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Späte Sühne - Island-Krimi

Späte Sühne - Island-Krimi

Titel: Späte Sühne - Island-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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sind von der isländischen Kriminalpolizei und müssen einen Mann treffen, der heute hier ist.«
    Der Aufseher musterte sie misstrauisch und sagte: »Warten Sie hier. Da muss ich mit meinem Vorgesetzten sprechen.«
    Er wandte sich ab und sprach in ein Funkgerät. Er erhielt Antwort über sein Headphone.
    »Wo wollen Sie diesen Gast finden?«, fragte er.
    »Stand H 251 im Erdgeschoss, Halle 6«, las Gunnar von einem Blatt ab.
    »Haben Sie Ausweise dabei?«
    Gunnar und Birkir zeigten ihre Pässe und Dienstausweise vor. Der Aufseher sah sich alles genau an und setzte sich daraufhin wieder mit jemandem über sein Funkgerät in Verbindung. Schließlich fragte er: »Kann jemand Ihren Auftrag hier bestätigen?«
    Gunnar zeigte Arngrímur Ingasons Visitenkarte mit dem Botschaftsaufdruck vor.
    »Sie können den Mann in der Botschaft in Berlin anrufen. Er weiß, weshalb wir hier sind.«
    Der Aufseher buchstabierte den Namen von Arngrímur in sein Funkgerät, und anschließend gab er die Telefonnummer weiter.
    »Warten Sie hier«, sagte er und verschwand hinter einer Tür.
    Zehn Minuten später tauchte er mit zwei Besucherkarten wieder auf. »Damit kommen Sie heute hinein«, sagte er. »Den Mann finden Sie dort«, fügte er hinzu und zeigte ihnen den Standort auf der Übersichtskarte des Messegeländes, die er ihnen zusammen mit der Besucherkarte aushändigte.
    »Vielen Dank«, sagte Gunnar. Birkir und er steckten ihre Karten in den Kartenleser und betraten das Messegelände.
    Mit Hilfe der Übersicht fanden sie nach einem langen Marsch über die freien Plätze zwischen den Gebäuden die Halle sechs. Obwohl es von Menschen und Büchern wimmelte, war es kein Problem, den Stand H 251 zu finden. Große Landschaftsaufnahmen von Island an den Wänden präsentierten einen neuen Bildband, ergänzt durch Porträtaufnahmen von bekannten isländischen Schriftstellern. Ein schlanker Mann mit dünnem Haar stand an einem Tisch und ordnete Informationsbroschüren.
    »Góðan daginn«, sagte Birkir.
    »Was? Ach so, góðan daginn «, antwortete der Mann und sah Birkir erstaunt an. »Du bist Isländer.«
    Birkir nickte. »Ja. Wir sind von der isländischen Kriminalpolizei und suchen den Sonnendichter Jón Sváfnisson.«
    »Du lieber Himmel. Hoffentlich seid ihr gekommen, um ihn festzunehmen.«
    »Besteht da Bedarf?«
    »Er macht uns hier wahnsinnig, und das schon am ersten Tag der Messe.«
    »Inwiefern?«
    »Wir haben hier einen gemeinsamen Stand mit einigen mittelgroßen Verlagen, und irgendjemand war so blöde, den Sonnendichter mit einzuladen. Den ganzen Tag hat er nichts als Ärger gemacht.«
    »Inwiefern?«, wiederholte Birkir.
    »Jón hat keinen blassen Schimmer, wie das auf so einer Messe abläuft. Hier kann man nur mit den Leuten reden, wenn man schon Wochen vorher einen Termin vereinbart hat. Jón marschiert einfach zu den großen Verlagen und verlangt, mit den Cheflektoren zu sprechen. Zwischendurch stiefelt er durch die Gänge und trägt lauthals brüllend seine Gedichte vor, als seien die ein Ort für künstlerische Aktionen und Happenings. Bei allen Lesungen handelt es sich um sorgfältig vorbereitete Veranstaltungen. Die Sicherheitsbeauftragten haben ihn sich schon dreimal geschnappt und wieder hierher gebracht, weil seine Zutrittskarte auf diesen Stand ausgestellt ist. Nehmt ihn um Himmels willen fest und schafft ihn uns vom Hals.«
    »Soweit ich sehen kann, besteht im Augenblick keine Veranlassung dazu«, antwortete Birkir.
    »Er ruiniert den guten Ruf der isländischen Literatur, ist das kein ausreichender Grund?«
    »Sicher, aber …«
    »Und da kommt er schon wieder. Ich muss dringend zu einem Termin. Ihr habt ein Auge auf den Stand und vor allem auf diesen Mann. Ihr seid dafür verantwortlich.«
    Mit diesen Worten war der Verleger verschwunden.
    Der Sonnendichter Jón Sváfnisson war eine stattliche und unübersehbare Erscheinung. Trotz seiner Größe war es ihm gelungen, eine Latzhose aus blauem Jeansstoff zu finden, die für seinen Körperumfang großzügig bemessen war. Die Hosenbeine waren bis über die alten ledernen Wanderschuhe hochgekrempelt, und um die Taille war die Hose so weit, dass sie nur von den Trägern hochgehalten wurde. Ein rot kariertes Baumwollhemd war nachlässig in das Oberteil gestopft worden. Das farblose, lange Haar stand an den Schläfen wirr ab, und eine kreisrunde Glatze war nicht zu übersehen. Er hatte sich ein rotes Schnupftabaktuch um den Kopf gebunden, um die Haare aus dem Gesicht zu

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