Späte Sühne - Island-Krimi
manchmal als Ausstellungsleiter tituliert.«
»Das sind dann Nummer sieben und acht.«
»Und außerdem natürlich der Tote, Anton Eiríksson.«
»Neun. Es waren also lauter Männer?«
»Ja, bis auf die Frau des Botschafters. Ich weiß natürlich nicht, als was du die beiden Schwulen zählst.«
»Was meinst du damit?«, fragte Birkir. »Es sind Männer, und als solche zähle ich sie. Ist das bei euch im Ministerium nicht so?«
»Doch, wahrscheinlich.«
»Ist es denkbar, dass noch andere Gäste im Haus waren?«
»Das ist höchst unwahrscheinlich. Die Sicherheitsbeauftragten gehen ihre Unterlagen durch und checken die Aufnahmen der Sicherheitskameras. Man kann auch aus der Tiefgarage ins Haus gelangen, aber die Sicherheitskameras erfassen jeden, der dort unterwegs ist. Ohne Chipkarte und PIN -Nummer kommt man nicht hinein.«
»Mit anderen Worten, einer von diesen acht muss die Tat verübt haben?«
»Ja, so viel steht eigentlich fest.«
»Wissen wir, wo sich diese Leute im Augenblick befinden?«
Nach einem Blick auf das Display erklärte Sigmundur: »Der Botschafter und seine Frau sind in Berlin. Der Dichter und sein Begleiter sind nach Frankfurt abgereist. Die anderen vier sind entweder auf dem Weg nach Island oder bereits dort angekommen, soweit Arngrímur vom Botschafter erfahren hat.«
»Hat man nichts unternommen, um sie gestern noch zu erreichen?«
»Nicht dass ich wüsste. Die ersten Reaktionen im Ministerium waren etwas desorganisiert. Als man die Sache endlich in Angriff nahm, stellte sich heraus, dass alle bereits aus Berlin abgereist waren, und wir können nur hoffen, dass sie sich möglichst bald in Island einfinden werden.«
»Es wäre besser gewesen, wenn man gleich gestern Morgen mit ihnen gesprochen hätte, und zwar einzeln. Die deutsche Kriminalpolizei hätte das doch sicher tun können. Wir hätten dann heute die Vernehmungen fortsetzen können.«
»Es wäre vielleicht eine etwas drastische Maßnahme gewesen, all diese Leute in Berlin festzuhalten«, antwortete Sigmundur zögernd.
Birkir schwieg und überlegte. »Hm, ja. Hoffentlich können wir bald mit ihnen reden«, sagte er schließlich.
Sigmundur beschäftigte sich weiter mit seinem Smartphone, während Birkir über den Fall nachdachte. Anna auf dem Fensterplatz schnarchte leise.
13:50
Nachdem das Flugzeug in Berlin Schönefeld gelandet war, gab eine der Flugbegleiterinnen über Lautsprecher durch, dass die Temperatur in der Stadt zwölf Grad Celsius betrug.
Birkir, Anna und Sigmundur trafen Gunnar erst im langen Korridor des Flughafengebäudes wieder. Er stopfte sich gerade sein Hemd in die Hose, das ihm während des Flugs herausgerutscht war.
»Mensch, ich glaube, ich habe die ganze Zeit geschlafen«, sagte er entschuldigend.
Birkir hegte den Verdacht, dass Gunnars Flugreise damit begonnen hatte, sich von den Flugbegleiterinnen zwei Mahlzeiten und drei oder vier Flaschen Bier servieren zu lassen, und erst danach war er eingeschlafen.
»Dann bist du ja ausgeruht«, sagte er zu Gunnar.
Sigmundur schielte missbilligend zu Gunnar hinüber, sagte aber nichts. Er telefonierte bereits.
Anna beeilte sich, in eine Raucherzone zu kommen, wo sie sich eine Zigarette anzündete. Sie winkte den anderen zu, schon weiterzugehen, und sagte: »Ich komme gleich nach.«
»Der Chauffeur der Botschaft ist am Flughafen«, sagte Sigmundur. »Er erwartet uns am Ausgang.«
Birkir beobachtete Gunnar, während sie sich zu den Gepäckbändern begaben.
»Und was ist das für ein Gefühl, in Deutschland zu sein?«, fragte er.
»Es ist schon ein bisschen komisch«, gab Gunnar zu und blickte sich um. »Ich bin natürlich daran gewöhnt, Deutsch zu hören, beispielsweise bei ausländischen Touristen. Aber hier ist man davon umgeben. Ich mag die Sprache, Mama hat sie mir beigebracht, noch bevor ich Isländisch gelernt habe.«
Es kam Birkir so vor, als klänge Gunnars Stimme ein wenig unsicher.
»Ich weiß, dass du nur ungern reist«, sagte Birkir. »Ich verstehe aber nicht, weshalb du noch nie in Deutschland gewesen bist.«
»Die gute alte Mama hat eine Phobie vor Deutschland, seit sie nach Island geflüchtet ist«, antwortete Gunnar. »Sie hat kurz vor Kriegsende schlimme Dinge erlebt, und der Zustand hier in Deutschland war wohl furchtbar. Sie ist von Lübeck aus nach Island gekommen, aber ihre Wurzeln waren im Osten Deutschlands, das war ihr Deutschland. Sie war überzeugt, dass sie nicht wieder aus dem Land gelassen würde, falls sie jemals
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