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Spaghetti in flagranti

Spaghetti in flagranti

Titel: Spaghetti in flagranti Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angela Troni
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sehr großzügig gezeigt, indem er mich fein zum Essen ausführte etwa oder den Eintritt bezahlte, wenn wir ins Kino oder tanzen gingen. All das tat Otto nicht, und hätte ich nicht ein Jahr lang den Umgang mit deutschen Männern üben dürfen, ich wäre sicher nicht so gelassen damit umgegangen. Schließlich erwarten wir Italienerinnen von unseren Partnern, dass sie uns rund um die Uhr auf Händen tragen. Zumindest in der Phase der ersten Verliebtheit – und in der befanden wir uns derzeit eindeutig.
    Doch was bedeuten diese Geschenke und Komplimente schon? Am Beispiel von Giorgio und Vale durfte ich hautnah miterleben, wie wenig das Gesäusel wert war, sobald es schwierig wurde. Wir Italiener mögen es gerne geschmeidig. Schwierigkeiten, seien sie nun privater oder beruflicher Natur, gehen wir grundsätzlich aus dem Weg. Falls das ausnahmsweise mal nicht möglich ist, dann ignorieren wir sie eben und versuchen aus der Situation das Beste für uns herauszuholen. Wenn es mit dem eigenen Partner nicht mehr flutscht, begibt sich so mancher auf Abwege, damit das Herz wieder mit Liebe erfüllt ist. Der Weg des geringsten Widerstands ist immer noch besser, als an einer Beziehung zu arbeiten. Die Wörter »Arbeit« und »Beziehung« gehören für einen waschechten südländischen Latin Lover nun wahrlich nicht zusammen. Vermutlich kann er sie nicht mal buchstabieren. Liebe soll schließlich Spaß machen. Einen anderen Zweck hat sie nicht.
    Mit Otto dagegen fühlte ich mich auf eine Weise emotional verbunden, die ich so nicht kannte und die mich ganz tief berührte. Klar, ich hätte gewiss nichts dagegen, wenn auch er mich groß ausführen und jedes Mal die Spendierhosen anziehen würde, sobald er mit mir unterwegs war – da konnte ich einfach nicht ganz aus meiner Haut –, aber komischerweise war es mir nicht mehr so wichtig wie früher. Otto war mir so nah, dass mir manchmal angst und bange wurde, und in seinen muskulösen Armen fühlte ich mich so geborgen wie noch nie zuvor. Einfach nur … fantastico !
    »Am Meer zu leben ist wirklich ein Traum«, sagte Otto und ließ die rechte Hand ins Wasser baumeln. Er zog sie blitzschnell zurück und spritzte mich nass. »Weißt du das überhaupt zu schätzen, du verwöhnte Prinzessin?«
    »Na, hör mal! Was glaubst du, wie sehr ich diesen Geruch in München vermisst habe. Da konntet ihr mir noch so sehr von euren tollen bayerischen Seen und den Bergen vorschwärmen, die kommen da nicht mit. Das Meer ist nun mal einzigartig.«
    »Stimmt.« Versonnen schloss er die Augen, ehe er weiterredete. »Ich hätte ehrlich gesagt nie gedacht, dass es hier so schön ist.«
    »Ja klar, außer in deinem Bayern ist es bekanntlich nirgendwo schön!«, foppte ich ihn. »Schließlich ist es der Nabel der Welt.«
    Bei der Erinnerung an unser Gespräch vor etwas mehr als einem Dreivierteljahr am Küchentisch bei ihm in der WG musste ich grinsen. Damals hatte er mich in eine mittelschwere Krise gestürzt, als er mir detailliert auseinandersetzte, dass er sich niemals vorstellen könne, außerhalb von seinem geliebten Freistaat zu leben. Und nun wollte er gleich für ganze sechs Monate hierbleiben. Wie angenehm, dass es Menschen gab, die ihre Ansichten auch mal hinterfragten. Sogar bayerische Sturschädel.
    »Habe ich das jemals behauptet?«, fragte er und blinzelte in die Sonne.
    »Ich glaube schon.«
    »Kann gar nicht …«
    Vorsichtshalber verschloss ich ihm den Mund mit einem langen Kuss, denn für Rechthabereien war mir der Moment schlicht zu schade.
    »Ihr Italiener versteht es echt, aus dem Leben das Beste rauszuholen«, sagte er, nachdem ich ihn wieder freigegeben hatte.
    »Gut, dass du das erkannt hast. Habe ich richtig verstanden, dass Signor Otto Gruber hiermit offiziell und unter Zeugen bekannt hat, dass es tatsächlich außerhalb seiner geschätzten Heimat einen Ort auf dieser Welt gibt, an dem man es aushalten kann?«
    »Sì« , antwortete er nur und strahlte dabei übers ganze Gesicht.
    Damit war alles gesagt.
    Wir verbrachten fast drei Stunden auf dem Meer und ruderten immer wieder ein Stück hinaus, um uns danach zurück Richtung Ufer treiben zu lassen und das Glitzern der Sonnenstrahlen auf dem dunkelblau bis blaugrün schillernden Wasser zu genießen. Wir waren weit genug weg von den vielen Spaziergängern und ersten Sonnenanbetern am Strand, um uns unbeobachtet und frei zu fühlen. Babbos kritischem Blick für ein paar Stunden entrinnen zu können fühlte sich geradezu

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