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Späte Schuld

Späte Schuld

Titel: Späte Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Kessler
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Berufsethos zu handeln.
    Aber es fühlte sich so falsch an.
    Sie hatte das »Richtige« getan und dabei nicht nur die Frau zerstört, die sie liebte, sondern auch ihre Beziehung.
    Das Telefon klingelte. Sie ertrug es nicht, jetzt mit einem anderen menschlichen Wesen zu kommunizieren. Aber dann griff sie doch nach dem Telefonhörer. »Ja?«
    »Andi … hier ist Gene.«
    »Was willst du?« Andi merkte, dass ihre Stimme streng klang vor lauter Verbitterung und Schuld.
    »Kommst du … kommst du wieder nach Hause?«
    War das ein Hilfeschrei oder ein Friedensangebot? Für beides war Andi noch nicht bereit.
    »Ich habe kein Zuhause mehr«, sagte sie. Sobald sie es ausgesprochen hatte, schossen ihr Tränen der Reue in die Augen.
    »Andi … Baby … lass nicht zu, dass dieser Dreckskerl Claymore alles zerstört, was wir miteinander geteilt haben.«
    »Du verstehst es nicht, oder? Die Zukunft gehört den Claymores dieser Welt. Reuige Sünder werden von allen geliebt. Deshalb wohnt er in einer Strandvilla in Santa Barbara, und deshalb hat er eine schicke Suite in diesem Hotel, während ich mich mit einem einfachen Businesszimmer zufriedengeben muss.«
    Eine Sekunde lang wäre Andi beinahe weich geworden. Aber dann fiel ihr auf, dass Gene »geteilt haben« gesagt hatte und nicht »teilen«.
    Zwischen ihnen würde es nie wieder so sein wie vorher, das wusste Gene genauso gut wie sie. Man kann eine Beziehung nicht aus dem Jenseits zurückholen.
    Andi legte auf und nahm noch einen Schluck Wodka … und eine weitere Tablette.

Mittwoch, 2. September 2009 – 13.40 Uhr
    »Hallo, könnte ich bitte mit Martine Yin sprechen?«
    Louis Manning stand in einer Telefonzelle. Er hasste das Gefühl, nicht mobil zu sein. Sein Auto – oder vielmehr Claymores Auto – war weg, und er hatte auch nicht so viel Geld bei sich, wie er es sich gewünscht hätte. In der Brieftasche des Polizisten waren ein paar Scheine gewesen, und er hatte sich durch mehrere schnelle Raubüberfälle in verschiedenen Gegenden der Stadt zusätzliches Bargeld besorgt.
    Aber er fühlte sich exponiert. Die Cops würden sicher bald nach ihm suchen, er musste sich also bedeckt halten. In Oakland hatte er aus Claymores Auto gelebt, aber in L.A. hatte er seine eigene Bude, wenn auch nur gemietet. Sein Verstand sagte ihm, dass er am besten sofort in einen Bus steigen und nach L.A. verduften sollte, wo er sich eine Weile verstecken konnte. Andererseits wimmelte es am Busbahnhof bestimmt von Cops, die nach ihm Ausschau hielten. Er hatte gerade genug Geld in der Tasche für einen fahrbaren Untersatz und ein bisschen Benzin. Aber wie er bereits zur Krankenschwester gesagt hatte, musste er zuerst noch etwas erledigen.
    »Sie ist noch nicht wieder zurück in L.A. Soweit wir wissen, ist sie noch in Oakland. Darf ich fragen, wer am Apparat ist?«
    »Aber ich dachte, sie würde gar nicht mehr über den Claymore-Fall berichten und wäre von einer anderen Reporterin ersetzt worden. Außerdem ist der Prozess inzwischen zu Ende.«
    »Ja, aber sie ist trotzdem in Oakland geblieben. Mehr wissen wir momentan auch nicht. Sagen Sie mir doch einfach, worum es geht. Vielleicht kann Ihnen jemand anders hier im Sender weiterhelfen.«
    »Nein, das geht nicht. Ich spreche nur mit Martine persönlich.«
    Er legte den Hörer auf und war sich sicher, kein Misstrauen erregt zu haben. Im Sender würde man davon ausgehen, dass er einer von Martines Informanten war, der nur ihr selbst vertraute. Was er erfahren hatte, überraschte ihn nicht. Martine Yin schlief mit Alex Sedaka, also war es auch nicht verwunderlich, dass sie in seiner Nähe blieb.
    Die Frage war nur, ob sie bei ihm in San Francisco wohnte oder sich immer noch in Oakland aufhielt. Der Mann am Telefon hatte Oakland gesagt, aber im Sender wussten sie vermutlich gar nichts von Alex – oder kannten jedenfalls nicht die ganze Geschichte. Wenn sie bei Sedaka übernachtete, würde es schwer werden, an sie heranzukommen. Aber er musste es versuchen.
    Zuerst brauchte er jedoch Klarheit über ihren Aufenthaltsort, was ein paar weitere Telefonanrufe erforderlich machte.

Mittwoch, 2. September 2009 – 14.25 Uhr
    »Soll ich das Licht einschalten, Euer Ehren?«
    Richterin Wagner saß allein in ihrem dunklen Büro, als ihre Assistentin den Kopf zur Tür hereinsteckte. Draußen schien die Nachmittagssonne, aber sie hatte die Vorhänge zugezogen, um in Ruhe nachdenken zu können.
    »Nein, nicht nötig. Im Moment sitze ich lieber im Dunkeln.«
    Die

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