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Spaghetti in flagranti

Spaghetti in flagranti

Titel: Spaghetti in flagranti Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angela Troni
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bessere Tage gesehen, waren zum Teil zerkratzt oder mit Paketband geflickt, wie der Couchtisch, dessen Glasplatte gesprungen war, oder der Plastikkleiderschrank, der seitlich einen Riss hatte. Babbo hatte mehrfach versucht, sie zum Kauf neuer Möbel zu überreden, und ihr sogar in Aussicht gestellt, die Kosten zu übernehmen, aber meine Großmutter wollte nicht. Und wenn meine nonna etwas nicht wollte, dann biss man auf Granit.
    Auf dem Esstisch vor der Küchenzeile mit dem Gasherd und ein paar Schränken stand immer ein Strauß frischer Rosen, die einen intensiven Duft verströmten. An der Wand über dem Klappsofa hingen mehrere Schwarzweißaufnahmen in unterschiedlich großen Rahmen aus Messing und Bronze, die so angeordnet waren, dass sie ein Oval ergaben. Als Kind hatte ich unzählige Male davorgestanden und mir von meiner Oma erzählen lassen, wer alles auf den Bildern zu sehen war.
    Während meine nonna die Eier und das Mehl verknetete und den fertigen Teig immer wieder ausrollte, bis er ihr dünn und gleichmäßig genug war, machte Otto sich an die Füllung für die Tortellini. Stumm arbeiteten die beiden vor sich hin, und so konnte ich meinen Freund in aller Ruhe betrachten und verliebt vor mich hin schwelgen. Seine Armmuskeln spannten sich unter dem Langarmshirt, als er die Zutaten vermengte, und ich hätte ihm den ganzen Abend dabei zusehen können. Dann zeigte meine Großmutter Otto, wie er die Füllung auf den Teigquadraten verteilen und die Enden mit einer geschickten Drehung übereinander legen musste.
    Otto konzentrierte sich so sehr, dass er unbemerkt die Zungenspitze ein winziges Stückchen herausstreckte, was ich total süß fand. Ich war noch ganz hin und weg, als nonna schallend loslachte und mich aus meinen Gedanken riss.
    »Sieh dir das mal an, Angela«, rief sie und hielt zwei Tortellini in die Höhe, die man nicht wirklich als solche bezeichnen konnte.
    Die seltsamen Teigfladen sahen eher aus wie Vulkankrater, und zwar nach einer Eruption, denn die Lava in Form der Fleischfüllung klebte einfach überall, nur nicht dort, wo sie hingehörte.
    Otto zuckte beschämt die Achseln und sagte nur leise: » Scusi .«
    »Du musst dich doch nicht entschuldigen. Wir haben alle mal so angefangen. Glaub mal nicht, dass ich das auf Anhieb hinbekommen habe«, versuchte ich ihn zu trösten.
    Meine Großmutter indessen goss weiter Öl ins Feuer. »Wenn das die arme Venus sehen könnte. Ihr wunderschöner Bauchnabel hat mit diesen Dingern hier nun wahrlich nichts zu tun.« Sie zwinkerte mir verschwörerisch zu.
    Ich wusste genau, warum. Damit hatte sie mal wieder eine perfekte Überleitung zu ihrem absoluten Lieblingsthema geschaffen. Und ihre Rechnung ging wie fast immer auf.
    »Wieso Venus? Und was für ein Bauchnabel«, fragte Otto prompt.
    Bingo! Wieder ein Zwinkern – und meine nonna war in ihrem Element. Sie ließ den Teig Teig sein und setzte an, die Legende der Tortellini zu erzählen, die ich in meiner Kindheit wie so viele andere wunderbare Geschichten nicht oft genug hatte hören können. Meine Schwestern und ich hatten unzählige Stunden hier oben verbracht, mit nonna aufs Sofa gekuschelt, wo sie uns dann mit Begeisterung die alten Legenden nahegebracht hatte. Jene über die Entstehung der Tortellini mochte ich am liebsten, und so lauschte ich auch diesmal wieder gebannt der Stimme meiner Großmutter, obwohl ich nahezu jedes Wort hätte mitsprechen können.
    »Vor vielen, vielen Jahren«, begann sie, und ihre Stimme wurde ganz warm und weich, »da war die Venus in der Emilia Romagna unterwegs und übernachtete in einem kleinen Wirtshaus in Bologna. Vermutlich wollte sie sich dort mit Jupiter treffen, das weiß man leider nicht so genau.«
    Otto schien ihr gut folgen zu können, denn er nickte und wollte sichtlich mehr hören.
    »Jedenfalls war der Koch von der schönen Göttin so begeistert, dass er ihr nachspionierte, als sie sich am Abend in ihr Zimmer zurückzog. Während sie sich für die Nacht zurechtmachte und ihre Kleider ablegte, spähte der neugierige Koch durchs Schlüsselloch und erhaschte so einen Blick auf ihren Bauchnabel. Der war so schön, dass er sich dem Mann ins Gedächtnis einbrannte. Als er am nächsten Morgen wieder in der Küche stand, formte er den Nudelteig so lange, bis er aussah wie der wunderschöne Bauchnabel der Göttin Venus.«
    Otto staunte nicht schlecht. »Und diesem verliebten Koch verdanken wir die Tortellini? Das ist ja unglaublich.«
    »Ganz genau«, sagte ich,

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