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Späte Schuld

Späte Schuld

Titel: Späte Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Kessler
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Bücher mit Verbrecherfotos.«
    »Nein, die werden heutzutage nicht mehr benutzt. Man hat nämlich schon vor langer Zeit herausgefunden, dass vor den Augen der Zeugen alles verschwimmt, wenn sie Hunderte von Fotos anschauen müssen. Die erkennen dann nicht mal mehr ihre eigene Mutter, was schon zu irrtümlichen Verhaftungen geführt hat, und auch dazu, dass Schuldige ungestraft davongekommen sind. Wenn die Polizei bei der Suche nach einem unbekannten Täter die Öffentlichkeit um Unterstützung bittet, benutzt sie dazu meist eine Zeichnung oder ein digitales Fahndungsfoto. Aber in diesem Fall wurden dem Opfer Verbrecherfotos vorgelegt, als billige Alternative zu einer Gegenüberstellung. Das nennt sich ›Foto-Gegenüberstellung‹. Statt mutmaßliche Täter auf Verdacht festzunehmen und Klagen zu riskieren, mischt die Polizei einfach Fotos von Tatverdächtigen mit Fotos von gesetzestreuen Bürgern, auf die die Beschreibung ebenfalls zutrifft. Dafür kann sie im Prinzip auch alte Fotos nehmen, Hauptsache das Foto des Verdächtigen ist aktuell. Solange die Beschreibung des Zeugen auf sämtliche Gesichter auf den Fotos zutrifft, ist die Identifizierung rechtskräftig.«
    »Aber dürfen die das einfach so ohne mein Wissen machen? Ohne dass mein Anwalt dabei ist?«
    »Absolut. USA gegen Ash 1973 . Aber wir können das Verfahren trotzdem kritisieren und die Geschworenen so vielleicht auf unsere Seite ziehen.«
    »Aber wenn das Opfer der Polizei erzählt hat, dass der Täter zwischen zwanzig und dreißig ist, was hat es dann für ein Foto von mir gesehen? Eins von heute oder eins von früher?«
    »Eins von früher.«
    Claymore wirkte verwirrt. »Macht das nicht die ganze Identifizierung ungültig?«
    »Nein, du hast mich falsch verstanden, Elias. Sie hat niemanden erkannt.«
    »Was sollte dann der Schwachsinn, dass sie mich auf einem Foto erkannt hat?«
    »Das war später. Am Nachmittag ist sie noch einmal zurückgekommen und hat der Polizei erzählt, dass der Mann, der sie angegriffen hat, doch deutlich älter war.«
    »Aber ich bin achtundfünfzig. Wie kommt sie von Mitte zwanzig auf achtundfünfzig?«
    »Gute Frage. Die Polizei war vermutlich auch skeptisch, auch wenn das aus dem Polizeibericht nicht eindeutig hervorgeht. Man muss zwischen den Zeilen lesen.«
    »Aber was hat sie genau gesagt? Ich meine, hat sie einfach behauptet: ›Er war doch doppelt so alt, wie ich vorhin behauptet habe‹?«
    Alex reichte Claymore eine Kopie der Aussage. Dieser nahm sie entgegen und überflog sie, während Alex seine Frage beantwortete: »Sie hat gesagt, dass sie mittlerweile glaube, er sei über fünfzig gewesen. Und zwar, weil sie ihn noch einmal gesehen habe.«
    »Was meinst du mit ›noch einmal gesehen‹?«
    »Dass sie dich gesehen hat. Nicht in Fleisch und Blut, sondern im Fernsehen. Sie sagt, sie sei an einem Elektromarkt vorbeigekommen und habe dich auf einem Bildschirm im Schaufenster gesehen. Beim Moderieren deiner Show. Und da sei ihr klar geworden – behauptet sie jedenfalls –, dass du es warst.«
    »Aber ist der Polizei der Altersunterschied denn nicht aufgefallen? Wurde sie nicht aufgefordert, den Widerspruch zu erklären?«
    »Doch, aber sie hat einfach behauptet, sie habe sich geirrt, weil sie unter Stress gestanden habe. Was ja nachvollziehbar ist.«
    »Aber wie kann man Mitte zwanzig mit Mitte fünfzig verwechseln, selbst unter Stress?«
    »Diese Frage scheint sich die Polizei nicht gestellt zu haben. Falls doch, hat sie keine Antwort darauf erhalten, jedenfalls nicht, soweit ich erkennen kann. Und genau deshalb werden wir diese Frage vor Gericht stellen.«

Mittwoch, 15. Juli 2009 – 12.40 Uhr
    »Dem Angeklagten Elias Claymore wird Vergewaltigung nach Paragraph 261, Teil a, Abschnitt 2 des kalifornischen Strafgesetzbuches vorgeworfen. Bekennen Sie sich schuldig, Elias Claymore?«
    »Nicht schuldig.«
    Claymore setzte sich und sah sich nervös um. Sie waren in Gerichtssaal elf des Rene-C.-Davidson-Gerichtsgebäudes in Oakland. Den Vorsitz hatte Richterin Roberts.
    Alex blieb stehen. »Euer Ehren, an dieser Stelle würde ich gern meinen Antrag auf Freilassung gegen Kaution wiederholen, den ich bereits schriftlich eingereicht habe.«
    Sarah Jensen, die den Fall vorläufig weiterbetreute, stand auf, um auf Alex’ Antrag zu antworten. Aber die Richterin stoppte sie mit erhobener Hand. »Ich habe Ihren Antrag sorgfältig geprüft, Mr Sedaka, aber ich sehe keinen Grund, die ursprüngliche Entscheidung zu

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