Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Spaghetti in flagranti

Spaghetti in flagranti

Titel: Spaghetti in flagranti Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angela Troni
Vom Netzwerk:
paradiesisch an.
    Wieder zu Hause, war es binnen Sekunden vorbei mit Ruhe und Frieden, vom Paradies keine Spur mehr.
    Mamma wartete bereits an der Tür, sie hatte uns aufs Haus zulaufen sehen. » Nonna ist im Krankenhaus«, begrüßte sie uns und musterte Otto zu meiner Verwunderung alles andere als wohlwollend.
    Die Muskeln in meiner Brust zogen sich augenblicklich zusammen. »Was ist mit ihr?«, fragte ich.
    »Vermutlich eine Salmonellenvergiftung.« Wieder ein finsterer Seitenblick auf meinen Freund, der von einer Sekunde zur nächsten blass wie ein Leintuch war. »Sie hat viel Flüssigkeit verloren, deshalb wollten die Ärzte sie lieber dabehalten. Sie hat mehrere Infusionen bekommen.«
    »Oje«, flüsterte Otto kaum hörbar und senkte den Kopf. »Das Tiramisu.«
    »Ganz genau. Dein Tiramisu«, giftete mamma ihn an.
    »Quatsch!«, widersprach ich sofort. »Das kann gar nicht sein. Wir haben die Eier zusammen gekauft. Die waren ganz frisch.«
    Otto hatte meine Großmutter gestern Abend mit einem selbstgemachten Mini-Tiramisu überrascht. Die beiden hatten sich bei einer ihrer gemeinsamen Koch-Sessions darüber ausgetauscht, welche Variante nun die beste sei. Er wollte nonna unbedingt von seinem Rezept überzeugen, das ihr viel zu modern war, und hatte daher eine kleine Portion nur für sie zusammengerührt.
    »Wie kann das sein?«, hakte ich an mamma gewandt nach. »Heute Morgen ging es ihr doch noch gut.«
    Sie gestikulierte wild vor meiner Nase herum. »Von wegen. Sie hatte in der Nacht schon Bauchkrämpfe und musste sich übergeben. Wieso hast du denn nichts davon mitbekommen? Ihr schlaft doch in einem Raum?«
    »Aber …«
    Energisch winkte sie ab. »Jaja, neben dir könnte eine Bombe explodieren, ohne dass du aufwachst. Natürlich hat sie mal wieder keinen Ton gesagt, wie immer. Im Laufe des Tages wurde es wohl schlimmer, und als ich mir gegen Mittag zwei Batterien für unsere Fernbedienung von ihr borgen wollte, lag sie auf dem Sofa und war kaum noch ansprechbar. Sie hatte sich so oft erbrochen, dass ihr Kreislauf schlappgemacht hat. Zum Glück bin ich zu ihr hoch. Wer weiß, was sonst passiert wäre …« Ihre Stimme klang erstickt, und sofort traten ihr Tränen in die Augen.
    »Das ist ja schrecklich!« Mein Freund war völlig aufgelöst.
    »Wo ist sie?«, fragte ich. »Im Ospedale Ceccarini? Komm, Otto, wir fahren in die Klinik.«
    »Nicht nötig.« Der Tonfall meiner Mutter war so scharf, dass ich zusammenzuckte. »Dein Vater und deine Schwestern sind jetzt bei ihr. Ich bin nur kurz nach Hause gekommen, um noch ein paar Sachen für sie zusammenzupacken, und fahre gleich wieder hin. Ich werde heute im Krankenhaus übernachten. Otto will ich ehrlich gesagt erst mal nicht in ihrer Nähe sehen.«
    Das saß.
    »Du kannst ihm doch nicht die Schuld dafür geben«, brauste ich auf. »Das ist total unfair!«
    »Angela, lass gut sein.« Otto hatte die Schuld offenbar längst auf sich geladen.
    »Nein!« Meine Wut richtete sich nun gegen ihn. »Lass dir doch nicht immer alles gefallen, sondern wehr dich. Willst du dir etwa nachsagen lassen, du wolltest meine nonna ins Grab bringen?«
    Wir standen noch immer in der Tür, als meine Mutter uns unsanft zur Seite stieß, um nach oben zu gehen. So wütend hatte ich sie schon lange nicht mehr gesehen. Ich wollte ihr erst hinterherstürmen, doch Otto hielt mich am Ärmel fest und zog mich in die Diele.
    »Rumschreien bringt jetzt gar nichts«, sagte er, nachdem er die Tür zugezogen hatte. »Lass sie in Ruhe, sie macht sich doch nur Sorgen um ihre Mutter.«
    »Du machst mir auch Sorgen.« Ich tippte ihm mit dem Zeigefinger gegen die Brust. »Wie kann ein einzelner Mensch nur so besonnen und vernünftig sein? Hast du denn gar kein Temperament?« Ich seufzte. »Du bist nicht schuld!«
    Er verzog die Lippen. »Das ist halt mein bayerisches Gemüt«, sagte er nur.
    Mit seiner Gemütsruhe und vielen besonnenen Worten brachte er mich bei einem caffè corretto , den ich uns auf den Schrecken hin gekocht hatte, tatsächlich davon ab, meine Oma heute noch besuchen zu wollen. Ich hatte vorsorglich die doppelte Menge Grappa in den Kaffee getan, und nach der zweiten Tasse war ich allmählich bereit einzulenken. Letztlich hatte Otto recht: Wenn nonna so sehr geschwächt war, ließ ich sie für heute besser in Ruhe und fuhr stattdessen gleich morgen früh hin. Mamma brauchte dann ohnehin eine Ablösung, und da mein Vater arbeiten musste und die Zwillinge in die Schule gingen, würde

Weitere Kostenlose Bücher