dienstleister« gekommen. Ein »systematisches Fehlverhalten« auf Seiten der Bank habe »nicht festgestellt« werden können. Die Sicherheitsabteilung habe beim Engagement und der Überwachung externer Dienstleister allerdings die nötige Sorgfalt vermissen lassen. In der Folge werden die Regeln für solche Engagements erheblich verschärft.
    Der zuständige Leiter der Abteilung Konzernsicherheit für Deutschland ist da bereits fristlos gekündigt. Auch der IR -Chef hatte gehen müssen. Beide klagen vor dem Arbeitsgericht gegen ihre Entlassung.
    Zwischendurch spekulieren einzelne Medien immer wieder, Ackermanns Eifer bei der Aufklärung der Affäre sei ein Rachefeldzug für den behaupteten Putschversuch des Aufsichtsratsvorsitzenden gegen ihn, den es allerdings nie gegeben hat. Die Pressemitteilung der Bank über die Ergebnisse der Cleary-Untersuchung verschafft den Verschwörungstheorien jedoch neue Nahrung. Es gebe keine Hinweise darauf, dass »heute amtierende« Vorstandsmitglieder der Bank »verwickelt oder informiert« gewesen seien, heißt es dort. Zugleich ist schwarz auf weiß nachzulesen, was im Hause inzwischen längst Gesprächsthema Nummer eins ist: Die Nachforschungen

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