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Späte Sühne - Island-Krimi

Späte Sühne - Island-Krimi

Titel: Späte Sühne - Island-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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zurückzubleiben. Der diensthabende Sicherheitsbeauftragte führt dann eine Leibesvisitation durch. Ich gehe davon aus, dass ein Messer wie dieses das System in Gang setzen würde, vielleicht testen wir das einfach nachher.«
    Gunnar nickte und sagte: »Es deutet also alles darauf hin, dass der Mörder eine von den acht Personen war, die dort an der Party teilgenommen haben.«
    »Alles andere ist wohl ausgeschlossen«, bestätigte Wolf ebenfalls nickend.
    Gunnar wandte sich an Fischer. »Wenn Sie die Vollmacht gehabt hätten, den Fall zu untersuchen, hätten Sie doch sicher alle gestern Morgen vernommen, sie isoliert und intensiv befragt, nicht wahr?«, fragte er.
    »Ja«, antwortete Fischer. »Es hätte sicherlich einige Zeit gedauert, bis wir fähige Dolmetscher bekommen hätten, aber wir hätten alles versucht, um uns sofort ein Bild vom Gang der Ereignisse zu machen.«
    Gunnar nickte. »Stattdessen sind die Zeugen jetzt in alle Winde verstreut und haben außerdem genügend Zeit, um ihre Aussagen miteinander abzusprechen. Der Mörder ist auf freiem Fuß und zu allem fähig.«
    »So ist es«, stimmte Fischer zu.
    16:00
    Botschafter Konráð Björnsson traf in der Botschaft ein, als Birkir und Anna in dem ihnen zur Verfügung gestellten Büroraum auf der ersten Etage gerade ihre Brote verspeisten. Der Botschafter war ein kleiner, korpulenter Mann, der das schüttere, graue Haar mit Brillantine zurückgekämmt hatte. Mit dem rechten Bein machte er auffällig kürzere Schritte und hinkte deswegen.
    »Mahlzeit«, sagte er mit einer abwehrenden Geste, als Birkir das Sandwich hinlegen und ihm die Hand schütteln wollte. »Lasst euch nicht beim Essen stören«, fügte er jovial hinzu und ließ sich auf einem freien Stuhl nieder.
    Birkir betrachtete den Botschafter, während er seine Mahlzeit beendete. Ihm war klar, in was für einem Zustand sich Konráð befand. So sah ein Mensch aus, der morgens unter den Folgen übermäßigen Alkoholgenusses litt, aber gleichzeitig so daran gewöhnt war, dass dies den Normalzustand darstellte. Das aufgedunsene Gesicht wies tiefe Falten auf. Dunkle Ringe lagen unter den Augen, die zwar gerötet waren, aber trotzdem wach und klar wirkten.
    Birkirs Handy meldete sich. Es war Gunnar, der ihm mitteilte, dass der deutsche Kommissar ihnen Unterstützung bei der Tatortanalyse angeboten hatte. Anna war heilfroh, als sie das hörte. Sie hatte schon mehrere Tage Arbeit vor sich gesehen, mutterseelenallein in diesem Gebäude. Auch der Botschafter stimmte dem zu, nachdem Birkir ihm zu verstehen gegeben hatte, dass ansonsten die Botschaft mehrere Tage geschlossen bleiben müsste.
    Anna legte das halbe Sandwich zurück auf den Teller und ging nach draußen, um zu rauchen. Birkir holte ein Diktafon aus seiner Tasche und sah den Botschafter an.
    »Ist es in Ordnung, wenn ich unser Gespräch aufnehme?«, fragte er. »Es ist sehr wichtig, dass ich alles korrekt weitergeben kann.«
    Der Botschafter nickte zustimmend. »Selbstverständlich ist das in Ordnung«, sagte er.
    »Dann fang bitte damit an, was am Sonntag geschah«, sagte Birkir, nachdem er Informationen über Ort, Zeit und Gesprächspartner aufs Band gesprochen hatte.
    »Wo genau soll ich anfangen?«
    »Wann bist du an dem Tag in die Botschaft gekommen? Was war der Anlass?«
    »Ich kam gegen halb drei ins Felleshus. Die Lesung meines Freundes Jón Sváfnisson begann um drei im großen Veranstaltungssaal. Vor Kurzem ist ein Band mit seinen Gedichten in deutscher Übersetzung erschienen, und er ist angereist, um das Buch zu präsentieren.«
    »War diese Veranstaltung nur für geladene Gäste?«
    »Nein, nein. Die Lesung war öffentlich, auf sie wurde auch in den Feuilletons von einigen Berliner Tageszeitungen hingewiesen. Außerdem hatten wir Isländer, die hier in Berlin leben, und zahlreiche deutsche Freunde Islands eingeladen. Und ich habe mich persönlich mit ein paar isländischen Gästen in der Stadt in Verbindung gesetzt und sie über die Lesung informiert. Jón kam ebenfalls mit ein paar Leuten, es waren insgesamt sechzig Zuhörer. Zuerst hat ein deutscher Schauspieler eine halbe Stunde gelesen, und nach einer kurzen Pause hat Jón dann eine weitere halbe Stunde gelesen, vielleicht sogar noch etwas länger.«
    Konráð zog eine Grimasse. »Ehrlich gesagt, war es ein entsetzlich langweiliges Programm, aber in diesem Beruf muss man so einiges über sich ergehen lassen. Wir Diplomaten müssen über eine strapazierbare Blase verfügen und

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