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Späte Sühne - Island-Krimi

Späte Sühne - Island-Krimi

Titel: Späte Sühne - Island-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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halten. Ein ungepflegter Vollbart verhüllte den unteren Teil des Gesichts. Er starrte sie aus klaren und stechenden blauen Augen durchdringend an.
    »Was wollt ihr von mir?«, donnerte er los, als Birkir sich und Gunnar vorgestellt hatte.
    »Wir untersuchen den Mord in der Botschaft in Berlin«, antwortete Birkir. »Du hast vielleicht noch nicht davon gehört?«
    »Mord, ein fürchterlicher Mord, in der Botschaft! Doch, wahrscheinlich hat mir irgendjemand so etwas zugesteckt. Hier sind Leute, die nichts anderes tun, als Klatsch und Tratsch zu verbreiten, obwohl sie vorgeben, mit Literatur zu handeln.« Jón gestikulierte wild, um seine Worte zu unterstreichen.
    »Du warst an dem Abend in der Botschaft«, sagte Birkir.
    »Wirklich?«
    »Ja. Es passierte bei dieser Party nach deiner Lesung am Sonntag.«
    »Ach ja. Es war der feiste ungebetene Gast, dieser widerwärtige Menschenhändler, der abgemurkst wurde. In dieser Nacht hat jemand der Menschheit einen großen Dienst erwiesen. Ich glaube, das war aber kaum ich, daran würde ich mich wahrscheinlich erinnern. Aber sicher ist es nicht. Wer weiß schon, wann man jemanden umbringt?«
    »Und woher weißt du, dass dieser Mann ermordet wurde?«, fragte Birkir.
    »Der Heilige Geist hat es mir offenbart«, antwortete Jón und hob die Hände zum Himmel.
    Birkir und Gunnar warfen sich einen Blick zu.
    »Es war die Mieze aus der Botschaft, die mir das heute Morgen gesagt hat«, erklärte Jón und wieherte vor Lachen. »Hieß er nicht Anton, dieses eingebildete Arschloch?«
    »Ja, er hieß Anton«, antwortete Birkir.
    »Dann sind wir uns ja einig. Wollen wir uns nicht einfach wieder dem Verkauf von Literatur zuwenden? Die Zeit ist kostbar, und ich muss heute noch mit vielen Leuten sprechen«, erklärte Jón.
    »Anton ist einige Male ins Büro des Botschafters gegangen, um von dort aus zu telefonieren. Warst du irgendwann einmal zusammen mit ihm in diesem Büro?«
    »Nein … Doch … Nein, wie zum Teufel soll ich das wissen? Ich war sturzbesoffen.«
    Birkir sah ratlos zu Gunnar hinüber, der breit grinste.
    »Dein Reisebegleiter Fabían, ist der auch mit dir hier auf der Messe?«, fragte Birkir.
    Jón blickte sich mit übertriebenen Bewegungen um. »Nein, den Eindruck habe ich nicht«, sagte er dann mit gespielter Verwunderung.
    »Wo können wir ihn finden?«, fragte Birkir geduldig.
    »Fabían! Fabían! Faaaabían!«, rief Jón und steigerte die Lautstärke bei jedem Ruf.
    Die Gäste an den benachbarten Ständen blickten neugierig zu ihnen herüber. Als Jón merkte, dass er die Aufmerksamkeit von einigen Leuten auf sich gezogen hatte, hielt er sein Buch hoch und rief: »Gedichte, isländische Gedichte zu verkaufen. Kommt und seht euch das an, liebe Freunde.«
    Die Leute blickten sofort in eine andere Richtung, und einige machten sich schleunigst aus dem Staub.
    »Ich muss mir einen Agenten zulegen«, sagte der Dichter und lachte dröhnend.
    Birkir wollte etwas sagen, aber Gunnar legte ihm die Hand auf die Schulter. »Geh und trink irgendwo einen Tee. Ich denke, es ist am besten, wenn ich mich ein bisschen mit dem Dichter unterhalte.«
    »Dann sehen wir uns in einer halben Stunde«, entgegnete Birkir achselzuckend.
    Als Birkir sich entfernt hatte, deutete Gunnar auf einen Kühlschrank etwas weiter hinten am Stand. »Da drin befinden sich doch vermutlich irgendwelche geistigen Getränke?«
    Jóns Interesse war ebenfalls erwacht, er ging zum Kühlschrank und öffnete ihn. Bierflaschen und isländischer Brennivín kamen zum Vorschein. Gunnar holte zwei Flaschen Bier heraus, ein Öffner lag auf dem Kühlschrank. Er machte die Flaschen auf, reichte Jón die eine und trank selber einen ordentlichen Schluck aus der anderen.
    »Ist Fabían nicht mit dir nach Frankfurt gekommen?«, fragte er.
    Jón leerte die halbe Flasche in einem Zug, bevor er antwortete. »Aah, das war eine gute Idee von dir. Du scheinst gar nicht so blöd zu sein.«
    Gunnar wiederholte die Frage.
    Jón nahm einen weiteren Zug. »Fabían, nein der ist nicht mit mir gekommen. Der arme Kerl ist elend dran. Er hatte genug von dieser verdammten Reiserei. Er ist am Montag direkt nach Island zurückgekehrt. Ich wäre besser mit ihm geflogen.«
    Gunnar setzte sich auf einen Stuhl, und Jón tat es ihm nach. Sie tranken schweigend, und als die Flaschen leer waren, holten sie sich Nachschub.
    Schließlich fragte Gunnar: »Wie gut kanntest du die Leute, die da am Sonntagabend in der Botschaft waren?«
    »Alle kennen mich, und

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