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Spaghetti in flagranti

Spaghetti in flagranti

Titel: Spaghetti in flagranti Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angela Troni
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das Essen ist fertig.«
    Die Zurechtgewiesene schmollte. »Man wird ja wohl noch fragen dürfen.«
    »Nein, darf man nicht«, widersprach ich ihr, nun wieder Herrin über meine Tonlage. »Und wenn ihr es babbo sagt, mache ich Polenta aus euch.«
    Die Drohung hätte ich mir sparen können, denn mein Vater war längst im Bilde. Er hatte nämlich keineswegs wie vermutet im Bett gelegen, sondern am Schlafzimmerfenster gestanden und mich und Otto beobachtet, als wir nach Hause gekommen waren. Zumindest reimte ich mir das so zusammen, als er am späten Nachmittag zu mir ins Zimmer kam und mich zum Gespräch bat. Zu einem ernsten Gespräch, wie mir beim Anblick seiner Miene sofort klar war. Abgesehen davon konnte ich mich nicht erinnern, dass er jemals ohne triftigen Grund mein Reich betreten hatte, und das ließ ebenfalls nichts Gutes ahnen.
    Ich lag mal wieder auf dem Bett, als er den Kopf zur Tür hereinsteckte, und war völlig in Tagträumereien über Otto und mich versunken, wobei ich mir die absurdesten Szenen ausmalte – schöne wie schlimme. Mal sah ich uns vor dem Traualtar in einer verwunschenen kleinen Kirche, wo Otto mir gerade den Ring an den Finger steckte, mal auf Hochzeitsreise am Strand in der Karibik oder in einem großen Haus mit Garten an einem der bayerischen Seen, wo unsere Kinder um uns herumsprangen – der volle Film also. Dann wieder durchzuckte mich die wilde Panik. Was, wenn er gestern total betrunken war und mich nur deshalb geküsst hat?, schoss es mir durch den Kopf. Vielleicht hat er ja eine Freundin in Deutschland, von der er mir nichts erzählt hat, und will hier bloß ein bisschen Spaß haben? Plötzlich sah ich ihn mit einer hübschen Blondine Hand in Hand durch die Isarauen in Thalkirchen schlendern.
    Waren Otto und ich nun überhaupt zusammen? Ich seufzte. Vermutlich nicht, denn der sagenhafteste erste Kuss, den ich je von einem Mann bekommen hatte, war inzwischen genau vierzehn Stunden, dreiunddreißig Minuten und acht Sekunden her, und ich hatte noch immer keinen Ton von ihm gehört. Ein italienischer Mann hätte mich längst zum Frühstück mit liebestrunkenen SMS bombardiert und vermutlich inzwischen auch dreimal angerufen, um sich von mir sagen zu lassen, dass er der beste Küsser aller Zeiten war.
    Otto war tatsächlich der beste Küsser aller Zeiten, nur leider gab er mir keine Gelegenheit, es ihm zu sagen. Und die Überlegung, dass ich ihn anrief oder ihm mit einer SMS zuvorkam, verbot sich einfach von selbst. In der Beziehung war ich ganz Italienerin.
    Zum x-ten Mal kontrollierte ich mein telefonino : Der Akku war voll, und die drei dicken Balken deuteten auf einen hervorragenden Empfang hin.
    Ich überlegte hin und her, ob ich Vale anrufen sollte, schließlich wollte ich unter keinen Umständen die Leitung blockieren. Bei meinem Glück rief Otto genau in dem Moment an, wenn ich meiner besten Freundin mein Leid klagte. Irgendwann hielt ich es jedoch nicht länger aus und drückte auf die Kurzwahltaste mit ihrer Nummer.
    Meine Befürchtung erledigte sich von selbst, denn sie ging nicht dran. Meine Verzweiflung wuchs und nahm allmählich klinische Ausmaße an.
    Mitten in diesem Gefühlschaos war mein Vater der Letzte, den ich an meiner Seite wissen wollte, und natürlich tat er alles, um meine Zweifel zu verstärken.
    »Na, meine große Tochter«, eröffnete er das Gespräch und setzte sich zu mir auf die Bettkante. Er wirkte völlig fehl am Platz und schien sich auch so zu fühlen. Aber offenbar hielt er dieses Vater-Tochter-Gespräch für so dringend nötig, dass ihn nach Feierabend sein erster Weg zu mir geführt hatte. »Was macht die Jobsuche? Hast du die Unterlagen für Cesena abgeschickt?«
    Ich sah ihn überrascht an. »Bist du sicher, dass du hergekommen bist, um dich mit mir über meine berufliche Zukunft zu unterhalten? Dir geht’s doch um was ganz anderes, stimmt’s?« Was sollte ich lange um den heißen Brei herumreden. Mir war lieber, er rückte gleich heraus mit der Sprache, dann war er umso schneller auch wieder weg. Nicht auszudenken, wenn Otto anrief, während mein Vater bei mir auf der Bettkante saß …
    Er fühlte sich sichtlich ertappt und wedelte abwehrend mit der rechten Hand. »Na ja, eigentlich bin ich hier, um mit dir über quel bavarese zu reden.«
    Eine kleine Zornesfalte bildete sich auf meiner Stirn. » Dieser Bayer hat zufällig einen Namen, den du noch zufälliger kennst.«
    Mein Vater ging nicht weiter auf die spitze Bemerkung ein, was nur

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