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Spaghetti in flagranti

Spaghetti in flagranti

Titel: Spaghetti in flagranti Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angela Troni
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für ein Pilz?«, fragte ich verwirrt. War er etwa gegen interkulturelle Intimitäten allergisch und hatte einen Ausschlag bekommen? Mit kritischem Blick suchte ich sein Gesicht ab, konnte jedoch nichts erkennen.
    »Na, ein Glückspilz.«
    »Bin ich dann eine Glückspilzin?«
    Otto lachte laut los. »Das Wort gibt es glaub ich nicht«, sagte er. »Aber wir Deutschen sind allgemein nicht so gut im Glücklichsein. Vielleicht hat es damit zu tun.«
    »Oje!« Ich tat erschreckt. »Du auch nicht?«
    »Ich schon. Du weißt doch: In manchen Dingen bin ich sehr italienisch …«, versicherte er mir.
    Jetzt musste ich schmunzeln. »Im Frauenverführen allerdings nicht«, stichelte ich. »Da ist eher bayerische Gemächlichkeit angesagt.« Ich nahm einen Schluck von Ottos inzwischen warmem Bier und verzog das Gesicht. Es schmeckte scheußlich.
    Er versetzte mir einen zärtlichen Nasenstüber. »Soll das etwa eine Beschwerde sein? Ich kann jederzeit bei deinem Onkel in die Lehre gehen, wenn dir das lieber ist.«
    »Bloß nicht!«, rief ich, und die Empörung in meiner Stimme war nicht mal gespielt. »Bleib einfach, wie du bist. Ich fühle mich ganz wohl mit dir. Ziemlich sehr wohl, um genau zu sein.« Damit lehnte ich mich zu ihm hinüber und gab ihm einen langen Kuss.
    Wenn ich ehrlich war, hatte ich noch nie im Leben so gut geküsst. Und mich auch noch nie mit einem Mann so gut gefühlt. Wobei ich zugeben musste, dass ich bisher kaum Erfahrung mit ernsthaften Beziehungen hatte oder mit etwas, das diese Bezeichnung auch nur annähernd verdiente. Ich schloss die Augen, lehnte mich an Ottos Schulter und wünschte, der Moment möge nie vorübergehen. Und falls doch, dann sollte wenigstens dieses wunderbar angenehme Gefühl in meiner Magengegend für immer bleiben.
    Mein Wunsch ging in Erfüllung, zumindest für die nächsten beiden Wochen. Otto und ich verbrachten jede freie Minute zusammen, wir fuhren gemeinsam nach San Marino und sahen uns die alte Festung an, gingen in Rimini ins Kino, machten endlos lange Strandspaziergänge und genossen die Zeit zu zweit, wann immer es möglich war – bei meiner Familie durchaus eine Herausforderung. Vale beschwerte sich schon, dass wir kaum noch etwas zusammen machten, weil ich ausschließlich Augen für meinen perfekten Superfreund hatte. Ehrlich gesagt war mir die Stimmung zwischen ihr und Giorgio einfach zu angespannt, weshalb ich sie tatsächlich fast jedes Mal vertröstete, wenn sie eine gemeinsame Unternehmung vorschlug.
    Während ich Vale ganz gut auf Abstand halten konnte, hatte ich gegen meine Familie nur selten eine Chance. Die Zwillinge klebten an Otto wie die Kletten, und auch mamma und nonna , die meinen Freund in die Geheimnisse der romagnolischen Küche einweihte, hatten einen Narren an ihm gefressen. »Einen Mann, der kochen kann«, schwärmte meine Großmutter mir mehr als einmal vor, »den musst du gut festhalten, Angelina.« Einzig babbo blieb nach wie vor auf Abstand, obwohl er zugeben musste, dass » quel bavarese « jede Menge von Autos verstand, und zwar nicht nur von bayerischen. Was für ein Zugeständnis aus dem Mund meines Vaters! Die beiden konnten stundenlang fachsimpeln, was mich sehr freute, zumal ich diese Seite an Otto bisher nicht gekannt hatte.
    Die Nachricht, dass ich einen Freund hatte, noch dazu einen deutschen, verbreitete sich in unserer Verwandtschaft wie ein Lauffeuer. Ich vermute mal, dass mamma daran nicht ganz unschuldig war, aber nachweisen konnte ich ihr selbstverständlich nichts, dazu war sie einfach zu geschickt. Dennoch war es extrem verdächtig, dass sich in den nächsten Tagen und Wochen die Besuche häuften und nicht nur alle unsere Nachbarn und mammas sowie nonnas Freundinnen, sondern auch meine diversen Onkel und Tanten auffällig zufällig vorbeischneiten. Komischerweise immer genau dann, wenn Otto bei uns zum Essen, zum aperitivo oder zu was auch immer eingeladen war. Selbst die weite Anreise wurde nicht gescheut, auch wenn sich manche von ihnen sonst höchst selten und ausschließlich zu besonderen Anlässen mehr als zwanzig Kilometer von ihrem Heimatort weg wagten.
    Offenbar war Otto ein solcher besonderer Anlass. Das ließ zumindest der Besuch von zia Giusi und zio Maurizio aus Cesena vermuten, die meinen armen Freund eines Freitagabends ganz genau unter die Lupe nahmen und ihn über seine Familie, sein Studium und seine beruflichen Ambitionen ausfragten. Immerhin waren sie von seinen guten Italienischkenntnissen sehr angetan,

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