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Späte Schuld

Späte Schuld

Titel: Späte Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Kessler
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europäischstämmige Weiße. Außerdem 350 000 Asiaten, die Claymore freundlich gesinnt sein könnten oder auch nicht. Das müssen wir erst durch eigene Umfragen herausfinden.«
    »Hört sich gut an. Allerdings sind die 200 000 Afroamerikaner nicht unbedingt gut auf Claymore zu sprechen.«
    »Nein, aber ich habe mir so meine Gedanken über das Thema linksliberale Weiße gemacht.«
    »Und?«
    »Die könnten Sie sich bei der Vorvernehmung der Geschworenen gezielt herauspicken.«
    »Natürlich können wir versuchen, uns die Jury zurechtzubiegen, aber die Anklagevertretung wird garantiert dasselbe tun. Und auch die kann zehn Geschworene ablehnen.«
    »Das weiß ich. Es kommt also ganz darauf an, wie viele Linke überhaupt zur Auswahl stehen.«
    »Es ist, wie Sie bereits sagten, Andi: Einen komplett weißen Bezirk, der auch noch politisch links orientiert ist, gibt es nicht.«
    »Komplett weiß nicht, das stimmt. Aber meine Überlegung war, dass Berkeley in Alameda liegt, und wo eine Uni ist, sind linksliberale Akademiker. Meist wohnen die auch in der Gegend. Wenn wir die zu den Hispanos, den Asiaten und den Schwarzen hinzuzählen, bekommen wir vielleicht doch eine wohlwollende Jury zusammen.«
    »Da könnten Sie durchaus recht haben«, räumte Alex ein. »Die Staatsanwaltschaft wird uns jedoch Steine in den Weg legen, wo sie nur kann.«
    »Das kann sie aber nur, wenn sie weiß, was wir vorhaben. Wenn wir es so aussehen lassen, als wollten wir schwarze und asiatische Geschworene meiden, schlägt sie vielleicht einen Bezirk vor, in dem es besonders viele davon gibt. Dann muss der Richter einen Bezirk wie Alameda als Kompromiss finden.«
    »Andi, ich glaube, wenn Sie jetzt hier wären, würde ich Sie auf der Stelle küssen.«

Freitag, 26. Juni 2009 – 11.20 Uhr
    »Laut einer Meinungsumfrage halten 96 Prozent der Frauen und 78 Prozent der Männer in diesem Bezirk meinen Mandanten für schuldig. Und die negative Berichterstattung der hiesigen Radiosender darf man auch nicht vergessen.«
    Der Richter in Saal zwölf des Berufungsgerichts von Ventura County hörte Alex aufmerksam zu.
    »Unter diesen erschwerten Umständen«, fuhr Alex fort, »kann meinem Mandanten in Ventura unmöglich ein fairer Prozess zuteilwerden. In Sacramento hingegen gibt es keinerlei Anzeichen für Vorurteile in der Bevölkerung.«
    Andi beobachtete Alex. In Sacramento gab es elf Prozent Schwarze und achtzehn Prozent Hispanoamerikaner.
    »Haben Sie Ihrer Stellungnahme von vorhin noch irgendetwas hinzuzufügen, Mrs Jensen?«, fragte der Richter und sah die Staatsanwältin an. Sarah Jensen stand auf und strich sich eine schwarze Haarsträhne aus den Augen. Sie zögerte einen Moment, als wollte sie die derzeitige Gefühlslage des Richters abschätzen. Vom Verhandlungsort hing vielleicht der Ausgang des gesamten Prozesses ab. Was heute in diesem Gerichtssaal passierte, konnte alles, was danach kam, hinfällig machen. Die Staatsanwältin musste ihren nächsten Wurf also genau abschätzen.
    »Ich kann nur wiederholen, was ich schon auf das letzte Argument des Verteidigers geantwortet habe, nämlich dass die Vorvernehmung der Jury ein ausreichendes Instrument zur Vermeidung vorurteilsbelasteter Geschworener darstellt, was natürlich voraussetzt, dass genügend potenzielle Geschworene zur Auswahl stehen. Die Verteidigung versucht ganz offenkundig, den Prozess an einen Ort mit einer Bevölkerungsstruktur zu verschieben, die ihr günstiger erscheint.«
    »Wollen Sie damit andeuten, dass Sacramento der Verteidigung diesbezüglich entgegenkommen würde?«, fragte der Richter.
    »Nicht unbedingt. Aber dort lebt nun mal ein höherer Prozentsatz von schw… von Mr Claymores eigener Bevölkerungsgruppe.«
    Alex wusste, dass die Staatsanwältin ihre Worte sorgfältig abwägen musste. Einerseits wollte sie der Verteidigung Bemühungen unterstellen, mehr Afroamerikaner in die Jury zu bekommen, aber durch ihren Protest dagegen verriet sie andererseits, dass sie das Gegenteil anstrebte.
    »Aber an der Bevölkerungsverteilung von Sacramento ist doch nichts auszusetzen, oder? Aus verfassungsrechtlicher Sicht, meine ich.« Der Richter lächelte.
    Sarah Jensen war sichtlich verlegen. »Ich … äh, wir … die Anklage erkennt durchaus an, dass es Gründe für eine Verlegung des Verhandlungsortes gibt. Aber in der Gegend um San Francisco ist Sacramento sicher nicht die beste Wahl.«
    Alex witterte seine Chance und schlug zu: »Wenn die Bevölkerungsverteilung von Sacramento der

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