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Späte Schuld

Späte Schuld

Titel: Späte Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Kessler
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County an. Ich habe in dem Labor gearbeitet, in dem die Proben des Claymore-Falls getestet wurden. Ich hätte da ein paar sehr interessante Informationen über das Labor und wie dort gearbeitet wird. Bitte rufen Sie mich doch zurück unter …«
    Alex beeilte sich, einen Kugelschreiber aufzutreiben und die Nummer zu notieren.

Mittwoch, 19. August 2009 – 13.45 Uhr
    »Andi? Erde an Andi!«
    »Oh. Entschuldigung.« Andis Verlegenheit war nicht zu übersehen.
    »Wo waren Sie mit Ihren Gedanken?«
    »Tut mir leid.« Andi machte immer noch einen verwirrten Eindruck und schien mit ihrer Antwort zu zögern. »Wenn ich über ein Problem nachdenke, tauche ich manchmal so tief ab, dass die Welt untergehen könnte, ohne dass ich es merken würde.«
    Juanita machte eine wegwerfende Handbewegung. »Ich verstehe jedenfalls immer noch nicht, wie man die Software so verändern kann, dass Schwarze ausgeschlossen werden. Ich meine, in den Wählerlisten und im Führerscheinregister ist die Hautfarbe doch gar nicht vermerkt.«
    »Ich weiß auch nicht, wie das funktionieren soll. Aber wenn ich mit meiner Theorie richtigliege, hat es irgendjemand trotzdem geschafft. Vielleicht hat derjenige die Software so beeinflusst, dass sie bestimmte Namen herausfiltert.«
    »Welche denn zum Beispiel?«, fragte Juanita und musste fast lachen. »Jackson? Washington?«
    »Oder vielleicht nur die Vornamen.«
    Juanitas Lächeln wurde noch breiter. »La Toya? Denzel?«
    »Schon gut, ich sehe es ja ein.«
    »Entschuldigen Sie, ich wollte mich nicht über Sie lustig machen. Aber das ist nun wirklich keine besonders einleuchtende Erklärung.«
    »Tja, vielleicht ist die Software ja so programmiert, dass sie Straßennamen aussiebt, in denen besonders viele Menschen mit demselben Nachnamen wohnen. Mit anderen Worten, große Familien.«
    »Dadurch würden aber auch viele Katholiken aussortiert werden. Und Mormonen!«
    Bei diesem absurden Gedanken brachen sie beide in mädchenhaftes Gekicher aus, und Juanita legte leicht ihre Hand auf Andis Handrücken – ein kurzer Moment der Intimität.
    »Ich wollte Sie noch etwas fragen, Andi. Haben Sie immer noch ein ungutes Gefühl bei der Arbeit an diesem Fall?«
    Juanita merkte, dass sich bei dieser Frage eine ernste Note in ihre Stimme geschlichen hatte. Aber sie spürte auch, dass Andi dankbar für die Gelegenheit war, sich ihre Sorgen von der Seele zu reden. Andis Dilemma wegen Gene und deren Job im Krisenzentrum für Vergewaltigungsopfer war Juanita nicht entgangen, und es interessierte sie, wie Andi jetzt dazu stand. War sie inzwischen mit ihrer Aufgabe als Verteidigerin versöhnt, obwohl ihre Lebensgefährtin nach wie vor nicht begeistert davon sein konnte?
    Andi zögerte ein paar Sekunden, bevor sie antwortete: »Ich verstehe einfach nicht, warum man unbedingt das Opfer angreifen muss, um jemanden zu verteidigen. Manchmal bleibt einem natürlich nichts anderes übrig, aber geht das nicht auch ein wenig sanfter?«
    »Die Reputation eines Zeugen lässt sich nun mal nicht sanft zerstören.«
    Andi dachte über diesen Einwurf nach, und ihr wurde klar, dass sie mit ihrem Herzen dachte statt mit ihrem Kopf. »Genau das habe ich bei Bethel Newton versucht. Ich habe versucht, mich darauf zu konzentrieren, dass sie sich bei der Identifizierung des Täters geirrt haben könnte. Aber im Zuge dessen war ich gezwungen, die unschöne Geschichte mit ihrem früheren Vergewaltigungsvorwurf auf den Tisch zu bringen. Wenn ich es nicht getan hätte, hätte Claymore nach einer eventuellen Verurteilung in Berufung gehen und das Urteil wegen mangelhafter Vertretung durch die Verteidigung anfechten können. Und das hätte auch Alex geschadet – und Levine und Webster.«
    »So funktioniert das kontradiktorische System nun mal, Andi. Die Anklage führt ihre stärksten Argumente ins Feld, und wir halten es genauso.«
    »Und dafür müssen wir mit dem Opfer kurzen Prozess machen.«
    »Das ist der Lauf der Dinge, Andi – zumindest vor Gericht.«
    »Und was passiert, wenn man einmal keine dunklen Flecken in der Vergangenheit des mutmaßlichen Opfers findet?«
    »Mit der Hundert-zu-zehn-Methode findet sich normalerweise immer etwas.«
    »Hundert-zu-zehn?«, wiederholte Andi fragend.
    »Na ja, selbst ein Heiliger hat Feinde. Mit Feinden meine ich Personen, die bereit sind, schlecht über ihn zu sprechen. Der Gedanke dahinter ist folgender: Wenn man mit genügend Personen redet, die das Opfer kennen, findet man früher oder später immer

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