Späte Sühne - Island-Krimi
imstande sein, ein gerüttelt Maß an Langeweile über uns ergehen zu lassen, wenn wir überleben wollen.«
Der Botschafter griente, aber das Grinsen verschwand schnell von seinem Gesicht, als er merkte, dass Birkir das keineswegs amüsant fand. »In der Pause ging ich zu allen, die ich kannte, und lud sie nach der Lesung zu einem kleinen Empfang ein. Das waren etwa dreißig Leute. Sie warteten mit mir im Foyer, während der Dichter einige Bücher signierte, und anschließend begaben wir uns in die obere Etage, wo Getränke und Canapés angeboten wurden. So nach und nach verzogen sich die Gäste, und um sechs waren dann nur noch acht übrig. Bis sechs hatte ich die Bedienung im Felleshus gebucht. Ich hatte aber noch persönliche Gespräche mit einigen aus der Gruppe zu führen, deswegen beschloss ich, mit ihnen in die Botschaft zu gehen. Du hast die Gästeliste, nicht wahr?«
Birkir nickte.
»Bald meldete sich aber bei einigen der Hunger, deswegen habe ich Essen aus einem asiatischen Restaurant bestellt, und wir haben im Konferenzraum gegessen.«
»Weshalb hast du sie nicht in die Residenz eingeladen?«, fragte Birkir.
Konráð lächelte schwach. »Das hätte ich unter normalen Umständen auch getan, aber zur Zeit sind meine Schwiegereltern zu Besuch in Berlin. Es ist nicht schön, so etwas zu sagen, aber die alten Leutchen meckern an allem herum und sind so ermüdend, dass man Gästen das Zusammensein mit ihnen einfach nicht zumuten kann.«
»Ist es so schlimm?«, fragte Birkir.
»Es geht hauptsächlich darum, dass die beiden sich in der Gesellschaft von Leuten, die Alkohol trinken, sehr unwohl fühlen«, sagte Konráð. »Und ich kann sie doch nicht einfach ins Bett schicken, wenn wir Gäste haben«, fügte er hinzu.
Birkir zog die Augenbrauen hoch. »Weshalb hast du die Gäste nicht in ein Restaurant eingeladen?«, fragte er.
»Das hätte ich gewiss getan, wenn da nicht mein Freund Jón Sváfnisson gewesen wäre, der Sonnendichter«, antwortete der Botschafter geduldig. »Der hat nämlich die leidige Angewohnheit, andere unentwegt mit Gedichten bombardieren zu müssen, und dabei stellt er sich nicht selten auch auf Stühle und Tische. In Gesellschaft dieses reizenden Menschen ist es mir zweimal passiert, dass ich aus einem Lokal rausgeworfen wurde. Nein, es war eine reiflich überlegte und vernünftige Entscheidung, in der Botschaft zu bleiben. Es hätte nur ein einziges Zimmer gereinigt werden müssen, und dafür haben wir Personal.«
»Aber ihr wart auch noch anderswo im Haus, nicht wahr?«
»Ja, wie ich dir bereits sagte, wollte ich Gespräche mit einigen Leuten aus dieser Gruppe führen, und das tat ich in meinem Büro im dritten Stock. Außerdem brauchten wir Geschirr und Besteck aus dem Kaffeeraum im zweiten Stock. Einige haben auch die Toiletten in den oberen Stockwerken benutzt, wenn die auf der ersten Etage besetzt war.«
»Mit welchen Leuten hast du Gespräche geführt?«
»Zunächst mit Helgi Kárason, dem Keramik-Künstler, und mit seinem Ausstellungsleiter Lúðvík Bjarnason. Der große Ausstellungssaal ist im neuen Jahr einige Wochen für ihn reserviert, und sie haben ihn sich angeschaut. In unserer Besprechung ging es um die Beteiligung der Botschaft an der Ausstellung, um die praktische Ausführung kümmern sich meine Mitarbeiter. Eigentlich ist Arngrímur Ingason, mein Botschaftsrat, dafür zuständig, und er hätte diese Leute treffen sollen, aber er war wegen dienstlicher Verpflichtungen verhindert.«
»Weshalb fand die Besprechung an einem Sonntag statt?«, fragte Birkir.
»Das passte einfach gut, weil die beiden zu der Lesung kommen wollten. Es war bereits lange vorher so vereinbart worden.«
»Und die anderen Besprechungen, waren die ebenfalls vorher vereinbart?«
»Nein, das war mehr ein Gedankenaustausch in Fortsetzung des Empfangs. Ich habe mich mit dem Sonnendichter und seinem Begleiter über die Buchmesse in Frankfurt unterhalten. Sie wollten, dass ich dorthin komme, um bei einer Einladung anlässlich der Herausgabe seines Buchs anwesend zu sein, wahrscheinlich mit dem Hintergedanken, dass ich die Kosten dafür übernehmen sollte. Die letzte Besprechung war kurz, ich habe den Modedesigner Unnar Mathieu mit dem verstorbenen Anton Eiríksson bekannt gemacht. Anton besaß hervorragende Kontakte im Fernen Osten, die nicht zuletzt auch Textilherstellern zugutegekommen sind. Er stellt Kontakte zu soliden und billigen Fabrikanten her, und so etwas kann sich heutzutage bezahlt
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