Spaghetti in flagranti
Hoffnung«, meinte Otto. »Ich bleibe trotzdem bei meiner Wahl. Wir Deutschen brauchen manchmal etwas länger, bis wir uns entschieden haben, aber wenn, dann sind wir uns ganz sicher und bleiben dabei.« Er warf mir einen vielsagenden Blick zu und setzte hinzu: »Oftmals für immer.«
Sein Blick ging mir durch und durch. Dieser Mann ist das Beste, was mir je passiert ist, dachte ich. Wenn es nach mir ging, war »für immer« gebongt. Ich durfte die Chose bloß nicht vermasseln!
5.
Mein Vermassel-Gen machte mir in den nächsten Wochen dankenswerterweise erst mal keinen Strich durch die Rechnung. Zwar musste Otto noch so manchen unromantischen Spruch einstecken, aber zum einen hatte er in der Hinsicht ein dickes Fell, und zum anderen nahmen die unqualifizierten Bemerkungen ab, je mehr sich unsere Beziehung festigte. Sobald ich mich sicher und geborgen fühlte, wurde der Fluchtreflex automatisch schwächer und meine Neigung zu Übersprungshandlungen war quasi nicht mehr vorhanden.
Die Zeit verging wie im Flug, und als mamma mir eine Woche vor Ostern die Einladung für kommenden Donnerstag zu dem concorso für die Stelle in Cesena beim Mittagessen neben den Teller legte, war ich mir ganz sicher, dass sich mein Leben nun endlich zum Guten wendete. Mit Otto hatte das Glück Einzug in mein Dasein gehalten, und ich war fest entschlossen, es nicht mehr loszulassen. Einziger Wermutstropfen war, dass mit jedem neuen Tag auch Ottos Abreise unweigerlich näher rückte, und die brachte mein Glück in Gefahr.
Bisher hatten wir nicht ein einziges Mal darüber geredet, wie es mit uns weitergehen sollte. Otto war als typischer Mann ein wahrer Meister darin, unangenehme Dinge auszublenden, und Vale hatte mir eindringlich geraten, das Thema nicht als Erste anzusprechen. Ich hielt mich sklavisch daran, auch wenn ich mir schon mehrfach die Zunge abgebissen hatte, da diese schreckliche Ungewissheit mich innerlich förmlich zerriss.
»Lass es«, hatte sie mir neulich erst am Telefon eingeschärft, »wenn man Männer unter Druck setzt, ist alles vorbei. Dann tun sie entweder gar nichts oder das Gegenteil von dem, was man will.«
»Aber ich halte das nicht aus«, hatte ich gejammert. »Ich muss wissen, woran ich bin. Und die Zeit rennt mir davon.«
»Du musst Geduld haben«, sagte sie. »Otto ist total verliebt in dich, der wird sich schon was einfallen lassen.«
»Was, wenn er zurückgeht und das war’s dann? Ich sterbe, wenn ich diesen Mann nicht wiedersehe!« Meine Verzweiflung war nicht gespielt.
Von einer Sekunde auf die andere schlug Vales Stimmung um. »Angela, dieser Typ ist nicht der einzige Mann auf der Welt, jetzt zieh hier nicht so ’ne Show ab«, sagte sie hörbar genervt.
Ich war wie vor den Kopf gestoßen. Wie oft hatte ich sie in letzter Zeit wegen Giorgio getröstet und ihr Ratschläge erteilt. Immer war ich für sie da, na ja, fast immer, und wenn ich einmal Zuspruch brauchte, tat sie, als wäre das die größte Zumutung unter der Sonne.
»Das sagt die Richtige«, rief ich, ohne darüber nachzudenken, was ich da sagte. »Wer heult mir denn ständig die Ohren voll, dass sie ohne ihren Giorgio nicht leben kann? Dabei veräppelt der Typ dich doch eh bloß, und du willst es nur nicht wahrhaben.« So, nun war es heraus.
Das Gespräch war nach diesem Ehrlichkeitsausbruch von meiner Seite recht schnell beendet, worüber ich nicht weiter traurig war.
Die Funkstille, die daraufhin zwischen meiner besten Freundin und mir herrschte, behagte mir dagegen gar nicht. Aber den ersten Schritt zu tun und mich bei ihr zu entschuldigen, dazu war ich dann doch zu stolz. Außerdem verbrachte ich weiterhin so viel Zeit wie nur möglich mit Otto und war völlig gefangen in meinem Glück. Da schob ich die anstehende Aussprache mit Vale erst einmal auf die lange Bank.
Mit Otto stand ebenfalls eine Aussprache an, um die ich allmählich nicht mehr herumkam. Eine weitere Woche war vergangen, und er hatte sich noch immer nicht geäußert, ob und wie es mit uns weitergehen sollte. Wir hatten uns nur wenig gesehen, da er mit seinem Kurs, der sich dem Ende zuneigte, voll ausgelastet war. Was nichts an der Tatsache änderte, dass ich wissen wollte, wissen musste , woran ich war. Am Sonntag vor Ostern, als wir nach dem Mittagessen im ausnahmsweise mal kleinen Familienkreis in meinem Zimmer saßen, wagte ich dann doch einen ersten zarten Vorstoß.
»Wie sind denn eigentlich deine Pläne, wenn der Sprachkurs zu Ende ist?«, fragte ich, und das
Weitere Kostenlose Bücher